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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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dass er Curru bloßstellte.
    Wela sah ihn prüfend an. Sie war nicht dumm, aber sie überging die Frage, die sie sich nun gewiss stellte, und sagte stattdessen: »Ich war noch nie in einer Stadt, und ich will, dass du sie dir genau ansiehst und mir alles erzählst, hörst du?«
    »Das werde ich«, versprach Awin.
    »Also lass dir nicht einfallen, dich umbringen zu lassen, bevor du mir nicht alles haarklein berichtet hast, verstanden?«
    »Ich werde es versuchen, Wela«, antwortete Awin. Ein Lächeln spielte kurz um seine Lippen und erlosch wieder. Serkesch, die alte Feindin der Hakul, erwartete ihn. Er hatte ihre Mauer gesehen. Hoch und mächtig war sie ihm erschienen und auch bedrohlich. Es war ein gefährliches Ziel, das die Schicksalsweberin ihm gewiesen hatte. Dann dachte er an das Mädchen, das er im selben Traum gesehen hatte, am Fuße der Mauer. Es hatte Blumen gepflückt. Curru hatte gesagt, dass das auf eine Feier hindeutete, aber da er die Farbe der Blüten nicht gesehen hatte, mochte es ebenso eine Freuden- wie eine Trauerfeier sein. Nun, es war nur ein Traum, und vermutlich bedeutete es gar nichts, gleich, was Curru sagen mochte. Dennoch, wenn er nachdachte, lag es auch für ihn nahe, dass der Feind nach Serkesch wollte. Er war nicht am Knochenwasser gewesen, und dort musste er
vorbei, wenn Budingar sein Ziel war. Er hatte reichlich Beute gemacht, die musste er verkaufen. Gyrn war eine Totenstadt und schwer zu erreichen, Scha-Adu war nur eine armselige Festung. Außerdem lagen beide Städte jenseits der Slahan, und wenn der Fremde nicht fliegen oder seine Pferde nicht ohne Wasser leben konnten, waren sie für ihn nahezu unerreichbar. Nein, wäre er der Feind, würde er nach Serkesch gehen. Die Stadt war reich, und die Akkesch würden nicht fragen, woher er seine Waren hatte. War es also nur Zufall, dass ihm sein Traum diese Mauer gezeigt hatte? Als Wela ihrem Pferd die Fersen gab und davongaloppierte, wurde ihm klar, dass er gar nicht sagen konnte, wer das Mädchen in diesem Traum gewesen war. War es Wela?
     
    Es war mitten in der kurzen Nacht, als der Sger sich wieder in Bewegung setzte. Sie alle waren müde. Curru verzichtete sogar darauf, die Sgerlanze zu zeigen, wie es sonst bei Kriegszügen üblich war. Sie steckte im Halfter, aber auch ohne das Feldzeichen wussten alle, wie ernst die Lage war. Der Yaman ließ sie nach Süden reiten, bis die Dünen der Slahan im Gesichtsfeld auftauchten, dann schwenkten sie nach Südosten. Es wurde wenig gesprochen, und Awin nickte tatsächlich für einige Zeit ein. Hakul lernen früh, auch im Sattel zu schlafen.
    Bei Sonnenaufgang erreichten sie die Nadelebene, einen flachen Ausläufer der Wüste, dessen Boden mit unzähligen Steinen gespickt war. Sie umgingen ihn westlich, was bedeutete, dass sie ihre Pferde wieder in die Slahan hineinführen mussten. Awin erkannte die Absicht des Yamans: Ihr nächstes Ziel war das Rotwasser, ein Wasserloch nicht weit von den nördlichen Ausläufern des Glutrückens. Aryak führte sie durch das unfruchtbare Grenzland zwischen Staubland und Slahan dorthin. Es gab kürzere Wege, aber es lebten andere Sippen in der Nähe der Wüste, und nicht alle waren dem Klan der Schwarzen Berge
wohlgesonnen. Und die Hakul, mit denen sie keinen Streit hatten, würden Fragen stellen, was der Sger zu dieser Jahreszeit so weit von seinen Weiden entfernt zu suchen hatte. Nein, es war besser, allen Fragen und allem Ärger auszuweichen und sich nahe der Wüste zu halten, auch wenn Skefer wieder wehte und sie, wie jetzt, durch den tiefen Sand der Dünen reiten mussten. Gegen Mittag schwenkten sie dann doch tiefer ins Staubland hinein, denn die Pferde waren durstig. Mewe kannte die Gegend und führte sie an einen der kleinen Bäche, die sich durch das Land schlängelten, um dann irgendwann im Sand der Wüste zu versickern. Sie folgten seinem Lauf jedoch nicht, sondern hielten sich wieder weitab von allem, was einen Hakul-Hirten anziehen mochte. Erst gegen Abend schlugen sie ihr Lager an einem Bach auf.
    »Das Wasser schmeckt nach Sand«, meinte Bale, als er am Wasserlauf kniete und aus den hohlen Händen trank.
    »Aber es löscht den Durst«, wies ihn Curru streng zurecht.
    »Ich meine ja nur«, erwiderte Bale mürrisch.
    »Dann meine es leise, Bale, dies ist keine Reise zu einem Fest, hast du das schon wieder vergessen? Du solltest den Jungkriegern ein Vorbild sein und sie nicht noch entmutigen.«
    Als Curru außer Hörweite war, brummte der Dicke

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