Der Sohn des Sehers 01 - Nomade
Böen von hier und dort gekommen, hatte den Staub über das karge Land geblasen, ohne stärker, aber auch ohne müde zu werden. Die Hakul hatten sich gestritten, ob der namenlose Wind nun eher ein Verwandter von Isparra, der Zerstörerin, oder von Seweti, der Tänzerin, war. Und nun war es doch Nyet, der Angreifer, der sich in der Slahan erhob und über den Glutrücken heranstürmte. Es war Glück im Unglück für den Sger, dass er aus dieser Richtung kam, denn die roten Berge hielten viel von dem Sand ab, den Nyet mitzubringen pflegte. Sie blieben möglichst dicht unter den Felsen, so dass die Hauptgewalt des Sturmes über sie hinwegzog, dennoch mussten sie absitzen und ihre Pferde am Zügel führen, denn sie waren unwillig, sich dem Sturm auszusetzen.
»Warum warten wir nicht, bis Nyet sich beruhigt hat?«, rief Skyt, der Fuchs-Krieger, Awin zu.
Awin schüttelte den Kopf. »Wer weiß, wann das sein wird? Dieser Sturm fühlt sich nicht an, als ob er schnell müde würde.«
»Aber es ist doch Nyet, und der wütet nie lange«, rief Skyt gegen den Wind.
Awin spuckte Sand aus. »Es mag Nyet sein, doch er benimmt sich eigenartig. Ich glaube, er hat Streit mit seiner Schwester Isparra. Sie ringen miteinander. Es kann lange dauern, bis sie diesen Kampf beenden. Und ich bin froh um jeden Schritt, den wir zwischen uns und Serkesch bringen.«
Awin ließ sich etwas zurückfallen, um mit Mewe zu sprechen, der wieder die Schar der Jungkrieger anführte. Sie war klein geworden. Marwi war tot, Mabak fort. Awin kannte nur noch Tauru, den Bognersohn. Mit den drei Jungkriegern aus dem Fuchs-Klan hatte er nicht mehr als einige wenige Worte gewechselt. Er kannte gerade einmal ihre Namen.
»Glaubst du, wir werden verfolgt, Meister Mewe?«, rief er, als der Jäger zu ihm aufschloss.
»Warum sollten sie? Außerdem würde der Sturm sie ebenso aufhalten wie uns«, meinte Mewe, »und sie haben keine Reiter. Wir sind zwar langsam, aber ihre Speerträger mit den schweren Schilden und Rüstungen wären doch noch viel langsamer. Mach dir also keine Sorgen, Awin.«
Aber Awin machte sich Sorgen. Mewe hatte nicht Unrecht, eigentlich hatten die Akkesch keinen Grund, sie zu verfolgen. Aber er traute diesem Malk und seinem Priester nicht. Dann wurde Nyet noch stärker, und er zeigte eine Ausdauer, die die Hakul von ihm nicht kannten.
»Man könnte meinen, die Slahan hätte etwas gegen uns«, brummte Skyt, als gegen Mittag immer noch kein Nachlassen zu bemerken war. Das ganze weite Land schien nur noch aus rotem Staub zu bestehen, der in den Augen brannte und das Atmen schwer machte. Schließlich befahl Yaman Aryak doch
einen Halt. Sie suchten sich eine halbwegs windgeschützte Stelle unter einem Felsen, drängten sich zusammen, deckten sich und die Köpfe ihrer Pferde mit ihren Umhängen zu und warteten. Curru brachte ein Wasseropfer, um die Slahan und ihre Winde zu beruhigen, aber Nyet hatte kein Einsehen und stürmte weiter unermüdlich über das Land. Sie konnten nicht einmal Feuer machen. Awin würgte etwas Trockenfleisch herunter. Es schien zur Hälfte aus Sand zu bestehen.
Sie warteten, vielleicht zwei Stunden, ohne dass der Sturm nachließ. Schließlich gab der Yaman das Zeichen, wieder aufzubrechen. Sie konnten nicht ewig dortbleiben, spätestens am Abend würden die Pferde Wasser brauchen. Also quälten sie sich dicht unter den Felsen weiter voran. Awin fragte sich, ob sie die gesuchte Wasserstelle nicht verfehlen würden. Die Sicht war schlecht, vor lauter Staub konnten sie schon in fünfzig Schritten nichts mehr erkennen, und sie waren weit abseits der Straße. Aber da hatte er Mewe unterschätzt. Gegen Abend ließ der Jäger den Sger halten, verschwand im Staub und kehrte bald darauf zurück. Er hatte die kleine Siedlung gefunden. Also zog der Sger hinaus ins offene Land, und Nyet schien nur auf sie gewartet zu haben. Mit unbändiger Kraft fiel er über sie her und machte jeden Schritt und jeden Atemzug zur Qual. Es zeigte sich, dass es eine Sache war, diesen Ort zu finden, eine andere, Wasser zu bekommen. Schon auf dem Hinweg waren die Bewohner dieses Ortes abweisend gewesen. Nun riefen die Hakul nach ihnen, aber sie zeigten sich nicht. Tuwin donnerte gegen das Tor, ohne dass sich etwas tat. Der Yaman schien unschlüssig, aber Harbod schrie gegen den Wind: »Wir brauchen das Wasser, Yaman Aryak. Wenn sie uns nicht öffnen, müssen wir es eben selbst tun.«
Aryak nickte. Die Akkesch verstanden, sich vor Überfällen zu
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