Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
Vom Netzwerk:
ließ der Yaman den Sger nun doch anhalten. »Es gab keinen Kampf, der Feind ist uns entkommen - doch werden wir ihn bald haben.« Und dann erklärte er
in kurzen Worten, was vorgefallen war und was sie vorhatten. Die Frauen hörten stumm zu. Marwi, Meryaks Sohn, wirkte besorgt, als er hörte, dass sein Vater mit Tuge und den anderen durch die Slahan nach Westen geritten war.
    »Kein Sorge, Marwi«, versuchte ihn der Yaman zu beruhigen, »sie werden dem Feind vermutlich gar nicht begegnen.«
    »Warum gehen sie dann nach Westen?«, fragte Wela.
    »Du solltest deiner Tochter sagen, dass sie ihre Ohren besser aufsperren sollte«, murrte Curru.
    »Sie kann dich hören, Freund Curru, sag es ihr ruhig selbst«, entgegnete der Schmied grinsend.
    »Habt ihr vor, mit uns hier das Vieh zu hüten, oder jagt ihr den Mörder unserer Männer und Söhne, ihr Krieger?«, fragte Sigil mit bitterer Stimme dazwischen.
    Der Yaman straffte sich. »Du hast Recht, Sigil. Unsere Jagd duldet keine Rast. Wenn du erlaubst, werde ich Wela und Marwi mitnehmen. Bale ist dicht hinter uns. Gönnt ihm keine Ruhe. Wie ich ihn kenne, wird er anbieten, euch hier zu helfen, doch brauchen wir ihn dringender im Lager. Ich werde einige der älteren Kinder herschicken, damit sie euch zur Hand gehen. Doch jetzt müssen wir weiter.«
    Die Witwe nickte, ihr Mund war eine schmale Linie. Awin sah ihr an, wie sehr sie der ungeheure Verlust getroffen hatte. Er fragte sich, wo sie die Kraft hernahm, sich weiter um die Herde zu kümmern.
    »Auf geht’s, Hakul, wir sind bald da!«, rief der Yaman, und dann gab er seinem Pferd die Fersen und ließ es noch einmal galoppieren. Und sein Sger, staubbedeckt und müde, folgte ihm nach. Tatsächlich erreichten sie das Lager mit den letzten Strahlen der Sonne.
    »Was für ein Ritt«, murmelte Mewe in seinen schütteren Bart, als die ersten Rundzelte vor ihnen auftauchten. Awin
blickte kaum auf. Er flüsterte seinem Falben seinen Dank zu. Das Tier war völlig erschöpft. Sie waren seit dem Morgengrauen eine Strecke geritten, die sonst leicht zwei Tage erforderte. Die Menschen im Lager waren in heller Aufregung, als sie die Krieger zurückkehren sahen, und bald wurden die Männer mit Fragen bestürmt. Das Entsetzen war groß, als die Männer berichten mussten, was mit Elwah und seinen Söhnen und mit Etys’ Grab geschehen war.
    Falls einer der Reiter auf eine längere Rast gehofft hatte, wurde er enttäuscht, Aryak gab ihnen Zeit, mit ihren Frauen und Kindern zu sprechen und sich zu stärken, dann sollte es schon weitergehen. Als der schnaufende Bale endlich auch im Lager eintraf, kam er gerade rechtzeitig, um zu erfahren, dass der Yaman die Jungkrieger mit Pferden aus seiner Herde versorgt hatte. Sein wütender Einspruch wurde von Aryak beiseitegewischt: »Es sind Notzeiten, Bale, wann wirst du das endlich begreifen?«
    »Ich begreife es wohl, doch sehe ich nicht ein, warum die jungen Männer nicht mit Tieren aus Meryaks Herde versorgt werden können.«
    Meryak züchtete Trampeltiere, aber auch Pferde, und Bale mochte ihn nicht, wie Awin, der das Gespräch zufällig mitbekam, wusste.
    »Meryak ist weit weg mit Tuge, wie du wohl weißt. Ihn können wir nicht fragen.«
    »Mich habt ihr auch nicht gefragt, Yaman«, erwiderte Bale aufgebracht.
    »Wenn du nicht so fett und langsam wärst«, rief Curru dazwischen, »hätten wir dich schon gefragt, aber so …«
    Der Yaman hob begütigend die Hand. »Ich weiß, dass du deine Tiere über alles liebst, Bale, und niemand züchtet bessere Pferde als du. Also frage ich dich jetzt: Bist du bereit, den Jungkriegern
mit frischen Tieren auszuhelfen? Der Klan wird dir deine Hilfe nicht vergessen.«
    Bale schluckte. Der Yaman hatte es nicht gesagt, aber er verstand wohl, dass die Sippe es ihm erst recht nicht vergessen würde, wenn er nicht half.
    »Natürlich, Yaman Aryak, meine Herde soll die eure sein«, presste er hervor. »Du hättest mich nur fragen sollen, so hätte ich dir die besten Tiere herausgesucht.«
    »Da bin ich sicher«, meinte der Yaman trocken, »aber dein Enkel Mabak hat uns geholfen. Er hat dein Auge für gutes Blut geerbt, scheint mir.«
    Der Pferdezüchter lächelte gequält. Mabak hatte wirklich ein gutes Händchen bei der Auswahl der Tiere gezeigt. Awin trennte sich nur sehr ungern von seinem Falben, aber Bales Enkel hatte ihm einen lebhaften Schecken gebracht, der ihm auf Anhieb gefiel.
    »Er stammt übrigens vom selben Vater wie deiner, soweit ich weiß«, hatte der

Weitere Kostenlose Bücher