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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Berke herum wäre kürzer, doch müssten wir dann bald gegen die Flut ankämpfen. Im Osten zieht uns die Ebbe hinaus aufs offene Meer, und die nächste Flut übergibt uns der Strömung nach Nordwest.«
    »Und warum habt ihr kein Segel?«, fragte Awin später, als er das Paddel erschöpft an Limdin weiterreichte.
    »Zu gefährlich. Das Boot geht nicht sehr tief und könnte kentern.«
    Awin nickte ergeben. Ore Praane erwies sich wieder einmal als nützlich, denn er zeigte den Hakul, wie sie beim Paddeln Kraft sparen konnten und dabei dennoch gute Arbeit leisteten. Awin schien es, als würden sie immer schneller werden.
    »Die Strömung«, erklärte Dalbis. »Die Ebbe zieht uns aus dem Sund, wie ich sagte.«
    Es wurde nicht viel geredet, denn die Hakul sparten den Atem für die ungewohnte Arbeit. Und wer nicht paddelte, stärkte sich oder ruhte sich aus.
    »Sag, Dalbis, geht die Sonne heute gar nicht mehr unter?«, fragte Awin irgendwann. Der wolkenverhangene Himmel verdeckte
die Sonne, aber ihm schien es, als dämmerte es nun schon seit vielen Stunden.
    »Sie geht bald unter, doch nur kurz. Mittsommer ist nicht mehr fern, da berührt sie nur den Rand der Welt. In Berke entzünden wir dann ein großes Feuer. Es ist schade, dass ich das Fest dieses Mal wohl versäumen werde«, meinte Dalbis, der langsam und mit Pausen sprach, während er das Ruderblatt geschickt durch die Wellen zog.
    Awin erinnerte sich an den großen Reisighaufen, den er am Rande des Hügels bemerkt hatte. Jetzt verstand er den Zweck. »Berke? Ist das nicht auch der Name eurer Göttin?«, fragte er.
    Dalbis nickte. »Es ist der Name der Insel, die die ihre ist. Und auch unser Dorf gehört ihr und trägt ihren Namen.«
    Awin fand das ein wenig befremdlich, aber offenbar wussten die Fischer immer, wer gemeint war, wenn sie von Berke sprachen, und die Verwirrung anderer kümmerte sie wohl nicht.
    Beim Einsteigen war Awin im Heck des Bootes gelandet, doch hatte er mit Merege zu sprechen, die bei Ule im Bug saß. Die Gelegenheit ergab sich, als Ule von vorne etwas Unverständliches rief und seine Männer daraufhin die Paddel aus dem Wasser zogen.
    »Die Strömung trägt uns. Wir können ruhen«, erklärte Dalbis.
    Es erwies sich als schwierig, über die Last in der Mitte hinwegzuklettern und dabei nicht ins Wasser zu fallen, aber Awin gelang es.
    »Was gibt es?«, fragte Merege.
    »Ich glaube, es wird Zeit, dass du mir von deiner Heimat erzählst. Wir werden doch bald dort sein, und es wäre gut, wenn ich etwas mehr über das wüsste, was uns dort erwartet.«
    Merege legte das Paddel auf die Knie. »Ich will die Schönheit des Schneelandes nicht beschreiben, denn du wirst sie
bald selbst sehen, die hohen, erhabenen Berge, die weißen Gletscher, die in den Hochtälern liegen, das leuchtende Grün der Wiesen …« Merege stockte und lächelte. »Mir war nicht bewusst, wie sehr ich das Schneeland vermisst habe. Nun, wir werden in Marsa landen, unserem Hafen am Aurisar. Ule sagt, die Strömung sei uns wohlgesonnen. Er traut uns zu, dass wir in nicht einmal sechs Tagen dort sein werden.
    »Sechs Tage?«, rief Awin entsetzt.
    Merege lächelte. »Ich dachte mir, wir sagen das deinen Kriegern besser erst, wenn es kein Zurück mehr gibt.«
    »Wie umsichtig«, murmelte Awin missmutig. Die Aussicht, die nächsten sechs Tage in diesem schwankenden Gefährt zu verbringen, stimmte ihn alles andere als froh.
    »In Marsa werden wir uns nicht lange aufhalten. Wir werden dort Pferde bekommen und dann weiter nach Norden ziehen. Nach weiteren vier Tagen sind wir dann am Skroltor.«
    »Hoffentlich vor Eri«, meinte Awin.
    »Das Meer ist auf unserer Seite, Seher. Wenn das Wetter nicht umschlägt, können wir es schaffen. Wir müssen es schaffen, denn Marsa hat keine Wälle, und wir müssen die Bewohner vor der Gefahr warnen.«
    »Ist es denn sicher, dass Eri dort entlangkommt?«
    »Es ist der Weg zum Skroltor. Ich habe die Hoffnung, dass die Wächter die Menschen in Sicherheit gebracht haben.«
    Awin wurde stutzig. »Die Hoffnung? Ist das nicht selbstverständlich? Norgis sagte doch, die Wächter wüssten längst Bescheid.«
    Seevögel zogen über das graue Meer. Mereges Blick ging ins Leere. »Ich bin mir nicht sicher, was die Wächter gesehen haben und was nicht, und ich weiß nicht, welche Lehren sie daraus ziehen. Ragin ist ein stolzer Mann. Vielleicht hat er die Männer von Marsa aufgefordert, sich dem Heer in den Weg zu
stellen. Die Straße verläuft dort zwischen steilen

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