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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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er Tuwin den Schmied, der dabei war, das Zaumzeug seines Pferdes zu überprüfen. »Wir werden bald aufbrechen, denke ich«, erklärte er, obwohl Awin nicht gefragt hatte.

    Awin blickte zum Himmel. Er war immer noch rötlich grau. »Wie spät ist es eigentlich, Meister Tuwin?«
    Tuwin grinste plötzlich breit. »Der Himmel ist seltsam, nicht wahr? Die Sonne ist vor über zwei Stunden aufgegangen, Meister Awin.«
    »Vor zwei Stunden schon?«, fragte Awin ungläubig. Er hatte die Rabenbeere um Mitternacht genommen. Wie lange hatte seine Reise gedauert? Sicher keinesfalls länger als eine halbe Stunde. Es konnte doch nicht schon so spät sein! Erst dann ging ihm auf, dass Tuwin ihn Meister genannt hatte. Er glotzte ihn an.
    Tuwins Grinsen wurde eine Spur breiter. »Mein alter Freund Curru wird sich noch ein wenig querstellen, aber das solltest du nicht so ernst nehmen, Awin.« Dann erlosch das Grinsen jedoch, und der Schmied fuhr leise fort: »Er kann es nicht verhindern, nicht nach dem, was du gesehen hast. Ebu und Ech - glaubst du, sie sind tot?«
    »Das habe ich nicht gesagt, Meister Tuwin.« Die Erinnerung an dieses Bild war schmerzhaft. Awin versuchte, das Thema zu wechseln. »Sag, Meister Tuwin, die Akkesch, sie haben doch gesagt, wir sollten bei Sonnenaufgang verschwunden sein …«
    »Ich glaube, ich habe damals auch Zeit gebraucht, bis ich es mir abgewöhnt hatte, die älteren Krieger Meister zu nennen«, erwiderte Tuwin lächelnd, »aber du hast Recht. Bei Sonnenaufgang erschien eine Abordnung aus der Stadt. Ein Verwalter, begleitet von vier Kriegern. Er bibberte vor Angst und fragte, warum wir die angebotene Sühne nicht vom Schiff geholt hätten. Und als der Yaman erklärte, dass noch nicht entschieden sei, ob wir sie wirklich annehmen, forderte er uns tatsächlich sehr höflich auf, zu verschwinden. Dabei habe ich deutlich seine Zähne klappern hören.«
    Awin wusste, dass Tuwin manchmal zu Übertreibungen neigte. »Was hat der Yaman geantwortet?«

    »Oh, er war freundlich, hat dem Boten nur gesagt, dass wir noch etwas Zeit brauchen, einen halben Tag oder auch ein oder zwei.«
    »Und die Akkesch haben sich damit zufriedengegeben?«, fragte Awin erstaunt.
    »Ja, ein seltsames Volk, nicht wahr? Ich bin sicher, sie haben hunderte Krieger hinter diesen Mauern, aber der Verwalter gab uns nun Zeit bis zum Mittag. Er meinte, diese Großzügigkeit hätten wir dem Raik zu verdanken, denn der würde in der Frühe beigesetzt und kein Streit solle seine Reise nach Ud-Sror stören.«
    »Wirklich ein eigenartiges Volk«, meinte Awin. »Mabak hat mir erzählt, dass in der Nacht gekämpft wurde.«
    »Ja, offenbar stört so ein kleiner Kampf in den Tempeln den verblichenen Raik weniger als ein Streit mit einer Handvoll Hakul vor der Mauer.« Der Schmied zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: »Es sind eben Akkesch.«
    »Ich nehme an, sie haben nicht verraten, worum es bei diesem Kampf ging, oder?«
    »Sie haben ihn nicht einmal erwähnt, und als Mewe sie einfach danach fragte, taten sie erstaunt und behaupteten, das habe zu den Darbietungen des Festes gehört. Als könnten wir den Klang von Gesang und Tanz nicht vom Klirren der Schwerter unterscheiden«, meinte der Schmied grinsend. Er gähnte. »Die halbe Nacht hat uns das wach gehalten. Und heute Morgen sind sie vor Sonnenaufgang mit Hörnerklang aus der Stadt gezogen.«
    »Sie beerdigen den Raik nicht bei den Tempeln?«, fragte Awin erstaunt.
    »Aber nein! Siehst du diesen ausgetrockneten Bachlauf, der zwischen Stadt und Tempelberg verschwindet? Bale sagt, er käme aus einem Tal, in dem alle ihre Toten ruhten. Es liegt
wohl auf der anderen Seite der Stadt, deshalb kannst du es nicht sehen. Aber du hättest sie hören können, heute Morgen. Gerade, als der Bote gegangen war, zogen sie aus. Und wenn ich mich nicht sehr täusche, wanderten sie aus der Stadt hinaus zwischen diese steilen Hügel dort. Sie müssen in dem Tal verschwunden sein, das Bale meinte.«
    Awin starrte hinüber zur Stadt. Es war sinnlos, noch hierzubleiben. Der Feind war nicht mehr in Serkesch. Das hatte er gesehen. »Warum sind wir noch hier, Meister Tuwin?«, fragte er.
    Der Schmied sah ihn überrascht an: »Hätten wir etwa ohne dich aufbrechen sollen? Wenigstens begraben hätten wir dich, auch wenn es uns allen lieber ist, dass du nun doch nicht tot bist.« Tuwin grinste schief. »Du hast uns eine Menge Arbeit erspart, und dafür bin ich dir wirklich dankbar. Und jetzt - nun, wir warten auf

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