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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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antworte Awin nachdenklich.
    »Glaubst du, wir werden ihr begegnen, Yaman?«
    »Ich bin sogar sicher. Sie ist fremd in diesen Hügeln, und sie wird sich ebenso an den Weg halten wie wir selbst, Tuge.«
    »Sie ist gefährlich«, meinte der Bogner.

    »Das ist sie. Ich hoffe aber, sie richtet ihre Macht gegen ihre Geschwister, nicht gegen uns. In Pursu war sie uns nicht feindlich gesinnt.«
    »Aber das war in Pursu. Viel kann seitdem geschehen sein, Yaman.«
    »Du solltest wirklich nicht immer so schwarzsehen, Tuge. Sieh, Yeku sagt, dass die Geister, die in diesen Steinen wohnen, sich vor ihr fürchten. Und das ist doch gut für uns.«
    »Yeku sagt das?«, fragte Tuge mit einer hochgezogenen Augenbraue.
    »Das hat Mahuk mir jedenfalls berichtet.«
    »Mahuk sagte aber auch etwas von einem Reiter auf der Ebene, Yaman«, sagte Tuge gedehnt.
    »Es ist dir also nicht entgangen«, stellte Awin fest.
    »Natürlich nicht. Wann hattest du vor, uns von diesem Reiter zu berichten?«
    »Vielleicht gar nicht, Tuge, denn ich kann dir nicht sagen, was das zu bedeuten hat, und es erschien mir daher unsinnig, dich oder die anderen damit zu beunruhigen.«
    »Ein Hakul?«
    »Das ist ebenso möglich wie nicht möglich. Ich hätte es euch gesagt, wenn ich erhöhte Wachsamkeit von euch verlangen würde, doch seit wir zwischen diesen Geistern reiten, ist doch ein jeder von uns ohnehin schon auf das Äußerste angespannt.«
     
    Gegen Mittag entdeckten Limdin und Dare, die Awin ein Stück vorausgeschickt hatte, einen baumbestandenen Hügel, der ihnen, ohne dass sie dafür einen genauen Grund nennen konnten, seltsam erschien. Auch dieser Hügel lag in unmittelbarer Nähe des Weges, und als sie näher kamen, schloss sich Awin der Einschätzung der beiden jungen Krieger an. Dieser
Hügel war seltsam. Er war beinahe kreisrund und ragte aus der flachen Hochebene auf wie etwas, das dort nicht hingehörte.
    »Dort ist jemand«, rief Dare. »Ein Mensch. In einem grauen Gewand.«
    Etwas Rotes schien von dem Gewand zu leuchten.
    »Isparra«, murmelte Awin.
    »Sollen wir uns kampfbereit machen, Yaman?«, fragte Tuge besorgt.
    Awins Hand lag schon am Schwertgriff, aber dann erinnerte er sich wieder daran, mit wem er es zu tun hatte, und er erinnerte sich an die Pfeile in der Schulter Isparras, die ihr nichts ausgemacht hatten. Nein, mit ihren Waffen konnten sie der Windskrole kaum etwas anhaben.
    »Was tut sie?«, fragte er Dare.
    »Sie sitzt nur dort, Yaman. Ich glaube, sie hat uns gesehen und wartet auf uns.«
    »Dann will ich sie nicht länger warten lassen. Ihr bleibt hier. Und bedenkt: Sie ist eine Unsterbliche. Also steckt die Pfeile wieder in den Köcher und die Schwerter zurück in ihre Scheiden.«
    »Und wenn sie dich angreift, Yaman?«, fragte Tuge warnend.
    »Das wird sie nicht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Ich bin ein Seher, Tuge, vergiss das nicht«, antwortete Awin mit aller Überzeugungskraft, die er aufbringen konnte. Dann setzte er sein Pferd in Bewegung. Das Tier war ebenso unruhig wie er selbst, aber er hoffte, dass er seine Furcht besser verbarg als sein Brauner.
    »Sie fürchten mich«, hauchte Isparras Stimme, lange bevor Awin sie erreicht hatte. Sie schien aus dem sanften Wind zu ihm zu sprechen.

    »So ist es, Isparra«, antwortete er leise.
    »Nur dieses Weib deines Stammes. Das zürnt mir.«
    »Das Pferd, Ehrwürdige, du hättest es von seinen Leiden erlösen sollen.«
    »Aber es starb doch ohnehin«, flüsterte es aus dem Wind.
    »Es quälte sich. Das hätte nicht sein müssen, Isparra.« Awin krochen Schauer über den Rücken. Immer noch war die Windskrole viele Schritte entfernt, aber ihre Stimme war so klar, als würde sie neben ihm stehen und ihm ins Ohr flüstern.
    »Ein Pferd. Der Totengott hat in diesen Tagen viel zu tun in diesem Landstrich. Was kümmert euch ein Pferd?«
    »Es ist eben so«, antwortete Awin. Endlich war er nahe genug, um sich auf Art der Menschen mit ihr zu unterhalten. Sie trug immer noch den etwas zu weiten Hakul-Mantel, den sie inzwischen nicht nur mit roten Stofffetzen, sondern auch mit Federn geschmückt hatte.
    »Schmeckst du sie?«, fragte sie. »Die Vergänglichkeit, die diesen Ort durchdringt?«
    Awin sah sich um. Diesem Hügel haftete etwas Schwermütiges an. Niedriges Buschwerk und verkrüppelte Bäume hatten hier und dort Fuß gefasst, raues Gras deckte den Boden. Er entdeckte seltsame, schmale Erhebungen hier und dort. Erst auf den zweiten Blick erkannte Awin, dass es sich um die

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