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Der Sohn des Sehers 01 - Nomade

Titel: Der Sohn des Sehers 01 - Nomade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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ihre Tiere weideten?
    »Wir könnten dem Heredhan Sühne anbieten«, schlug Curru schließlich vor. »Der Klan Horkets zählt viele Köpfe. Wenn wir Glück haben, waren jene drei nicht sehr nah mit ihm verwandt.«
    »Und wenn doch?«, erwiderte Aryak düster. »Er wird wenigstens den Kopf des Schützen fordern, vor allem wenn er erfährt, dass es mein Sohn war.«

    »Horket ist kein Mann, der für seine Barmherzigkeit bekannt wäre«, gab Curru zu.
    »Und noch etwas gebe ich zu bedenken«, fuhr der Yaman fort: »Wenn wir mit dem Heredhan eine Sühne aushandeln, wird das Zeit in Anspruch nehmen. Dies können wir nicht zulassen, nicht, solange wir den Heolin nicht in unseren Händen halten. Wären die Umstände anders, würde ich diesen Weg trotzdem gehen, denn wohin der andere Weg uns führt, könnt ihr wohl ahnen.«
    Die Krieger sahen einander betroffen an.
    »Er wird vielleicht nie erfahren, wer hierfür verantwortlich ist«, meinte Bale.
    »Früher oder später wird er es erfahren«, entgegnete Aryak.
    »Der Heolin!«, rief Curru plötzlich. »Wenn wir den Lichtstein wiedererlangt haben, können wir ihn als Sühne anbieten. Diesem Angebot wird Horket nicht widerstehen können.«
    »Der Heolin«, murmelte Aryak nachdenklich.
    Awin runzelte die Stirn. Der Lichtstein war Eigentum aller Hakul, er war das Herz der Stämme. Kein Fürst und kein Klan sollte ihn besitzen. War er denn der Einzige, der so dachte? Fast schien es so, denn Mewe sagte nur: »Es wird ihm noch mehr Macht geben, als er ohnehin schon hat.«
    »Und vielleicht erstickt er endlich daran«, meinte Curru. »Ja, wenn Horket sich im Glanz des Heolins sonnt, werden die anderen Fürsten diesen hellen Lichtschein nicht mehr übersehen.«
    Awin begriff, worauf sein Ziehvater hinauswollte. Wenn Horket den heiligsten Gegenstand der Hakul sein Eigen nannte, würde er den Neid aller anderen Fürsten wecken. Es war gut möglich, dass sie sich gegen ihn verbündeten. Auch die anderen Männer schienen das so zu sehen. Ja, auf einmal schien es, als würde sich dieser unselige Vorfall sogar zum Guten wenden
lassen. Sie würden weiterziehen und den Heredhan auf dem Rückweg aufsuchen. Wenn sie ihm den Heolin als Sühne anboten, würde er kaum Nein sagen, und dann würden die Dinge ihren Lauf nehmen. Der Klan wäre gerettet, und der Heredhan würde bald feststellen, dass diese Sühne ihm den Untergang brachte. Niemand schien daran denken zu wollen, dass sie dazu den Lichtstein erst einmal haben mussten. Nach einigem Zögern stimmte Aryak Currus Vorschlag zu. Ein heller Schrei beendete die Versammlung - der Schmied hatte Marwi mit glühender Klinge den Pfeil herausgeschnitten, und der Knabe war ohnmächtig geworden.
     
    Kurz darauf kehrte Eri zu ihnen zurück. Seine Augen waren rot, aber er sagte nichts. Auch seinem Vater fehlten lange die Worte, dann sprach er ganz ruhig: »Ich sollte dich nach Hause schicken zu den Frauen und Kindern, denn du hast dich nicht benommen wie ein Mann, sondern wie ein unreifer Knabe. Und wenn ich auch nur einen Krieger entbehren könnte, würde ich das tun.«
    Der Junge sah seinen Vater stumm an, aber kein Wort der Entschuldigung kam ihm über die Lippen.
    »Bist du stumm? Vorhin hast du gejubelt, als du mit deiner törichten Tat den ganzen Klan in Gefahr gebracht hast. Höre ich nun etwas von dir? Nein? Gar nichts? Ich verstehe. Nun, nimm dein Schwert. Wir können die Toten nicht begraben, aber du wirst ihre Leichen mit Ästen und Zweigen decken. Und ich will, dass du dir die Gesichter der drei Männer gut einprägst. In ihren toten Augen kannst du vielleicht unser Schicksal lesen. Und nun mach dich an die Arbeit!«
    Der Junge gehorchte wortlos, und der Yaman verbot den anderen, ihm zu helfen. Stattdessen trieben sie unter Bales Führung die Pferde der Fremden hinaus in die Wüste. Sie sollten
Durst leiden, damit sie später zunächst an den Bach zurückkehren und nicht etwa den Weg in das Lager ihres Herrn suchen würden.
    »Auch das noch«, murmelte Mewe, der neben Awin ritt.
    »Was ist denn, Meister Mewe?«, fragte er.
    »Isparra - sie lässt nach«, erklärte der Jäger.
    Also würde der Wind ihre Spuren wohl nicht verwehen. Es schien sich alles gegen sie verschworen zu haben.
    »Es ist eine Schande«, meinte Bale. Aber er sprach nicht vom Wind. Awin sah ihm an, dass es ihn in der Seele schmerzte, die Tiere leiden zu lassen, aber es war unvermeidlich. Sie mussten Zeit gewinnen. Das Unglück war nur, dass sie gleichzeitig wertvolle Zeit

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