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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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Undankbares Frauenzimmer. Im ersten Moment war er versucht, sie laufen zu lassen und einfach weiterzuschlafen.
    Wo konnte sie schon hin? Die Leute vo m Fahrenden Volk saßen im Gefängnis von Carcosa, und sonst kannte sie niemanden.
    Dann fiel ihm ein, dass er das gar nicht mit Bestimmtheit wissen konnte. Das Fahrende Volk war schon früher im Jahr in Carcosa gewesen, und in den Vorjahren ebenfalls. Sie konnte hier Freundschaften geschlossen haben, von denen er nichts wusste, sie konnte aber auch mit einem der Söhne Darkovers bekannt sein. Mach kurzer Überlegung verwarf er die letzte Möglichkeit als unwahrscheinlich. Nichts im Tonfall von Mathias Gedanken ha tte darauf hingewiesen, dass junge Mädchen mit von der Partie waren. Aber sie könnte Vancof über den Weg laufen, und der würde bestimmt nicht zögern, sie anzugreifen.
    Jedenfalls konnte sie irgendwie zu Schaden kommen. Domenic wunderte sich selbst ein wenig, weil er sich so viel aus ihr machte, obwohl er sie erst seit kurzem kannte. Etwas widerstrebend prüfte er seine Gefühle für Illona. Er hatte sie von dem Augenblick an gemocht, in dem er sie zum ersten Mal sah, und das hatte sich nicht geändert, Das Mädchen hatte einfach etwas an sich – seinen Mut oder vielleicht nur der Unterschied zu den jungen Frauen, die er bereits kannte. Illona war grob und schlecht erzogen, aber sie war auch tapfer und hatte einen flinken Verstand.
    Domenic schwang die Beine aus dem Bett, zog Übergewand und Stiefel an und beschloss, ihr zu folgen. Nachdem er vorsichtig die Zimmertür geöffnet hatte, spähte er in den düsteren Flur hinaus und sah, wie sie eben den Treppenabsatz erreichte. Sie wartete und lauschte auf Geräusche von unten. Er sah, dass sie über der dürftigen Unterwäsche ein Gewand anhatte, das ihr zu groß war, und dass sie nichts an den Füßen trug. Dummes Ding. So würde sie nicht weit kommen. Sie musste wirklich verzweifelt sein, wenn sie versuchte, ohne Schuhe zu fliehen.
    Und wo wollte sie eigentlich hin? Er wartete, bis sie die Treppe hinabzusteigen begann, dann huschte er aus dem Zimmer und schloss leise die Tür hinter sich. Seine Stiefel knarrten ein wenig auf dem Holzboden, und Domenic wurde klar, dass das Mädchen schlauer war, als er gedacht hatte. Es war schwierig, in Stiefeln oder Schuhen herumzuschleichen.
    Domenic war noch nicht halb die Treppe hinabgekommen, als er unten ein Handgemenge hörte. Einer kreischenden Frauenstimme folgte ein unterdrückter Schmerzensschrei. Er stolperte ganz nach unten und fand das Mädchen in den Händen von Gregor MacEwan vor, einem der Gardisten. MacEwan fluchte wie ein Fuhrknecht, während Illona sich fest in seinen Unterarm verbissen hatte und mit dem Knie nach seiner Leiste zielte.
    „Du kleine Wildkatze“, fauchte der Mann und schüttelte sie heftig, während er versuchte, ihren wilden Tritten auszuweichen. Sie streckte die Hand vor und versuchte ihm das Gesicht zu zerkratzen oder die Augen auszustechen, was seine überlegene Körpergröße jedoch verhinderte. Immerhin riss sie noch das Oberteil seines Übergewands aus der Verschnürung, und das Geräusch von reißendem Stoffklang sehr laut in der Stille des Gasthofs.
    Irgendwie gelang es Illona, sich aus Gregors Griff zu winden, und sie hätte weglaufe n können, wenn Domenic sie nicht um die Mitte gepackt und festgehalten hätte. Es war, als umklammerte er einen Sack wütender Frettchen, sie trat nach hinten und krallte die Fingernägel in die Arme um ihre Taille.
    Schließlich stieß sie ihm den Ellbogen mit voller Wucht in die Rippen, und Domenic war schockiert, wie weh das tat. Mit einem dumpfen Aufschlag fiel er nach hinten, und Illona landete auf ihm. Im ersten Moment blieb ihm komplett die Luft weg. Sie war schwerer, als sie aussah!
    Bevor sie sich umdrehe n und auf ihn losgehen konnte, packte Gregor sie am Schlafittchen und zog sie von Domenic herunter; er hielt sie am ausgestreckten Arm, so dass ihre Füße hilflos über dem Boden strampelten. Sie kniff und kratzte weiter, aber an Gregors ausgestrecktem Arm fand sie kein Ziel außer dessen gut geschützten Unterarmen. Domenic setzte sich langsam auf, rieb sich die Rippen an der Stelle, an der sie ihn getroffen hatte, und stand auf.
    Ich muss weg von diesen Leuten. Ich muss wieder zum Fahrenden Volk.
Die Angst und der Schmerz in diesem inneren Schrei erschütterten Domenic. Er war weder auf so viel Kraft noch auf so viel Gewalttätigkeit vorbereitet gewesen. Wie sollte er oder irgendwer

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