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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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doch kein Grund, so aus der Haut zu fahren.
    »Dein Rat ist für uns unentbehrlich, mein Freund«, versuchte der Yaman ihn zu beruhigen.
    »Ich danke dir für dein Angebot, Senis von den Kariwa, aber wir können deine Enkelin nicht mitnehmen.«
    Ahntochter , verbesserte Awin in Gedanken. Auch er fand den Vorschlag der Alten seltsam. Frauen hatten auf Kriegszügen nichts verloren. Bei anderer Gelegenheit würde er allerdings gerne an der Seite des Mädchens reiten.
    »Die Knochen haben mich gewarnt«, sagte die Alte heiter. »Sie haben gesagt, dass der Samen auf unfruchtbaren Boden fallen wird. Aber ich musste es trotzdem versuchen. Wer weiß, vielleicht muss der Boden erst bereitet werden. Versprich mir nur eines, Yaman Aryak, versprich mir, dass du dieses Angebot sorgfältiger überdenken wirst, wenn ich es dir noch einmal unterbreite.«
    »Ich werde morgen früh nicht anders darüber denken als heute Nacht, Mutter Senis«, erklärte der Yaman.
    »Ich weiß, du wirst im Zwielicht aufbrechen und keine Zeit haben, mit mir zu sprechen«, sagte die Alte. »Versprich es mir trotzdem.« Ihr Tonfall hatte etwas Drängendes.
    »Nun, ich verspreche, es zu überdenken, Senis von den Kariwa, da es dir so am Herzen liegt. Doch fürchte ich, die Antwort wird dieselbe sein.«
    »Wir werden sehen, Yaman Aryak, wir werden sehen. Auf
bald.« Dann drehte sie sich um und ging zum Wagen zurück. Ihre schneeweißen Zöpfe leuchteten im Dunkeln.
    »Seltsames Weib«, murmelte Curru.
    »Wir sollten sie nicht verärgern«, meinte Aryak nachdenklich. »Die Kariwa leben am Rand der Welt, nah bei den Daimonen und Riesen. Es heißt, sie haben viel von ihnen gelernt.«
    »Sie fragen ihre Knochen? Welche Weisheit soll darin stecken, Aryak? Nein, wir brauchen sie nicht, denn wir wissen, wohin der Feind geht. Wir werden ihn stellen und töten. Wir sind Hakul - wann hätten wir je Hilfe von Fremden benötigt?«
    »Du hast natürlich Recht, alter Freund. Und nun solltest du ruhen. Die Nacht ist kurz, und die Jagd geht schon bald weiter.«
     
    Mit der Dunkelheit kam die Kälte in die Slahan. Auf Mewes Bitten hin hatte der Yaman die Rast auf vier Stunden verlängert, und so wurden Wachen aufgestellt, und die, die von diesem Dienst verschont wurden, legten sich schlafen. Awin wickelte sich in seinen Mantel. Er war zu müde, um lange über das Gespräch mit Curru oder das mit Senis nachzudenken, und schlief fast sofort ein. Er schlief tief und traumlos, bis ihn jemand mit einem Fußtritt weckte. Es war Tuwin der Schmied, der ihn angrinste. »Auf, junger Seher, es geht weiter.«
    Für einen Augenblick hoffte Awin, das sei nur ein Scherz - er hatte die Augen doch gerade erst zugemacht. Aber dann fiel ihm wieder ein, was alles geschehen war. Er setzte sich auf. Um ihn herum schälten sich Hakul aus ihren Umhängen oder kümmerten sich schon um ihre Pferde. Dann sah er das Mädchen am Ufer. Leichter Dunst zog über das Knochenwasser. Sie schöpfte in ruhigen Bewegungen Wasser mit einem Eimer. Warum wollte die Alte, dass das Mädchen sie begleitete?
    »Sie ist größer als du, also schlag sie dir aus dem Kopf«, rief Tauru, der Bognersohn, und knuffte ihn in die Seite. Awin fiel
zu seinem Bedauern keine schlagfertige Antwort ein, und so schwieg er verdrossen. Sie hatten wenig Zeit für Scherze, denn der Yaman trieb sie zur Eile. Lange vor Sonnenaufgang saßen sie im Sattel und verließen das Knochenwasser. Tuge ritt mit seinen Männern nach Westen, während Aryak mit den seinen den Weg nach Osten einschlug. Mit Senis oder ihrer Ahntochter sprach keiner mehr an diesem Morgen. Als sie über die Düne ritten, blickte Awin noch einmal zurück. Die beiden Frauen saßen am Feuer und schienen etwas zu betrachten, das vor ihnen auf dem Boden verstreut lag. Es musste sie sehr beschäftigen, denn weder Merege noch Senis hatten ein Auge für die Hakul, die nun in entgegengesetzten Richtungen die Wasserstelle verließen und mit dem Zwielicht über den Dünen verschmolzen.

Staubland
    SKEFER WAR TROTZ der kühlen Morgenstunde schon erwacht und blies feinen Staub über die Dünen. Die Hakul ritten schnell, doch schlugen sie nicht den Weg nach Süden ein, was bei den Jungkriegern für Unruhe sorgte.
    »Wenn wir ihn einholen wollen, müssten wir doch einfach nach Süden, quer durch die Slahan, auch wenn der Weg hart ist«, meinte Tauru, der neben Awin ritt.
    »Mitten durch das Sandmeer? Ein weiter Weg. Das würden weder wir noch die Pferde schaffen«, belehrte ihn Mewe

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