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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Freund?«, wollte Aryak wissen.

    Curru schüttelte den Kopf. Seine Miene war äußerlich unbewegt. Awin fragte sich, ob er bereit war, zuzugeben, dass er mit seiner Vorhersage falschgelegen hatte.
    »Ich habe größte Achtung vor jenen, die die Fäden der Schicksalsweberin erkennen«, erklärte die Bucklige freundlich. Eigentlich, so dachte Awin, war es nicht zutreffend, sie bucklig zu nennen. Das Alter hatte sie gebeugt. Ob sie einst ähnlich groß gewesen war wie ihre Ahntochter? Awin schaute wieder zu Merege. Sein Blick begegnete dem ihren. Schnell wandte er sich ab. Sie hatte da etwas auf der Wange, eine schwarze Linie, die sich, einer stark gekrümmten Sichel ähnlich, über das Jochbein bis knapp über die Augenbraue zog. Awin wusste, dass sich die Farwier aus dem Waldland mit Zauberzeichen auf der Haut zu schützen pflegten, und er fragte sich, ob die Kariwa das auch taten.
    »Es gibt da doch etwas - ein Zeichen, doch habe ich ihm bislang keine Beachtung geschenkt«, erklärte Curru jetzt langsam. Etwas in seiner Stimme ließ Awin aufhorchen.
    »Ich hatte einen Traum, schon in der Nacht vor der Untat, und der hat mir etwas gezeigt. Ich dachte, es sei nur eine Erinnerung an alte Tage, wie es oft vorkommt, doch jetzt glaube ich, dass es eine starke Botschaft der Weberin war. Ich fürchte, ich werde alt und vermag die Zeichen nicht mehr zu unterscheiden. Gäbe es einen Besseren, würde ich mein Amt sofort niederlegen, Aryak, glaube mir.«
    »Dein Rat hat uns schon oft geholfen, alter Freund, und ich bin sicher, er wird es auch heute tun. Was war das für ein Bild?«
    »Lass uns nicht hier darüber sprechen, nicht vor Fremden, Aryak, denn wir wissen nicht, ob sie nicht doch mit dem Feind in Verbindung stehen.«
    Zu Awins Enttäuschung zog Curru den Yaman vom Ufer fort, und er konnte nicht hören, was der Seher geträumt hatte.
Eigentlich hatte er ja das Recht, zuzuhören, wenn sein Meister sprach, aber nach dem, was der Yaman in der vorigen Nacht über das Lauschen gesagt hatte, hielt er es für besser, sich etwas zurückzuhalten. Was für ein Traum mochte das gewesen sein? Gedankenverloren streichelte er den Hals seines Falben.
    »Pass auf, dass dein Pferd nicht ertrinkt, junger Hakul«, sagte die Bucklige plötzlich zu ihm.
    Awin zuckte zusammen. Er hatte gar nicht bemerkt, wie sie näher gekommen war. Er starrte sie an. Aus der Nähe waren ihre beinahe weißen Augen noch eindrucksvoller. Awin stotterte etwas davon, dass er schon Acht geben werde.
    Die Alte unterbrach ihn grinsend. »Ich bin sicher, dass du das tust, junger Hakul. Deine Augen sind überall, das habe ich schon bemerkt. Sei doch so gut und fülle einer alten Frau diesen Eimer mit Wasser. Willst du das für mich tun?«
    Awin nahm ihr stumm den Ledereimer aus der Hand und füllte ihn im Wasserloch. Dann schleppte er ihn zum Feuer. Die Alte war bereits dort, und auch ihre Ahntochter hatte dort Platz genommen. Beide würdigten ihn keines Blickes. Sie starrten auf den Boden. Er stand einen Augenblick unschlüssig dort, den Eimer in der Hand. Dann sah er etwas vor der Alten im Staub liegen. Als er genauer hinsah, bemerkte er, dass es sechs kleine Knochen waren. Einige von ihnen waren mit schwarzen Zeichen bemalt.
    »Stell ihn nur ab, mein Junge«, sagte die Alte schließlich, ohne sich umzudrehen. »Und dann geh zu deinen Leuten. Hörst du nicht, dass der Yaman euch zusammenruft? Wo sind nur deine Gedanken?«
    Awin fuhr erschrocken herum. Seine Waffenbrüder versammelten sich wirklich um den Yaman. Er stellte den Eimer so eilig ab, dass er ihn beinahe umgestoßen hätte, und beeilte sich, dem Ruf des Yamans zu folgen. Alle anderen waren schon dort.
    »Wir werden hier rasten, für drei Stunden, um der Pferde willen. Dann müssen wir weiter«, begann der Yaman.
    »Nur drei Stunden? Das ist zu wenig, Aryak«, warf Bale ein. »Da sind die Pferde bald am Ende.«
    Der Yaman ging auf den Einwand des Pferdezüchters nicht ein. »Curru hat etwas gesehen, im Traum, und das kann uns zum Feind führen. Doch sind Träume selten eindeutig und klar, und so werden wir uns aufteilen müssen.«
    »Was hat Curru gesehen?«, fragte Tuwin der Schmied.
    »Ich sah eine Stadt«, erklärte Curru mit halb geschlossenen Augen, »oder vielmehr eine lange graubraune Mauer. Ich kann deshalb nicht sicher sagen, welche Stadt es war, doch erinnerte sie mich sehr an Serkesch.«
    Awin traute seinen Ohren nicht. Das war sein Traum!
    »Und wenn es doch eine andere war?«, fragte Bale

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