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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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über die Weiden der Hakul hinaus berühmt - und wohl auch mächtig wird. Sie wissen nichts, und sie denken nicht weiter als bis zu ihrer nächsten Mahlzeit.«
    Tuge sah sich um. Niemand war in ihrer Nähe. Wela und Merege waren bei den Schimmeln. Wela schien aber immer noch davor zurückzuscheuen, sie zu berühren. Leise fragte Tuge: »Kann es sein, dass du das Orakel noch etwas anderes fragen wolltest, Yaman Awin?«
    Awin schnaubte verächtlich. »Ich wüsste nicht, was.«
    Tuge lächelte. »Weißt du, ich habe dich beobachtet. Du träumst nicht, jedenfalls hast du von keinem Traum berichtet, seit wir reiten. Du hast auch nicht versucht, auf die Reise zu gehen. Kann es sein, dass deine Gabe wieder schweigt? Und dass wir auch deshalb hier sind?«
    Awin sah dem Bogner scharf in die Augen. »Du bist klug, Tuge, klüger als diese erbärmlichen Orakelausleger.« Er zögerte jedoch, dem Bogner die ganze Wahrheit zu sagen, und fuhr daher fort: »Du hast Recht, meine Gabe schweigt im Augenblick, und ich … ich wollte das Orakel nach Zeichen befragen, nach Hinweisen, wie wir unsere Aufgabe lösen können. Aber das war ein Fehler. Selbst wenn die Stuten eine Antwort wüssten, würden diese feisten Deuter wohl kaum verstehen, was sie sagen. Und sollten sie es doch verstehen, nun, es würde wohl
Tage dauern, und diese Zeit haben wir nicht. Ich nehme an, dass Wela dir gesagt hat, dass wir bald Besuch bekommen?«
    Tuge nickte.
    »Aber wenigstens haben wir Gewissheit, was die Xaima betrifft«, fuhr Awin fort, »und wir haben erfahren, dass sie auch in ihrer menschlichen Gestalt noch über Macht gebieten. Sie setzen sie anders ein, als ich erwartet hatte. Sie kommen nicht mit Gewalt, sondern sie lügen, verführen und täuschen. Das macht es vielleicht noch schwerer, sie zu besiegen.«
    »Vor allem, wenn unsere eigene Zauberin nicht mehr zaubern will«, murmelte Tuge mit Blick auf die Kariwa, die immer noch am Gatter stand und sich um die Stuten kümmerte.
    »Wir können sie doch schlecht zwingen, Tuge.«
    »Das ist wohl war, aber sie könnte ruhig etwas Dankbarkeit zeigen, wenn du mich fragst, Yaman. Immerhin hast du sie von den Toten zurückgeholt.«
    Awin zuckte mit den Achseln. »Sie braucht einfach noch etwas Zeit.«
    »Das ist möglich, Yaman. Aber es ist auch möglich, dass wir diese Zeit nicht haben.«
    Awin nickte, sie mussten weiter. Aber vorher würde er noch etwas erledigen.
    Sie brachten alle Gefangenen in den Stall. Als sie den Verwundeten aufheben wollten, stellten sie fest, dass er gestorben war. Die Rothaarige hatte es mit grimmiger Erbitterung hingenommen, und als sie sie einsperrten, warf sie Awin einen Blick von tödlichem Hass zu. Aber er konnte es jetzt nicht mehr ändern.
    »Betet zur Mareket, dass er euren Stuten genug Weisheit eingeben möge, ihren Weg zu finden«, sagte Awin.
    »Die Stuten? Was hast du vor, ehrwürdiger Yaman?«, fragte Mandek beinahe kriecherisch höflich. Seine Stimme zitterte.

    »Wenn ich könnte, würde ich sie selbst hinunter in die Steppe führen, doch leider lässt unsere Aufgabe das nicht zu. Ihr müsst also hoffen, dass sie ihren Weg alleine finden.«
    »Warte! Du willst sie freilassen? Das kannst du nicht!«
    Awin schloss die Tür. Das wütende Hämmern und die entrüsteten Schreie der Eingesperrten tat er mit einem Achselzucken ab.
    Dann ließen sie die Schimmel frei. Merege öffnete das Gatter. Die vier Stuten folgten ihr durch den steinernen Durchgang, und ihre Hufe hallten laut von den leeren Wänden wider. Die Hakul folgten den Pferden mit einer Mischung aus Bewunderung und Scheu. Auf der vorderen Bergwiese flüsterte Merege einer der weißen Stuten etwas zu. Schnaubend wandte sich das Pferd ab und begann, zwischen den Holunderbüschen zu grasen. Ihre Schwestern folgten ihr.
    »Was hast du ihr gesagt, Merege?«, fragte Awin.
    »Sie ist die Älteste und Führerin der Herde. Sie hat Heimweh, und es zieht sie in die Steppe, denn sie hat das weite Land nie vergessen. Ich habe ihr eine gute Reise gewünscht. Die Hakul haben hoffentlich genug Ehrfurcht, sie nicht aufzuhalten.«
    Limdin legte über den Leichnam des Wächters eine Decke. Awin wünschte ihm still einen guten Ritt auf Marekets Weiden. Er biss sich auf die Lippen. Sie hatten nur wenig über Eris Pläne und die Xaima erfahren, zwei Hakul hatten dafür mit ihrem Leben bezahlt, und es war gut möglich, dass ihnen schon bald wütende Verfolger auf den Fersen sein würden.

Die Geisterebene
    ALS SIE AM kleinen Teich

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