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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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es war ein riesiger Wolf, der auf einem Stein kauerte, die Zähne fletschte und ihn drohend anknurrte. Seine Augen glühten rot. Jemand berührte Awins Schulter. Er fuhr herum.
    »Wach auf, Awin, es geht los«, sagte Tuge.
    Awin schreckte hoch. »Der Wolf«, stammelte er.
    Tuge sah ihm besorgt in die Augen. »Ein Traum?«
    »Nebel. Und ein riesiger Wolf«, sagte Awin und versuchte, das Bild zu verstehen. Norgis war nicht dort gewesen. Seine Rufe waren ungehört verhallt.
    »Sind Wolfszeichen nicht meistens schlecht?«, fragte Tuge.
    Awin nickte niedergeschlagen. »Wolf im Nebel. Ich bin sicher, Curru könnte dir dazu gleich drei düstere Sehersprüche sagen.«
    »Ah, Curru. Wir haben lange nichts von ihm gehört«, sagte der Bogner, und seine Miene verfinsterte sich.
    »Ich hoffe, das bleibt so«, erwiderte Awin.
    »Und ich hoffe, er kommt und stellt sich meinem Bogen. Ich habe einen besonderen Pfeil für ihn aufgehoben.« Tuge hatte ihn zornig angeblitzt, aber jetzt seufzte er und ließ die Schultern wieder hängen. »Was das Wolfszeichen betrifft, so würde ich unseren Gefährten nichts davon erzählen. Die Zeichen sind auch ohne dunkle Traumbilder schlimm genug.«
    Awin schüttelte sich. Er wurde das Bild des rotäugigen Wolfs nicht los. Irgendwie schien er ihn immer noch anzustarren. Ob er Norgis vielleicht doch erreicht hatte? »Warum hast du mich eigentlich geweckt, Tuge?«, fragte er.

    »Ich wusste nicht, dass du träumst, sonst hätte ich dich schlafen lassen. Aber unser Gastgeber, der ehrwürdige Ragin, hat die Wächter versammelt, um seine Pläne für den Tag bekannt zu geben. Ich dachte, da sollten wir dabei sein.«
     
    Als sie hinunter in den Hof kamen, stand der Airiskan auf den Stufen des Turms, so dass er die Wächter, die sich dort versammelt hatten, überblicken konnte. Offenbar sprach er schon eine Weile. »Was hat er bisher gesagt?«, fragte Awin leise Wela, die mit verschränkten Armen dort stand und zuhörte.
    »Du hast nicht viel verpasst. Er hat Merege nicht einmal angehört. Jetzt verspricht er den Sieg, wenn alle tun, was er sagt, und er spricht ihnen Mut zu, wenigstens versucht er es.«
    Wind war aufgekommen und wirbelte graue Asche über den Hof. Awin nahm den Schal vors Gesicht.
    Jetzt sagte Ragin: »Ich weiß, an Zahl sind sie uns weit überlegen, doch nicht an Mut. Und es sind Krieger, bewaffnet mit Schwert und Speer, viele davon noch aus schlechter Bronze. Wir aber haben Waffen aus Eisen und einen Willen, der ebenso hart ist. Und wir sind Wächter und verfügen über Kräfte, die sich diese Wilden wohl gar nicht vorstellen können!«
    »Mit Wilden … meint er da uns?«, fragte Tuge leise.
    Awin gab ihm ein Zeichen zu schweigen. Ragin fuhr unterdessen fort: »Auch habe ich weitere gute Nachrichten. Bald werden die Männer aus Kalve und Burnis hier eintreffen, das verdoppelt unsere Zahl. Und mit den Kriegern, die sich von Marsa zurückgezogen haben, sind wir ihnen beinahe ebenbürtig.«
    Tuge holte Luft, aber Awin warf ihm einen warnenden Blick zu. Es war nichts gewonnen, wenn sie den Airiskan vor seinen Leuten bloßstellten.
    »Und noch eine dritte gute Nachricht habe ich für euch. Die Hakul sind längst nicht so einig, wie viele glauben. Seht, einige
Abtrünnige sind zu uns übergelaufen, und weitere werden folgen.« Mit großer Geste deutete der Airiskan dabei tatsächlich auf die Hakul, die sich am Rande des Platzes versammelt hatten. Awin verschlug es die Sprache, aber die Kariwa nahmen es mit beifälligem Gemurmel auf.
    »Willst du ihm das durchgehen lassen, Yaman?«, zischte der Bogner.
    »Jetzt nicht, Tuge«, mahnte Awin.
    Er warf einen Blick hinüber zu Wela, aber sie schien mit ihren Gedanken nicht hier im Hof zu sein.
    »So hört nun meine Anweisung für heute, ihr Tapferen. Die Wächter gehen nach Süden, um Lemgin zu unterstützen. Die Anwärter werden sich jedoch zum Skroltor begeben. Sollte es vereinzelten Hakul gelingen, unsere Heeresmacht zu überwinden, so ist es ihre Aufgabe, sie vom Tor fernzuhalten.«
    Awin zählte mehr als ein Dutzend Wächter und etwa ebenso viele Anwärter im Hof. Von den Letzteren waren die meisten kaum dem Kindesalter entwachsen. Einige von ihnen murrten enttäuscht über den Befehl. Sie hatten wohl gehofft, bei der kommenden Schlacht dabei sein zu dürfen.
    »Nun macht euch bereit zum Aufbruch. Die Anwärter werden zu Fuß gehen müssen, denn die Pferde brauchen wir für die Wächter. Geht in den Tempel und betet zu Edhil, dass er uns einen

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