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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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noch sehr lange dauern würde, bis sie wirklich hinter dem Horizont verschwunden war. Awin hielt sein Pferd an. Er sah, was die Windskrole meinte. Sie waren am Rand der Geisterebene angekommen. Zu ihren Füßen lag das Grünland.
    »Seht nur, dort brennt es«, rief Limdin und wies nach Westen.
    »Dort auch«, antwortete Tuge trocken, ohne sich die Mühe zu machen, irgendwohin zu zeigen. Das war auch nicht nötig, denn weit über das Land verstreut standen fast überall Rauchsäulen in der trüben Abendluft.
    »Viele einzelne Gehöfte, vielleicht auch ein oder zwei Dörfer«, meinte der Bogner nach einer Weile.
    »Dein Volk liebt das Feuer, scheint mir«, sagte Isparra spöttisch.
    »Ist das die Art, wie die Hakul Krieg führen?«, fragte Merege ruhig.
    Awin schwieg. Wie es aussah, ging Eri mit äußerster Härte vor. Es genügte ihm nicht zu plündern - er zerstörte.
    »Kein Hirte schlachtet die Ziege, die er noch melken will«, antwortete Tuge an seiner Stelle mit rauer Stimme. »Hier werden die Klans auf viele Jahre keine Beute mehr finden. Was für eine Verschwendung.«
    Die Kariwa warf dem Bogner einen feindseligen Blick zu und sagte: »Ist das alles, was dir dazu einfällt, Hakul?«
    »Seht, dort! Ist das die Stadt?«, rief Wela plötzlich.
    Awins Blick löste sich von den vielen Feuern im Westen und Nordwesten. Ein dunkler Wald, der unweit der Hochebene seinen Anfang nahm und sich schier unendlich weit in den Norden erstreckte, unterbrach diese Kette des Unheils. An seiner Ostflanke glitzerte es. Das musste der Fluss Jurma sein, von
dem der Yaman der Roten Hakul gesprochen hatte. Und dort stieg dichter Rauch auf. Ja, das musste Borre sein, die Stadt an der Brücke, und ganz ohne Zweifel hatten die Hakul sie bezwungen. Der Rauch war dick und verhinderte, dass sie viel erkannten. Nur, dass es ein großes Feuer war, das konnten sie sehen. Es war nicht mehr weit bis dorthin. Bei vollem Galopp vielleicht drei oder vier Stunden. Allerdings gab es ein Hindernis. Awin war abgestiegen und zur Kante gelaufen. Jetzt blickte er in die Tiefe.
    »Wenn das der kürzere Weg ist, den du meintest, Isparra, so können wir ihn nicht gehen«, stellte er fest. »Die Pferde kommen doch niemals diese Steilwand hinunter, und selbst ein Mensch müsste Glück haben, in diesen Felsen einen Weg zu finden.«
    Isparra glitt jetzt ebenfalls vom Rücken des Braunen und schritt langsam zur Kante. Sie sah hinunter. Als sie sich ihm zuwandte, sah Awin Ärger und Verunsicherung in ihrem Blick. »Der Wind hat ihn mir verraten. Ein kurzer Weg für einen Wind, aber nicht für die Sterblichen«, murmelte sie. Dann lächelte sie kalt. »Nun, es ist ein Weg. Wenn auch nicht für euch. Doch hätten wir uns ohnehin spätestens am Fluss trennen müssen.«
    »Augenblick«, sagte Awin, doch es war zu spät.
    Isparra sprang.
    »Was tut sie da?«, rief Tuge.
    Awin blickte ihr erschrocken nach. Es ging dort viele, viele Längen nach unten. Isparra stürzte nicht, fiel nicht - sie flog, beinahe wie eine Feder. Da, wo ein Mensch auf dem Fels zerschmettert worden wäre, landete sie sichtlich weich und sprang wieder. Weit bauschte sich ihr graues Gewand. Dreimal sprang sie, dann war sie unten angekommen und lief weiter.

    Stumm blickten ihr die Hakul noch eine ganze Weile nach.
    »Dieses verdammte Weib!«, fluchte Tuge endlich.
    »Ich bin froh, dass wir sie los sind«, meinte Wela.
    Awin starrte dem grauen Punkt hinterher, der schnell über die Ebene lief, bis er ihn in einem kleinen Wald aus den Augen verlor. Er fühlte sich erleichtert, sie nicht mehr im Sattel hinter sich wissen zu müssen, aber Isparra hätte auch eine machtvolle Verbündete sein können, und nun war sie fort.

Grünland
    EINE WEILE NOCH starrten die Hakul in die Ebene hinab, obwohl Isparra bald nicht mehr zu sehen war.
    »Yeku sagt, wir sehen sie wieder«, meinte Mahuk trocken.
    »Ist er unter die Seher gegangen?«, fragte Awin unwirsch.
    »Nein, aber er wittert viel Wasser dort unten. Bäche. Sümpfe, Flüsse. Hält sie auf.«
    »Sie ist vielleicht nicht so wasserscheu, wie Slahan es war«, widersprach Tuge.
    »Wir sollten erst einmal sehen, wie wir selbst von dieser Ebene herunterkommen«, meinte Awin und stieg wieder auf sein Pferd. »Wir reiten nach Westen. Spätestens, wenn wir wieder auf den Weg für die Wagen stoßen, werden wir hinunter in das Grünland kommen. Und dann werden wir herausfinden, ob diese Unsterbliche schneller laufen kann als unsere Pferde.« Er schnalzte mit der Zunge

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