Der Sohn des Verräters - 21
geheiratet, weil ich dich aufrichtig liebe, Kate, und es hat überhaupt keine Rolle für mich gespielt, ob du eine Telepathin bist oder nicht. Warum kannst du mir das nicht glauben?“ „Weil du mir nie die Wahrheit gesagt hast“, fauchte sie. „Warum sollte ich dir jetzt glauben, nachdem du mich jahrelang belogen hast?“
„Ist es wirklich so wichtig für dich?“ „Dass ich blind bin inmitten sehender Leute? Natürlich ist das wicht ig für mich, Herm. Oder dass sich möglicherweise herausstellt, meine Tochter kann Gedanken lesen. Wieso begreifst du das nicht?“ Herm verstand die Qualen, die seine Frau durchlitt, aber er ertrug es nicht, sich damit auseinander zu setzen. Er sagte sich, dass sie das Problem größer sah, als es war, und einen unnötigen Wirbel darum machte, anstatt einfach alles zu akzeptieren, so wie er es gern gehabt hätte. Warum musste sie die Dinge so komplizieren? „Wieso kannst du mir nicht einfach vertrauen und mich tun lassen, was ich tun muss?“ Er wollte nur seinem inneren Aufruhr entfliehen. Wenn sie doch einfach vernünftig wäre! Aber noch als er es dachte, wusste er, es war zu viel verlangt, Vernunft von Kate zu erwarten, wenn ihre Gefühle so aufgewühlt waren.
„Dir vertrauen? Ach, Herm! Ich glaube nicht, dass ich dir jemals wieder trauen kann.“ Er zuckte zusammen – das war ja schlimmer, als er gedacht hatte. „Wieso?“ „Weil du jedes Mal, wenn ich glaube, ich kann dir trauen, etwas Neues tust, das du mir nicht erklärst.“ Mit einem flauen Gefühl erkannte Herm, dass sie wieder einmal Recht hatte. Er hatte bereits zu viel für sich behalten und der Sache Schaden zugefügt, die ihm am teuersten war alles nur, um die Fäden in der Hand zu behalten. „Es tut mir Leid, aber ich kann es nicht ändern, Kate. Lass mich diese Angelegenheit erledigen und stell bitte keine Fragen mehr. Ich bin in ein, zwei Tagen zurück.“ Habe ich die Kraft, ihn zu verlassen, die Kinder zu nehmen und einfach zu gehen? Was, wenn er mit Terese Recht hat?
Ich habe die Mittel, um den Flug zu buchen, soviel ich weiß, aber kann ich überhaupt weg von Darkover? Wir sind mit Herms Diplomatenpass eingereist, oder? Ich hätte besser aufpassen sollen! Ich hätte vor Jahren darauf bestehen sollen, alles zu erfahren. Jetzt ist es zu spät! Jetzt sitze ich hier fest, womöglich für immer, und ich weiß nicht, ob ich das ertragen kann. „Ich kann dich nicht aufhalten“, sagte sie verbittert. Dann drehte sie sich um und ging mit eingezogenem Kopf hinaus.
Herm rührte sich nicht, nachdem sie gegangen war, sondern blieb neben dem Bett stehen, mit einem Gefühl, als hätte er eine Tonne Glasscherben geschluckt. Warum hatte er sich freiwillig gemeldet? Er kannte die Antwort, und sie gefiel ihm nicht. Er wusste, er wollte eine Weile von Katherine wegkommen, um in Ruhe über alles nachzudenken. Nein, das stimmte nicht – denken war das Letzte, was er wollte! Er wollte, dass sich dieses ganze Problem einer kopfblinden Frau auf wundersame Weise von selbst löste.
Sollte er zu Mikhail ins Arbeitszimmer gehen und ihm mitteilen, dass er nicht gehen könne? War seine Ehe wichtiger als Domenics Sicherheit? Und konnte seine Ehe diese Krise überstehen? Er hatte keine Ahnung, aber er wusste plötzlich, dass er die Burg verlassen, eine Weile von Frau und Kindern getrennt sein musste. Die Zukunft lag nicht in seiner Hand, und die Gegenwart sah sehr trostlos aus. Er musste einfach alles hinter sich lassen, und zwar auf der Stelle.
Herm knurrte. Nichts würde er hinter sich lassen, das wusste er genau. Er würde das Problem mitnehmen, und vielleicht würde er unterwegs eine Lösung finden. Er seufzte erleichtert, als er sich klar machte, dass Kate Darkover vorläufig nicht verlassen konnte. Sie würde noch da sein, wenn er wiederkam, und sie würde in der Lage sein, ihm zu vergeben. Sich etwas anderes vorzustellen, ertrug er nicht.
Er knöpfte das saubere Hemd zu, dann zog er das Übergewand darüber und legte sich den Gürtel mit der Tasche wieder um. Im Schrank hing ein Mantel aus brauner Wolle, der ihn ausreichend warm halten sollte. Er packte noch ein paar andere Dinge zusammen, die er für notwendig hielt: ein Messer, einen Feuerstein, ein zweites Hemd und – entgegen einem halben Dutzend Bestimmungen der Föderation – die Lumens , die er eingeschmuggelt hatte. Einen sinnlosen Moment lang wünschte er sich, er hätte eine Schusswaffe, obwohl ein solches Ding gegen den Pakt und gegen alles verstieß, was den
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