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Der Sohn des Sehers 03 - Renegat

Titel: Der Sohn des Sehers 03 - Renegat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Awin.
    Nokke, der neben ihm am Tor stand, meinte: »Es dauert eben. Wir Akradhai sind gründlich in solchen Sachen. Ich bin sicher, der Grünländer hat bis ins Einzelne aufgezählt, was er von uns verlangt. Außerdem wird er seine Verluste nennen. Es sind Männer gestorben, auf beiden Seiten dieses Wehrzaunes. Ich wundere mich, dass er keine Sühne von euch fordert, Yaman Awin.«

    »Von uns? Er würde nichts bekommen, Nokke. Es war ein ehrlicher Kampf. Wir verlangen und wir geben keine Sühne nach offener Schlacht.«
    »Unsere Bräuche sind wohl anders. Wir Akradhai kämpfen nicht oft. Schon gar nicht gegeneinander.«
    »Mir war, als hättest du gesagt, dass Praane einen tiefen Groll gegen die Akradhai auf der anderen Seite des Flusses hegt.«
    »Groll ist kein Kampf, Yaman«, erwiderte Nokke ausweichend.
    »Und verrätst du mir den Grund für seinen Zorn?«
    »Ich denke, das solltest du ihn selbst fragen, Yaman.«
    »Natürlich«, seufzte Awin. Er sah hinüber zu der kleinen Feuerstelle, an der Merege mit den drei Akradhai saß und seit vielen Stunden nur zuhörte. Es schien, als würde sie nicht viel zu den Verhandlungen beitragen, aber vielleicht wurde sie als eine Art Schiedsrichterin gebraucht.
    Endlich kamen die Verhandlungen zu einem Ende. Merege und die Ackerleute erhoben sich, und die Männer reichten einander die Hände. Plötzlich ging alles sehr schnell. Noch in der Dämmerung schafften die Hofleute Rinder, Schafe, Ziegen, Säcke mit Getreide und allerlei Ackergerätschaften hinaus auf die Lichtung, und die Grünländer erschienen und schleppten es fort.
    »Was haben sie vereinbart?«, fragte Awin Merege, die im Tor stand und dem Austausch zusah.
    »Sie haben zugegeben, dass ihre Ansprüche schwach sind und sich schließlich mit der Hälfte des Geraubten zufriedengegeben. Es ist immerhin besser als nichts. Und die Waldleute haben sich verpflichtet, drei Jahre lang jeder Sippe eines Getöteten im Winter ein Wolfsfell zu bringen. Übrigens auch für die Männer, die von den Hakul getötet wurden.«
    »So ist es«, sagte Praane, der dazukam. »Wir werden also eure Schulden bezahlen, wenn du so willst, Yaman Awin.«

    »Du hast eine eigenartige Sicht der Dinge, Ore Praane«, antwortete Awin. »Ich glaube nicht, dass ihr den Angriff überstanden hättet, wenn wir nicht gekommen wären.«
    »Wir sind zäh«, widersprach Praane, »und zur Not hätten wir uns tief in den Wald zurückgezogen, dahin, wohin uns die Grünländer niemals gefolgt wären.«
    »Wenn du es sagst, Ore«, meinte Awin.
    Ore senkte seine Stimme. »Du hast es vielleicht noch nicht begriffen, Hakul, aber gleich hinter diesem Hof beginnt das Reich der Unsichtbaren. Es ist gefährlich dort, sehr gefährlich. Es stimmt schon, diese Menschen gehen uns meist aus dem Weg, aber sie sind unberechenbar. Drei meiner Jäger sind in diesem Wald schon verschwunden, und die haben sicher weder Bär noch Wolf geholt.«
    Awin nickte nachdenklich. »Und sie stehen unter dem Schutz einer Alfskrole?«
    »Der Behüterin«, berichtigte Praane. »Doch gesehen hat sie noch niemand. Angeblich lebt sie in einer Grotte am Rande der Nebelsümpfe, doch ich kenne den Weg dorthin nicht und will ihn auch nicht kennen. Ich nehme an, du hast nichts dagegen, dass ich euch auf anderen Pfaden nach Luuta führe.«
    »Luuta?«
    »Eine unserer Siedlungen. Sie liegt fast am nördlichen Ende des Waldes, jenseits der Jurma. Dort kommt ihr leicht über den Fluss und weiter ins Kornland, wenn ihr wollt.«
    Awin runzelte die Stirn. »Natürlich wollen wir das. Oder hast du noch einen besseren Weg für uns?«
    »Vielleicht, Hakul. Doch kann ich erst in Luuta sagen, ob er euch offen steht.«
    »Und wie soll der aussehen?«, fragte Yaman Jeswin, der gerade dazugekommen war und den Grünländern nachblickte, die schwer bepackt im Wald verschwanden.

    »Ich habe meine Gründe, euch das erst zu sagen, wenn wir dort sind.«
    »Da soll doch einer aus diesem Menschen schlau werden«, brummte Jeswin, als Praane wieder hinaus auf die Lichtung gegangen war, um die Übergabe abzuschließen.
    »Er führt uns, das ist die Hauptsache«, meinte Awin mit einem Achselzucken.
    Yaman Jeswin kratzte sich am Bauch. »Und du traust ihm?«
    »Ja, allerdings nicht blind«, erwiderte Awin.
     
    Noch in der Nacht hoben die Hofleute ein Grab für ihre drei Toten aus. »Unser Schnitzer wird morgen einen geeigneten Stamm aussuchen, der ihre Seelen aufnehmen wird. Ist er erst einmal geweiht, werden sie von dort über

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