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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Vespermahl.«
    Sie legte die Hand auf den Bauch. »Ich glaube nicht, dass ich allzu viel Hunger haben werde.«
    »Bis später«, sagte ich und folgte Julia durch die offen gelassene Tür die Treppe hinunter.
    Im Kontor stand ein aufwendig gekleideter Mann, den sein Putz älter erscheinen ließ, als er bei näherem Hinsehen war. Ich nickte ihm zu, und er nickte so knapp zurück, dass mir klar war, er hielt mich für einen der Bediensteten des Hauses. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich gleich darauf, wie er sich herumdrehte und mir nachsah, als ich durch Janas kleines Kontor schritt und von den Schreibern ehrerbietig begrüßt wurde.Ich war in Krakau ein bekannter Mann – weniger wegen eigener Leistung, sondern wegen des unerhörten Umstandes, dass ich in all den Jahren niemals versucht hatte, meiner Gefährtin die Führung des Geschäfts zu entreißen; und selbstverständlich der Tatsache wegen, dass wir bis heute noch keinen Priester aufgesucht hatten, um den kirchlichen Segen für unsere Verbindung zu erflehen (natürlich hatte es anfangs nicht nur Gerede gegeben, sondern auch das eine oder andere vermasselte Geschäft, wenn einem Handelspartner die Bigotterie über den Geschäftssinn ging). Mittlerweile hatte man sich daran gewöhnt; ein bunter Hund war ich dennoch.
    Ich spürte eine närrische Genugtuung, als ich mir vorstellte, dass Janas hochmütiger Besucher sich vermutlich fragte, ob ich wohl der merkwürdige Kerl sei, mit dem die erfolgreiche Jana Dlugosz ihr Leben teilte – und dass er sich in den Hintern biss, es vor lauter Arroganz versäumt zu haben, mich in ein neugieriges Gespräch zu ziehen.

    Der Laden, der zu Janas Handelshaus gehörte und in dem in schöner kaufmännischer Tradition all das für teures Geld verkauft wurde, was ihre Agenten und Handelsreisenden auf ihren Touren von den Geschäftspartnern geschenkt bekommen oder auf andere Weise günstig ergattert hatten, lag dem Eingang des Hauses Dlugosz schräg gegenüber. Jana hatte das Untergeschoss des Hauses angemietet; im Obergeschoss hausten der Eigentümer des Gebäudes und seine Familie und freuten sich täglich nach Kräften darüber, dass Janas Mietzins ihnen den größten Teil des Lebensunterhalts abnahm. Die weite, freie Fläche, die sich zwischen diesem Haus und dem nächsten die Gasse hinauf erstreckte, gehörte Jana ebenfalls; ihrem Vater war es gelungen, sie im Zuge der Umbauten, die mit der Universität in der Sankt-Anna-Gasse zu tun hatten, zu erstehen, und seitdem war die Rede, das Haus Dlugosz dort neuer, größer und schöner aufzubauen. Irgendwie hatte es wohl immer zu viel Arbeit gegeben, um diesenPlan umzusetzen; oder der Dlugosz’sche Pragmatismus hatte verhindert, Geld für ein neues Haus auszugeben, wenn das Dach des alten noch dicht war … der gleiche Pragmatismus im Übrigen, der bis jetzt auch verhindert hatte, mit Haus und Kontor gleich zum Marktplatz umzuziehen, wie es das heimliche Ziel der meisten erfolgreichen Kaufleute in Krakau war. Die Gasse, in der das Haus Dlugosz lag, war nur wenige hundert Schritte vom Marktplatz entfernt; doch vor knapp zwanzig Jahren waren die jüdischen Kaufleute, die in der Judengasse gelebt hatten, genötigt worden, ihre Grundstücke (und die Synagoge) für den Neubau der Universität herzugeben und in die parallel verlaufende Sankt-Thomas-Gasse umzusiedeln (und sorgten damit für die fällige Namensänderung, die bei den älteren Leuten noch heute zur Verwirrung beitrug: Die alte Judengasse wurde nun in Sankt-Anna-Gasse umbenannt, während die alte Sankt-Thomas-Gasse die neue Judengasse wurde – ein Ortsfremder wurde somit, je nachdem, wen er fragte, in der Regel in aller Unschuld in die Irre geschickt). Die Gasse, in der Janas Haus lag, verband die Sankt-Anna- mit der Judengasse und wurde über die Jahre hinweg selbst ein Teil davon – entsprechend wurde die Lage des Hauses Dlugosz herabgewertet. Wahrscheinlich trug Janas gelassene Ignoranz dieser Tatsache ebenso viel zum Klatsch ihrer Gildekollegen bei wie meine geschätzte Existenz.
    Ich ließ die beiden teuer gekleideten Knüppelträger, die vor unserem Hauseingang herumstanden und dem Herrn den Tag stahlen, stehen. Offensichtlich waren sie die Begleitung des noch teurer gekleideten Herrn, den Jana erwartet hatte. Ihre Schuhe waren trotz des wegen der Enge unserer Gasse stets feuchten Straßenlehms sauber; Janas Besucher konnte keine weite Strecke zurückgelegt haben, um hierher zu gelangen. Paolos schmales Gesicht war

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