Der Sohn des Tuchhändlers
Kopf herum. Paolo kreischte. Ich beobachtete lächelnd, mit welcher Ungezwungenheit der sonst so schüchterne Paolo mit dem Münzmeister umging. Lediglich mit Mojzesz Fiszel war er noch unbekümmerter. Rechberg setzte ihn wieder ab, und Paolo rief: »Nochmal!«
»Nachher«, sagte ich. »Friedrich möchte mir was erzählen.«
»Eine Geschichte?«
»Eine seeeehr komplizierte, seeeehr langweilige Geschichte«, erklärte Friedrich.
»Ist es die, wegen der der Herzog Sie aufhängen will?«
»Niemand will Friedrich aufhängen!«, rief ich. Der Münzmeister bemühte sich um ein Grinsen. »Lauf voran und … hier, da hast du ein paar Münzen … verteil sie gerecht unter den Bettlern.«
»Da, nimm von mir auch ein paar. Die Armen sind der Weg der Reichen zum Seelenheil – vielleicht schubst mich einer von den armen Teufeln ein paar Schritte in die richtige Richtung.«
»Nur dem, der ohne Hintergedanken gibt, wird wiedergegeben«, dozierte ich.
»Das hat Gott gesagt, bevor er die Kaufleute erfand.«
Ich lachte und sah Paolo zu, der im Hüpfen versuchte, das Geld in seiner Hand zu zählen. »Du hast hier eine verfluchte Position, das habe ich dir schon ein paar Mal gesagt. Nicht, dass es dir helfen würde, wenn ich das sage. Aber mehr oder weniger für den König Kreditverhandlungen zu führen, ohne dass der König sich dabei selbst blicken lassen würde, und das Ganze nur, um das geliehene Geld dann mitzunehmen und nach Landshut zu tragen …«
»Ja, ich bin so ziemlich jedermanns bester Freund. Wenn ich in Venedig wäre und öffentlich ankündigen würde, gegen das derzeitige Ausfuhrverbot von Damaszener Stahl verstoßen zu wollen, könnte es nicht schlimmer sein. Es gibt jedoch neuerdings eine Änderung der Sachlage … nicht viel, nur eine Art kleiner Hoffnungsschimmer …«
»Ist es das, worüber du mit mir reden wolltest? Des Briefes wegen hättest du auch einen deiner Knechte schicken können.«
»Na ja, bei aller Freundschaft … ich kann es wohl nicht leugnen …«
»Ich bin nicht böse«, sagte ich. »Wir wissen beide, dass du keine Ausrede brauchst, wenn du mich um etwas fragen willst.«
Er lächelte und klopfte mir leicht mit der Faust gegen den Oberarm. »Die Sache ist die: In der Kanzlei des Königs hat man durchblicken lassen, dass man Adelstitel und Grundbesitz in Ungarn als Sicherheiten für die Kredite bieten würde. Wenn ich allerdings offen darüber rede, dann wird man leugnen, jemals so etwas gesagt zu haben.«
»Kein Wunder. Ungarn gehört ja auch noch nicht der polnischen Krone.«
»Aber man ist wohl zuversichtlich, dass es nicht mehr lange dauern wird. Wenn allerdings ruchbar würde …«
»… dass König Kasimir schon das Fell des Bären verteilt,bevor dieser gefangen ist, empört sich ganz Ungarn, und er kann seine Hoffnungen begraben.« Ich dachte nach. »Wenn du nun von mir wissen willst, ob es einen Kaufmann in der Stadt gibt, der darauf eingehen würde, dann kann ich dir sagen: Jana oder ich würden es nicht tun. Nur ein Verrückter ließe sich darauf ein. Oder einer, der nichts mehr zu verlieren hat und sich in einer Sackgasse fühlt … aber von dem kannst du kein Geld erwarten … oder einer, der so geil darauf ist, sich über seinen Stand hinauszuheben, dass er jede noch so geringe Chance dazu ergreifen würde.«
»Der Kanzler meint, davon gäbe es ein paar hier in der Stadt.«
»Der Kanzler meint auch, dass der König übermorgen Ungarn in der Hand hält.«
»Ich habe mir schon gedacht, dass du das sagen wirst …«
»Das Beste wäre, der König würde bei denen um Hilfe nachsuchen, die immer seine Freunde waren«, sagte ich vorsichtig.
»Die Juden?« Friedrich blieb stehen und sah mich groß an. »Wo hast du das gehört?«
Ich hob beide Hände. »Nirgendwo«, log ich und dachte an Mojzesz und daran, dass der eine meiner Freunde mich in die Situation manövriert hatte, dass ich den anderen anlügen musste. »Aber wäre das nicht die Lösung? Vielleicht braucht es nur das Zünglein an der Waage, damit der König sich so entscheidet. Vielleicht müsstest du ja dieses Zünglein sein …?«
»Der König kann die Hilfe der Juden nicht in Anspruch nehmen!«, rief Friedrich. »Er hat ihnen erst vor ein paar Monaten fast jede Geschäftstätigkeit untersagt, hauptsächlich den Kreditverleih. Wenn er jetzt Geld von ihnen nimmt, gibt es einen Aufstand der christlichen Kaufleute, und es heißt, der König gibt Anweisungen, aber er ist der Letzte, der sich daran hält!«
»Das
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