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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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nicht einmal in diesem kleinen Teil der Welt, der aus nicht mehr als ein paar Balken und Bäumen besteht. Du hattest Recht, als du sagtest, dass es keinen Frieden geben könne.«
    »Vielleicht … vielleicht kann ich helfen, Awin.«
    »Du?«, fragte Awin erstaunt.
    »Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht. Wir müssen weiter, und da du aus gutem Grund nicht willens bist, diese Menschen einfach ihrem Schicksal zu überlassen, müssen wir sie zum Frieden zwingen. Ich bin eine Kariwa, keine Hakul. Sie hören vielleicht eher auf mich als auf dich.«
    »Daran zweifle ich. Sie hören ja nicht einmal auf Akradhai. Und vielleicht glauben sie dir nicht einmal, dass du aus dem Schneeland stammst. Du reitest schließlich mit uns Hakul.«
    Merege lächelte. »Aber das färbt nicht ab, Awin von den Dornen. Außerdem habe ich Wege, sie zu überzeugen.«
    Awin stutzte. »Augenblick. Du willst deine Zauberkraft einsetzen?«
    Sie schüttelte den Kopf und sagte langsam: »Nein, das will ich nicht. Aber wenn es nicht anders geht, werde ich es tun. Wir verlieren Zeit, Awin, und das können wir uns nicht leisten. Es steht zu viel auf dem Spiel.« Sie zögerte, und ihre blassblauen Augen blickten unstet, als sie fortfuhr: »Es gibt auch Zauber, bei denen ich Uos Hilfe nicht brauche, und die sollten genügen, um den Grünländern zu zeigen, mit wem sie es zu tun haben.«
    Awin nickte und versuchte, seine Freude nicht zu deutlich zu zeigen. Er hatte nicht damit gerechnet, dass Merege je wieder zaubern würde, und als hätte sie seine Gedanken erraten, sagte sie jetzt: »Eines noch, Awin. Ich werde meine geringeren
Kräfte einsetzen. Uo werde ich nicht anrufen, weder heute noch in Zukunft.«
    Awin biss sich auf die Lippen. »Ich werde nicht von dir verlangen, den Gott des Todes um Hilfe zu bitten«, sagte er schließlich. Das würde er wirklich nicht, aber insgeheim hoffte er, dass die Kariwa, wenn die Umstände es erzwangen, ihren Vorsatz wieder vergessen würde.
     
    Kurz darauf schritt Merege aus dem Tor. Ein Stein kam aus dem Wald herangeflogen, aber er verfehlte sie. Sie ging langsam weiter, ihr langes schwarzes Haar wehte leicht im Wind. Auf der weiten Lichtung wirkte sie schmal und verloren. Sie hielt einige frisch geschnittene Zweige in der Hand.
    »Glaubst du, sie achten auf das Zeichen der Unterhändler?«, fragte Yaman Jeswin.
    »Deswegen hat sie sie nicht mitgenommen«, erwiderte Awin.
    Ein weiterer Stein verfehlte die Kariwa äußerst knapp. Sie blieb stehen, breitete die Arme aus und rief: »Ich bin Merege von den Kariwa, Wächterin des Schwarzen Tores und Schützling Uos. Ich biete euch Verhandlungen - oder Tod!« Dann flüsterte sie leise einige Worte, streckte den linken Arm aus - und eine kleine Lichtkugel stieg aus ihren Fingerspitzen auf. Sie schwebte über Mereges Handrücken, verharrte einen Augenblick und stieg dann etwas höher. Es wurde totenstill, im Hof ebenso wie im Wald.
    »Bekomme ich eine Antwort?«, rief sie mit heller Stimme.
    Awin war, als würde er aus dem Wald leise Stimmen hören. Offenbar berieten die Männer. Merege flüsterte wieder einige Worte. Plötzlich tanzten blaue Flammen über dem Wipfel einer Buche, teilten sich und sprangen dann vielfach aufgefächert über ihre Äste hinab, auf andere Bäume über und dann weiter in den Wald hinein, bis sie mit einem Zischen jäh erloschen.
Aufgeregte Rufe zeigten, dass es Merege gelungen war, die Grünländer zu beeindrucken, und ein Raunen lief auch durch die Reihen der Verteidiger. Awin bemerkte aber auch, dass Merege die meisten der Zweige, die sie mitgenommen hatte, jetzt fallen ließ. Sie hatte den Rest Leben, der in ihnen steckte, schon verbraucht.
    »Was willst du uns anbieten, Kariwa?«, fragte endlich eine raue Stimme aus dem Dickicht.
    Awin atmete erleichtert auf.
    »Verhandlungen«, rief Merege. »Dort in der Mitte der Lichtung.«
    »Wir verhandeln nicht mit Hakul!«
    »Dann verhandelt mit Akradhai.«
    »Wirst du dabei sein?«, fragte die Stimme nach einer kurzen Pause.
    »Wenn du es wünschst«, antwortete Merege.
    »Nur du und der Ore dieses Hofes. Niemand sonst«, forderte die Stimme.
    »Und zwei von euch! In einer Stunde«, rief Merege hinüber.
    »So sei es«, schallte es aus dem Wald.
    Awin, der gehofft hatte, dass es nun schnell gehen würde, sah sich getäuscht. Das Treffen begann am frühen Nachmittag, und es zog sich hin bis zur langen Dämmerung.
    »Ich hätte Praane sagen sollen, dass er nicht zu viel feilschen darf«, brummte

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