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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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hinkte noch einmal zum gegenüberliegenden Torpfosten und zurück. Er spürte die klamme Kälte, die der graue Dunst mitgebracht hatte. Die Nebel am Rande der Welt können nicht dichter
und nicht unheimlicher sein , dachte er. Er fluchte, um diesen düsteren Gedanken zu vertreiben, trat gegen einen Stein, was es nicht besser machte, und hielt inne. Im Nebel waren vier Schatten. Schwarze Umrisse vor dem dichten Grau. Sie schienen ihm zuzusehen. Wie lange standen sie schon da?
    Baldim nahm Haltung an. Er war der Wächter des Dhanag, des großen Hauses des Tiudhan, und jeder, der über die Schwelle wollte, musste an ihm vorüber. Die vier waren näher gekommen. Sie waren nun kaum ein Dutzend Schritte entfernt, aber die Nebelschleier machten es schwer, ihre Gesichter zu erkennen. Es waren drei Männer und eine Frau, genauer, zwei Männer, ein Knabe und eine junge Frau, vielleicht noch ein Mädchen. Ihre Kleidung war seltsam. Es waren Hakul-Gewänder, aber sie schienen ihnen nicht recht zu passen, und über ihren langen Reitmänteln trugen sie grobe Fellüberwürfe. Der Wächter blinzelte. Es schien, als seien die vier näher gekommen, ohne dass er gesehen hatte, wie sie sich bewegten. Jetzt wurden die Gesichter deutlicher. Die vier sahen einander nicht ähnlich, aber dennoch deutete irgendetwas in ihrer Haltung, ihrer Art, darauf hin, dass sie miteinander verwandt waren. Der Knabe hatte dichtes schwarzes Haar und einen durchdringenden Blick. Der Mann neben ihm schien den Nebel durch die schiere Anwesenheit seines kraftstrotzenden Körpers zu verdrängen. Dann war da der Alte, unter dessen weit ins Gesicht gezogener Kapuze vor allem die buschigen Augenbrauen auffielen, und darunter wiederum zwei Augen, die Baldim unverhohlen feindselig anstarrten. Der Wächter hielt diesem Blick nicht stand. Er hätte die vier längst anrufen, sie fragen müssen, wer sie waren, was sie hier zu suchen hatten. Aber er brachte keinen Ton über die Lippen. Er spürte, dass sein Mund ganz trocken war. Sein Blick wanderte zu der Frau. Ihr Gesicht war das eines jungen, hübschen Mädchens, und sie lächelte. Zwei
Lagen Fell trug sie über ihrem Mantel, wohl gegen die Kälte, aber gleichzeitig war ihr Untergewand an mehreren Stellen aufgeschnitten, als wolle die Trägerin mehr von sich zeigen, als sittsam war. Sie war keine Hakul, die anderen auch nicht. Der Wächter straffte sich. Fremde? In Tiugar? Er sollte besser Alarm schlagen. Aber andererseits schienen die vier keine Waffen zu tragen. Baldims Gedanken verwirrten sich. Wie waren diese seltsamen Fremden überhaupt in die Stadt gelangt? Es gab nur einen Weg hierher, und der war bewacht. Der Wächter rückte seinen Gürtel gerade, fasste die Axt fester und rief den Fremden ein »Halt« entgegen.
    Die Nebel ballten sich dichter zusammen. Der Wächter räusperte sich. Sein Ruf hatte heiser geklungen. Immer noch war sein Mund trocken. Die Fremden standen nur da und schienen ihn zu betrachten. Ihre Blicke gefielen ihm nicht. »Wer da? Was habt ihr hier zu suchen?«, fragte er rau.
    Der Hüne legte den Kopf von einer Seite auf die andere, und der Wächter sah starke Halsmuskeln hervortreten und glaubte, Knochen knacken zu hören. »Es ist nur einer«, sagte der Hüne jetzt.
    »Ein alter Mann«, spottete der Knabe.
    Baldim straffte sich. »Es wird noch reichen, dich übers Knie zu legen, mein Junge.« Als er das sagte, widersprach ihm eine innere Stimme - sie warnte ihn, behauptete, dass er sich vor diesem schmächtigen Knaben in Acht nehmen sollte. Seine Hände verkrampften sich um den Griff seiner großen Axt. Der Älteste der vier zischte verächtlich. Aber jetzt hob die Frau eine Hand und schlenderte, nein, tänzelte näher heran. »Wie ist dein Name, Großvater?«, fragte sie mit einer Stimme süß wie Honig.
    Unwillkürlich lächelte der Wächter. »Baldim werde ich genannt.«

    »Gut, Baldim, sag uns, ist dies das Haus des Mannes, den ihr Tiudhan nennt?«
    »Der Tiudhan ist tot«, stieß Baldim hervor. Eine, wie er sich eingestand, reichlich dumme Bemerkung.
    »Zeitverschwendung«, polterte der Hüne.
    Die Frau lächelte. Ihre Nähe verwirrte den alten Krieger. An ihr war etwas, das ihm die Sinne vernebelte.
    »Wir wissen, dass er tot ist. Wir haben ihn getötet. Doch hier wird sein Nachfolger wohnen, und auch der Lichtstein ist hier. Ist es nicht so?«
    Was hatte sie gerade gesagt? Getötet? Tiudhan Liwin war in der großen Schlacht gegen Slahan, die Gefallene Göttin, erschlagen worden. Sie

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