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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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Miechowita vor einem Berg von Schulden stehen, deren Zinsen mit jedem verstreichenden Tag um einen astronomischen Betrag anstiegen.
    Was ist schon ein Mann wert, der es nicht wagt, ein Risiko einzugehen?
    Was ist schon ein Kaufmann wert, der sich nicht vorher so weit wie möglich absichert, um die Verluste klein zu halten?
    Miechowita suchte nach einem Partner, um die Bürde gemeinsam zu schultern. Großes Risiko – großer Gewinn: die reichen Ländereien Ungarns und am Ende der Unternehmung: Baron Miechowita, Baron Partner …
    »Das Zeichen des Hauses Dlugosz wäre ein Wappen geworden«, sagte ich.
    »Ich hätte den Ruin unserer beiden Firmen damit abwehren können«, sagte Jana.
    »Warum du?«
    »Die Hollwegs und Wierzigs dieser Welt hätten ihm nicht einmal zugehört.«
    Miechowitas Plan war tollkühn. Auf ihn eingehen würde nur, wer so ehrgeizig war wie er selbst oder vollkommen verzweifelt. Der Ehrgeiz der deutschen Patrizier jedoch erschöpfte sich darin, das Erreichte festzuhalten. Also musste Fryderyk Miechowita sich nach einem Partner umschauen, der verzweifelt genug war, um zu glauben, seine Lebensmission sei gescheitert, und von dem Grundsatz überzeugt, dass außergewöhnliche Situationen außergewöhnlicher Maßnahmen bedurften.
    »Ich hätte dir abgeraten«, sagte ich. »Mit einem Fürsten Geschäfte zu machen dient nur einem Einzigen: dem Fürsten.«
    »Ich weiß. Darum habe ich ja geschwiegen.«
    »Was wolltest du Miechowita jetzt mitteilen? Dass du dir es anders überlegt hast und nicht seine Partnerin werden willst?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich wollte unseren Vertrag rückgängig machen. Verstehst du, Peter – ich habe schon zugesagt!«

    Das Gewitter, das sich auf seinem Weg von Westen nach Osten in Richtung Krakau gewälzt und dabei ständig an Macht zugenommen hatte, war nur noch wenige Meilen westlich des Prämonstratenserklosters Sankt Augustin gewesen, als sich ein Bruchteil seiner Gewalt entladen und die beiden Blitze vorangeschickt hatte. Die Sturmböen, auf denen seine Massen vorwärts getragen wurden, ritten ihm bereits voran in die Gassen der Stadt, aber das Unwetter selbst – zögerte. Die Wolken waren schwer von Regen und dunkel vor Bösartigkeit, und sie verlangten danach, zu bersten. Aber da war die Stadt, und sie war ein Hindernis, das sich plötzlich aus dem flachen Weichseltal erhob, in dessen weiter Spur das Unwetter entlanggerollt war. Die Hügel, die sich direkt östlich hinter Krakau erhoben und um die die Weichsel herumfloss, waren ein weiteres Hindernis. Wie ein Heerzug, der sich vor einer Hügelkette staut und Zeit braucht, um sich umzugruppieren und das Hindernis zu überwinden, staute sich die Hauptmasse des Gewitters vor Sankt Augustin. Es schickte seine Blitze über die Stadt, wie um zu sehen, von welcher Art die Blockade war, die es aufhielt; es fuhr mit seinen Sturmböenfingern in die Gassen, wie um auszuprobieren, ob es das Hindernis niederreißen konnte; aber es sparte sich seine eigentliche Gewalt, seine donnernden Regengüsse, seinen peitschenden Hagel, seine Sturmwirbel und seine höllenheißen Blitze und sein Donnergebrüll, mit dem es Scheiben zum Bersten bringen konnte, auf. Es kumulierte seine Kraft, es pumpte sich auf, es sammelte die Macht der kleinen Gewitter, die in seiner Nachhut segelten, undsaugte sie in seinen eigenen Leib, es atmete ein und atmete ein und fraß und schöpfte und blähte sich, bis seine Wolkenleiber zum Platzen voll waren mit Energie. Bald würde seine schiere Kraft es weiterschieben, auf das Hindernis der Hügelkette zu, über die Stadt hinweg – und dann würde es seine Wut entladen, und aus Dunkelheit würde Licht und aus Licht Dunkelheit werden; die Winde würden losgelassen und die Wasser sich ergießen, die Kraft der Schöpfung würde sich in die Macht der Zerstörung verwandeln, und was immer die Menschen an Gutem wie an Bösem tun würden, in seinem Wüten wäre alles gleich, und seine Finsternis würde alles bedecken.
    An seinem Ende würde es keinen geben, der nicht das verloren hätte, was ihm teuer war.

    Dinge, die ich erst viel zu spät erfuhr:
    Daniel, der sich mit einem von Janas Knechten erneut das Judenviertel vorgenommen hatte, drosch an jede Tür, aber die Angst der Juden war stärker als alle Hartnäckigkeit, die ich Daniel zurecht unterstellt hatte. Niemand öffnete die Tür für einen jungen Mann, der nach jedem erfolglosen Versuch wütender und sein Geschrei lauter wurde; in ihren Kammern, in den

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