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Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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kamen der trocken-staubige Geruch von Federn und das Aroma von Gänsemist in das Zimmer. Ich lehnte mich hinaus, um nachzusehen, woher der Radau kam.
    Der Himmel war bereits einheitlich schiefergrau. Wenn ich mich weit vorbeugte und nach links schaute, konnte ich das goldene Schimmern sehen, das ihn im Osten überzog. Es mochte um die fünfte Stunde nach Mitternacht sein; nicht unbedingt eine unübliche Zeit, um das Tagwerk zu beginnen – es sei denn, man hatte so schlecht geschlafen wie ein Pilger im Straßengraben. Ich fuhr mir mit der Hand über das Gesicht und blinzelte in die Gasse hinunter.
    Irgendein Unseliger, von dem ich aus meiner Perspektive nur eine spitze Mütze, darunter den braunen Kittel eines Bauern und noch weiter darunter ein Paar bloße Füße sah, die gemütlich durch die frische Gänsekacke schlurften, trieb eine Heerschar von Gänsen durch unsere Gasse. Vermutlich plante er den Weg am Nordostrand des Tuchmarktes entlang bis hinter den Dom zu nehmen, um die Tiere zum Fleischmarkt zu treiben. Wenn er die parallele Gasse etwas weiter vorn genommen oder seine Gänse an der Mauer entlanggetrieben hätte, wäre ich ihm nicht böse gewesen. Die Gänse zeterten und verliehen ihrer Meinung darüber, dass sie zum Markt und damit zum Schlachtermesser getrieben wurden, lautstark Ausdruck.
    »Rom ist schon gefallen«, krächzte ich. »Ihr seid tausend Jahre zu spät dran.«
    Als ich gestern Abend in Janas Arbeitszimmer zurückgekommen war, war es verlassen gewesen. Ich hatte sie und Paolo im Saal gefunden, wo sie dem Jungen dabei zusah, wie er sein Abendmahl verschlang. Ihr eigenes Essen ließ sie völlig unberührt. Paolos Kindermädchen war am anderen Ende des Tisches gesessen und hatte lautlos etwas zusammengenäht, das nach einem von Paolos Hemden aussah. Die Situation wäre zu retten gewesen, wenn ich nicht auf den dritten Teller gedeutet und gefragt hätte, ob dieser für mich gedacht sei oder für unseren leider vorzeitig verabschiedeten Gast. Jana war aufgestanden, hatte mich angestarrt und erklärt, dass ich an manchen Tagen bis in den allerkleinsten Gedanken im hintersten Winkel meiner Seele hineinblicken lasse, und war mit der Haltung einer Königin aus dem Saal geschritten. Paolo, verwirrt und ohne Ahnung, weshalb seine Eltern mit Worten fochten, die sich harmlos anhörten und doch schärfer waren als gewetzte Messer, hatte den Löffel sinken lassen und mich mit großen Augen angeschaut.
    »Iss«, hatte ich geseufzt, »es genügt, wenn zwei Narren unter diesem Dach der Appetit vergangen ist.«
    »Warum ist die Mutter gegangen?«
    »Sie ärgert sich über mich.«
    Er hatte eine Weile überlegt. »Ich dachte, sie ärgert sich über den Mann.«
    »Über Miechowita? Nein, über den ärgere ich mich.«
    »Weil sie doch miteinander gestritten haben.«
    »Weil sie was haben?«
    »Als Sie in das Zimmer gegangen sind – ohne vor der Tür zu husten!«, er hatte mich ernst angeschaut ob meines Fehlverhaltens, »hatten die Mutter und der Mann vorher gestritten.«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Weil ihre Augen so gefunkelt haben. Sie funkeln auch immer, wenn ich so lange etwas von ihr will, das ich nicht haben darf, bis sie mit einer komischen Stimme sagt: Paolopeterkarol, du bist so hartnäckig wie eine Witzlaus.«
    »Eine Filzlaus«, hatte ich unwillkürlich gesagt und gedacht: Liebes Söhnchen, die Augen deiner Mutter haben ganz anderer Gefühle wegen gefunkelt.
    Jetzt, nachdem ich mich gewaschen und eines der bastumwickelten Hölzchen verwendet hatte, um meine Zähne zu säubern (eine Tätigkeit, die mich endlich ganz erwachen ließ, denn in Janas Haus waren zerquetschte Kardamomsamen und getrocknete Minzblätter in den Bast verwoben, und mein Mund brannte hinterher wie nach einem herzhaften Biss in eine Meerrettichwurzel), stapfte ich an unserem Schlafzimmer vorbei und zögerte. Die Tür war geschlossen … ich redete mir ein, ich wäre eingetreten, wenn sie offen gewesen wäre, und machte mich auf den Weg zum Saal.
    Die Flügeltüren waren angelehnt; ich hörte Paolos Stimme, der eine der Anekdoten des Goldschmieds wiederzugeben schien. Es hörte sich derart nach einer Normalisierung der Verhältnisse an, dass ich einen Augenblick lang geneigt war, Paolos Version der gestrigen Szene zwischen Jana und Miechowita zu glauben und mich selbst einen misstrauischen Idioten schimpfte. Doch es war nicht Jana, der Paolos verwickelter Geschichte lächelnd zuhörte, sondern Friedrich von Rechberg. Er sah auf

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