Der Sohn des Sehers 03 - Renegat
schenkten. Feuer, Blut und Schlacht sagten sie voraus. Eine große Schlacht. Eine strahlende Fackel wird die dunkle Zeit der Hakul beenden. Mit Eri reitet der Sieg! Er wird eine Zeitenwende herbeiführen, und der Schlachtruf der Hakul wird Berge erschüttern und die Mauern vieler Städte wanken lassen.«
»Und das war alles? Das war Eris Frage und die Antwort des heiligen Orakels?«, fragte Awin zweifelnd. Er spürte, dass der Mann ihm etwas verheimlichen wollte. Zwei der Deuter nickten sofort, vielleicht sogar etwas zu schnell. Ein leichtes Zögern beim dritten bestärkte Awin in seinem Verdacht. »Ihr solltet mich nicht belügen. Ihr seid doch sicher unterrichtet, dass ich ein Seher bin«, erklärte er ernst.
»Er fragte … er fragte nach einem Schwarzen Tor«, stotterte der Unscheinbare. »Ob es gefährlich sei, es zu öffnen.«
» Das hat er gefragt?«
»Die Stuten wollten die Frage nicht beantworten, Yaman. Aber die vier Mächtigen sagten uns, wir sollten ihm erklären, dass es ihm unsterblichen Ruhm einbringe, denn hinter dem Tor schlafe ein gewaltiges Heer, das nur auf den Ruf warte, um zu erwachen und unter dem Banner der Hakul in die Schlacht zu ziehen.«
Tuge stöhnte, und Wela starrte den Deuter fassungslos an. Awin schwieg eine Weile und versuchte, im Gesicht des Mannes zu lesen. Offenbar glaubte er, was er sagte, er wusste nicht, was für ein Heer hinter dem Skroltor verborgen war. Der Deuter fuhr verlegen fort: »Und da die heiligen Stuten auch nichts Gegenteiliges sagten, war es das, was wir Eri mitteilten.«
Awin biss sich auf die Lippen. Diese Deuter waren unfassbar dumm. Begriffen sie wirklich nicht, was vorging? »Die vier Mächtigen … ihr habt also diese sogenannten Zauberer gesehen?«
»Das haben wir, Yaman. Es sind Zauberer, vielleicht die größten, die je auf dieser Welt wandelten, den berühmten Maghai in allem überlegen. Wir sind die Deuter des Orakels, wir verstehen uns auf diese Zeichen. Der Sieg ist auf ihrer Seite, das hättest selbst du erkannt, blinder Seher, denn niemand kann dieser Macht widerstehen, auch dieses blasse Weib nicht«, rief der Narbengesichtige und deutete auf Merege. Die hörte ihm jedoch nicht zu. Sie stand am Gatter und betrachtete gedankenverloren die friedlich grasenden Schimmel.
Plötzlich stieg sie über das einfache Gatter. Die Mägde schrien entsetzt auf.
»Was macht dieses unglückselige Weib da?«, rief der blonde Deuter aufgebracht. Er wollte Merege hinterher, doch Awin packte ihn am Kragen und hielt ihm sein eisernes Schwert unter die Nase. Auch Tuge und Wela hatten ihre Schwerter
gezogen und hielten die Deuter und Mägde in Schach. Merege schien die Aufregung gar nicht zu bemerken. Sie ging in die Mitte der Wiese und schnalzte mit der Zunge. Die vier Stuten näherten sich ihr gemächlich und knabberten kurz darauf an den Halmen, die die Kariwa ihnen anbot. Die Deuter stöhnten laut auf, als Merege begann, die Pferde zu streicheln.
»Eine Fremde. Sie entweiht die heiligen Stuten«, zischte der Unscheinbare wütend.
»Es wachsen sicher neue auf den Weiden des Staublandes heran, Deuter«, antwortete Tuge rau. Aber Awin sah die Besorgnis in seinen Blicken. Für die Schwarzen Hakul war das Orakel von Tiugar immer etwas Heiliges, wenn auch sehr weit Entferntes gewesen. Nun sah der Bogner diese wunderschönen Stuten aus nächster Nähe. Awin war nicht entgangen, wie sehr ihn das beeindruckte. Selbst er konnte sich der Schönheit dieser Tiere kaum entziehen - und er hätte nicht gewagt, sie zu berühren. Merege kehrte zurück zum Gatter. Die vier Schimmel folgten ihr.
»Sie wissen nicht viel von Feuer und Schlacht«, erklärte die Kariwa, »aber sie sind beunruhigt. Sie spüren, dass der Welt eine schwere Erschütterung bevorsteht. Und seht sie euch an: Sie sind unglücklich, und sie sehnen sich sehr nach der weiten Steppe.«
»Ich sollte dich töten, Weib«, keifte der Narbengesichtige.
»Versuche es, und du stirbst«, erklärte Awin ruhig. Er betrachtete die vier Rösser. Sie waren wunderschön, aber Merege hatte Recht, das schneeweiße Fell war ohne Glanz, sie waren unglücklich.
»Aber die Stuten! Entweiht …«, jammerte der Unscheinbare.
»Das wurden sie schon lange vorher, scheint mir«, erwiderte Awin, »und zwar an dem Tag, an dem sie in eure fetten Hände
gerieten!« Er war wütend, sehr wütend. Er sah diese drei feisten Männer, die keine Ahnung hatten, was sie anrichteten, und konnte sich kaum noch beherrschen. »Ein großer
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