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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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über den Rücken.
    »Awin, mein Junge, bist du das?«, rief Curru jetzt. »Was willst du denn hier?«
    »Was … was ist das, Meister Curru?«, rief Awin, der seinen Blick nicht von der grauenvollen Mauer abwenden konnte.
    »Wie? Bist du blind? Das ist Etys’ Schatz. Ich habe Etys’ Schatz gefunden!«
    Awin zögerte. Die gewölbte Kuppel über ihm leuchtete in fahlem Gelb, und die weiße Wand warf das Licht zurück in die Mitte der Kammer, genau auf Curru, der die silberne Axt in der Hand hielt. »Wo ist Eri, Meister Curru?«, fragte Awin.
    Der Alte zuckte unwillig mit den Schultern und rief: »Ich weiß es nicht. Er lief einen Gang entlang, weil er glaubte, diese Frau wieder gesehen zu haben. Als ich ihm folgen wollte, war er verschwunden und der Gang ebenso.«
    Erst jetzt entdeckte Awin den Körper eines Jungen, der halb vom Sand bedeckt unweit des Pferdes lag. Es war nicht Eri. Und
es war auch nicht der schwarzgelockte Junge von der Löwenquelle. Dann erkannte Awin ihn wieder. Er hatte ihn in seinen Träumen gesehen.
    »Du weißt, wo wir sind?«, fragte Merege leise.
    »Uos Mund«, antwortete Awin flüsternd.
    »Was ist, wollt ihr mir nicht helfen?«, rief Curru.
    Awin riss sich zusammen. Das waren einfach nur Knochen an den Wänden, mehr nicht. Und Curru hatte offensichtlich den Gehilfen ihres Feindes gefunden, tot wie sein Reittier. Der Sack, dessen Inhalt der alte Seher so achtlos herausschleuderte, der enthielt die geraubten Schätze aus Etys’ Grab. Jetzt erfasste Awin die volle Bedeutung dieses Fundes. »Der Heolin! Hast du den Heolin?«
    Curru antwortete nicht, sondern riss jetzt den großen Sack ganz aus dem Sand, hob ihn hoch und schüttete den Inhalt über den Boden. Bronzeschalen, silberne Armreife, Speerspitzen, Schmuckspangen, Messer, Dolche - alles fiel unter ohrenbetäubendem Lärm auf den steinernen Boden. Ein kleiner Holzkasten zersprang, und ein Regen von Bernsteinen verteilte sich über den sandigen Stein.
    »Siehst du ihn?«, rief Curru bitter. »Siehst du den Lichtstein, Kawets Sohn? Ich sehe ihn nicht!«
    Awin und Merege näherten sich vorsichtig dem Sandhügel. Ein silberner Armreif rollte über den Boden und blieb mit klingelndem Laut vor Mereges Füßen liegen. Sie schritt vorsichtig darüber hinweg.
    Curru setzte sich in den Sand. Er zog die Axt mit dem versilberten Kopf an sich. »Wenigstens habe ich eine Waffe gefunden, die etwas taugt, wenigstens das.«
    Awin ließ den Blick über das Durcheinander schweifen. Da war nichts, was nach einem Lichtstein aussah. Ihm sank der Mut. Sollte Curru also wirklich Recht behalten? Hatte ihr Feind
den Lichtstein an sich genommen so wie die Dolche von Elwah und seinen Söhnen?
    Merege kniete sich neben das tote Pferd und streichelte seinen Hals. »Sag, Awin, wann ist dieses arme Tier im Sand versunken?«
    Awin runzelte die Stirn. War das wirklich wichtig? Er zuckte mit den Schultern und rechnete grob nach, wann der Fremde hier vorübergekommen sein musste. »Vor sechs oder sieben Tagen vielleicht.«
    Jetzt ging Merege hinüber zu dem Jungen. »So ist auch dieser Reiter zur selben Zeit gestorben?«
    Awin folgte ihr. »So habe ich es gesehen«, bestätigte er. Der Knabe war kräftig, beinahe grobschlächtig für sein Alter. Ihm stockte der Atem. »Das kann nicht sein«, sagte er dann langsam.
    Plötzlich war Curru bei ihnen. »Was kann nicht sein, junger Freund? Dass er den Lichtstein nicht hat, den du und deine Freundin hier vermuteten? Aber so ist es wohl, er hat ihn nicht. Sein Meister, der Verfluchte, er hat ihn, wie ich es gesagt habe!«
    »Das meinte er nicht, alter Mann«, sagte Merege kühl.
    »Dieser Junge, sieh ihn dir doch an, Meister Curru. Er sieht aus, als sei er gerade erst gestorben. Ja, man könnte meinen, er sei eben hier niedergesunken und nicht vor einer Woche. Sieh, seine Wangen sind noch rot, beinahe so, als schliefe er nur.«
    Curru starrte finster auf den Leichnam. »Er ist unzweifelhaft tot. Und der Heolin ist ebenso unzweifelhaft nicht hier.«
    Awin bückte sich und tastete den Jungen ab. Er trug einen Gurt mit allerlei Taschen, die Awin ausleerte. Feuerstein, Messer, ein paar Münzen, Lederschnüre, alles Dinge, die ein Reisender eben so mit sich führt, aber nichts, was auch nur im Entferntesten nach dem Lichtstein aussah.
    »Er ist nicht hier, sieh es ein. Jetzt sollten wir sehen, dass wir hier wieder herauskommen«, rief Curru ungeduldig.

    »Vielleicht sollten wir auch sehen, dass wir Eri wiederfinden, Curru«,

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