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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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gleichzeitig, dass er bleiben muss. Das Ganze ist gemischt mit Reue und Feuerwein.
Einen Augenblick später erhob sich auf der anderen Wiese lautes Geschrei. Man hörte aus den Wagen um Ruhe rufen und hölzerne Türen auf- und zugehen. Alle Leute, die wach waren, blickten interessiert hinüber. Einige der Maultiertreiber verließen den Geschichtenerzähler an der Feuerstelle und begannen, zu Gunsten einer lebhafteren Unterhaltung über die Straße zu spazieren.
Herm setzte sich ebenso wie Domenic auf und verfolgte das Ganze. Zwei Schattengestalten kämpften vor einem der Wagen, Fäuste flogen und verfehlten überwiegend ihr Ziel.
Schließlich kamen einige Leute aus den Fuhrwerken und versuchten die Streithähne zu trennen.
Die Rauferei war rasch vorüber, die lauten Stimmen aber blieben. Ein Mann fluchte auf alle Anwesenden und schlurfte davon. Er verschwand in einem Wagen und tauchte bald darauf mit einem ziemlich unhandlichen Bündel wieder auf. Er begann vom Lagerplatz zu trotten, eine Frau schrie auf ihn ein. Er drehte sich um und brüllte zurück.
Das ist der Mann, Onkel Ian – das ist Vancof Ich weiß nicht, wer die alte Vettel ist, die ihn anschreit. Es ist jedenfalls nicht das Mädchen, das ich heute Morgen gesehen habe. Ich habe noch nie eine Frau solche Dinge sagen hören, nicht einmal Mutter!
Du hast bisher ein sehr behütetes Leben geführt, Tomas. Sei nie überrascht, was für Ausdrücke einer Frau einfallen, wenn sie wütend ist. Nimmst du von dem Mann noch etwas wahr?
Nicht viel. Er ist wirklich ziemlich betrunken. Er will nur so weit wie möglich weg. Aber ich kann nicht sagen, ob er vom Fahrenden Volk weg will oder von den Männern, mit denen er vorhin gesprochen hat. Er scheint einfach von allem die Nase voll zu haben.
Wir können ihm nicht folgen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Ich glaube, er ist derart betrunken, dass er nicht weit kommen wird, Onkel Ian. Onkel Rafael ist manchmal so, wenn er mit Tante Gisela gestritten hat. Dann trinkt er bis zur Besinnungslosigkeit und schläft ein. Vancof scheint in einem ähnlichen Zustand zu sein.
Gut. Dann lass uns jetzt schlafen. Morgen verspricht ein interessanter Tag zu werden.
    11
    Lyle Belfontaine betrachtete den Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch. Es handelte sich um die Nachrichten, die er in den letzten beiden Tagen verschickt hatte und die alle ohne Antwort zurückgekommen waren. So etwas war noch nie passiert, und es verursachte ihm ein flaues Gefühl im Magen und rasende Kopfschmerzen. Es war, als wäre die Föderation aus der Galaxie verschwunden und hätte ihn wie einen Schiffbrüchigen auf Cottman IV zurückgelassen. Seit der Entlassung durch seinen Vater vor mehr als dreißig Jahren hatte er sich nicht mehr so hilflos gefühlt. Und er war so frustriert wie kurz vor jenen katastrophalen Ereignissen auf Lein III, als er gegen alle Regeln der Föderation eine planetarische Regierung zu stürzen versuchte. Das alles machte ihn nervös, seine Nackenhaare stellten sich auf, und er hatte beinahe so etwas wie eine Vorahnung, er könnte womöglich die damaligen Ereignisse noch einmal durchleben und sie diesmal zu seinem Vorteil wenden. Seltsam – dieser Planet schien ihm wirklich unter die Haut zu gehen, wenn er schon anfing, wie die abergläubischen Eingeborenen zu denken, die an solchen Unsinn glaubten.
    Miles Granfell betrat unangemeldet das Büro, seine Miene war nüchtern, nur aus den Augen blitzte eine unterdruckte Gefühlsregung. Seine Stiefel waren schmutzig, als wäre er über ein Feld gelaufen, das sonst stets ordentliche Haar war vom Wind zerzaust. Wortlos nahm er auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und streckte seine langen Beine aus.
    „Was ist los?“, knurrte Lyle und betrachtete finster den Stapel zurückgesandter Nachrichten. Er war gekränkt und geradezu versessen darauf, die schlechte Laune an seinem Untergebenen auszulassen. „Wo sind Sie gewesen?“ „Ach, ich bin so auf und ab spaziert auf dieser Welt.“ Belfontaine erkannte darin eine Art Zitat. Das Letzte, worauf er jetzt Lust hatte, war ein literarisches Quiz mit Granfell, aber er entschied sich dafür, Geduld zu wahren. „Was soll das heißen?“ Granfell grinste und schlug die Beine übereinander. „Ich habe gute Neuigkeiten. Regis Hastur ist tot.“ Statt Freude empfand Belfontaine Zorn bei diesen Worten.
    Davon hätte er doch gewiss vor seinem Untergebenen erfahren müssen. Mühsam beherrschte er seine Gefühle und fragte nur: „Wissen Sie das genau?“

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