Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sohn des Tuchhändlers

Der Sohn des Tuchhändlers

Titel: Der Sohn des Tuchhändlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
Vom Netzwerk:
schlecht gelaunt wie der König.« Er wurde ernst und sah mir in die Augen. »Was hat er gesagt?«
    »Er denkt noch drüber nach.«
    »Ob er Josseles Angebot annehmen wird?«
    »Nein, wie viel er annehmen wird.«
    Mojzesz stieß einen Seufzer aus. »Ein Mann mit Verstand, dem einzigen Gott sei Dank. Du hast es geschafft!«
    »Weigel mag Verstand haben oder auch nicht, und er mag das Beste für die Stadt und das Patriziat wollen mit jedem Atemzug, den er tut, aber ich fühle mich, als hätte ich mich mit Schleim beschmiert. Lass mich nach Hause gehen, Mojzesz; ich habe mit ihm vereinbart, dass er mir einen Boten schickt, wenn er mit Nachdenken fertig ist, und dann werde ich dir Bescheid geben. Und jetzt muss ich etwas klären – und mir danach die Hände waschen.«
    »Es tut mir Leid, Peter.«
    »Ja«, sagte ich.
    Er gab den Weg frei. Ich starrte ihn finster an, aber ich war nicht in der Lage, seinem dankbaren Blick lange standzuhalten. Er legte mir eine schwere Pranke auf die Schulter und drückte. »Ich mach es wieder gut«, sagte er leise. »Du hast uns sehr geholfen. Du bist einer von den Aufrechten, Peter.«
    Ich dachte an das Geschacher, das sich angeschlossen hatte, nachdem Laurenz Weigel klar geworden war, dass jemand anderer dafür bezahlen würde, dass die Ehre seiner Tochter bewahrt blieb. »Ich fühle mich nicht so«, sagte ich und ließ ihn stehen.

    Die Schreiber im Kontor im Erdgeschoss schreckten auf, als ich hereinstapfte. Als sie mein Gesicht sahen, warfen sie sich Seitenblicke zu.
    »Wo ist die Herrin?«
    Einer von ihnen deutete zur Treppe, die nach oben führte. Ich nahm zwei Stufen auf einmal und polterte über den Bretterboden im Obergeschoss. Julia stand im großen Saal und sah zu, wie eine Dienstmagd das Feuer im Kamin in Gang brachte. Erwarteten wir Gäste?
    Erwartete Jana Gäste?
    Einen guten Nachbarn?
    »Wo ist Jana?«
    Julia starrte mich an. »In Ihrem Zimmer …«, sagte sie.
    »Ist sie allein?«
    »Nein …«
    Ich wandte mich ab und marschierte zum Saalausgang. Auf halbem Weg kehrte ich wieder um und baute mich vor Julia auf. Sie trat unwillkürlich einen Schritt zurück und stieß mit dem Rücken gegen den Kamin.
    »Falls sie dir aufgetragen haben sollte, keine Störung zuzulassen, dann vergiss es. Ich werde sie stören.«
    »Herr Bernward«, brachte sie hervor. »Hat sie Ihnen denn noch gar nichts gesagt …?«
    »Nein, zum Henker«, stieß ich hervor und spürte, wie mein Herz sank und jeglicher Zorn darin einem plötzlichen kalten Schrecken wich. »Das ist auch nicht nötig. Ich habe Augen, um zu sehen.«
    Ich stürmte hinaus. Meine Gedanken waren ein unklarer Wirbel und in meinen Beinen ein Gefühl, als wären meine Muskeln gelähmt und meine Knochen brüchig. Der Weg zum Schlafzimmer war länger als sonst; lang genug, um mich kurzatmig zu machen. Ich riss die Tür auf und stolperte durch den Raum, als die Tür zu Janas kleinem Zimmer aufflog und Jana darin erschien. Ich blieb stehen wie gegen eine Mauer geprallt.
    »Wir müssen reden«, sagte ich und hatte es, als ich das Haus betrat, wie eine wütende Anklage klingen lassen wollen. Ich hörte mich selbst reden: Ich klang atemlos wie ein alter Mann.
    Jana holte tief Atem und ballte die Fäuste. »Ja, wir müssen reden«, zischte sie und tat einen Schritt auf mich zu. Ihre Augen blitzten vor Wut. Hinter ihr trat die hochgewachsene Gestalt eines Mannes in die Tür, der sich bücken musste, um unter dem Türsturz hindurchzukommen. Ich sah einen Hut in seiner Hand und wippende Hutfedern. Er richtete sich auf, sah mich an, grinste schief und schüttelte den Kopf dabei. »Und glaub mir, mein Lieber, dir werden die Augen übergehen dabei!«
    Ich zeigte mit dem Finger auf den Mann, der aus Janas Zimmer gekommen war. Ich versuchte etwas herauszubringen und konnte nicht.
    »Daniel«, sagte ich schließlich nach dem dritten Anlauf.
    Er breitete die Arme aus. »Wie er leibt und lebt. Was nicht Ihnen zu verdanken ist, Vater.«
    Jana stellte sich so dicht vor mir auf, dass sie mir beim nächsten Schritt auf die Füße getreten wäre. »Was fällt dir eigentlich ein?«, rief sie. »Wochenlang rennst du jeden Tag die Tore der Stadt ab, obwohl du weißt, dass deine Kinder noch gar nicht da sein können, und jetzt, wo du es weißt, kümmerst du dich um nichts und treibst dich stattdessen mit deinem Pechvogel von einem Freund auf dem Markt herum. Und sag mir bloß nicht, du hättest irgendetwas Wichtiges vorgehabt: Meine Schreiber haben dich mit

Weitere Kostenlose Bücher