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Der Sohn des Verräters - 21

Der Sohn des Verräters - 21

Titel: Der Sohn des Verräters - 21 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ähnliche n Gründen hatte er das Gefühl der Entfremdung von seinem Vater nicht angesprochen. Mikhail hatte im Augenblick eine Menge Probleme, und Domenic wollte keine neuen hinzufügen. Kurz, sein Brief war nicht so vollständig wie beabsichtigt, und er hatte sich deshalb der Unaufrichtigkeit durch Weglassung schuldig gemacht.
    Er überlegte, ob er das ganze Ding nicht einfach zusammenknüllen und in den Kamin werfen sollte. Er war sich seiner Unsicherheit bewusst, seiner Angst, zu viel oder zu wenig mitzuteilen, aber er war auch froh, dass er es überhaupt fertig gebracht hatte, zu schreiben. Nein, er würde den Brief abschicken. Wenn Duncan Lindir später nach Thendara ritt, wollte er das Schreiben dem alten Gardisten mitgeben. Seine Mutter würde sich freuen, wenn sie es erhielt, und das reichte.
    Domenic hatte gerade zu Ende gelesen, als Illona hereinkam. Ihr drahtiges rotes Haar war gebürstet und gekämmt, und man hatte es ihr unbarmherzig aus der Stirn gestrichen und nach hinten zu einem Zopf geflochten. Sie hatte ein grünes Übergewand und einen Rock an, der ihr ganz gut passte und den ein Gürtel um die schlanke Taille zusammenhielt. An den Füßen trug sie weiche Halbschuhe. Domenic wunderte sich, woher sie die Kleidung hatte, denn der Markt in der Stadt war wegen des Aufruhrs geschlossen, doch dann bemerkte er, dass die Sachen für den Alltag ziemlich elegant waren. Illona musste sie sich von einer der Töchter MacHaworth geborgt haben. Unter ihren Augen erkannte er dunkle Ringe, als hätte sie schlecht geschlafen. Vermutlich sah er selbst auch nicht viel ausgeruhter aus.
    „Was machst du gerade?“ „Ich habe einen Brief an meine Mutter geschrieben – was sie erstaunen wird, da es der erste ist. Andererseits war ich abgesehen von meiner Zeit in Arilinn auch noch nie weg von ihr, und dort gab es keinen Grund zu schreiben.“ „Was steht drin?“ Sie wirkte ängstlich und schien überhaupt nicht zu bemerken, dass sie neugierig war.
    „Nichts über dich, falls du dir darüber Sorgen machst.“ Illona sah überrascht aus, fast enttäuscht. „Ich … ich dachte nur …“ „Ich hätte ihr gern von dir erzählt, aber ich habe angenommen, dass es dir Angst macht.“ Wäre er in anderer Stimmung gewesen, er hätte alle Ereignisse bis zu diesem Moment beschrieben und eine recht gute Geschichte daraus gemacht. Aber nach der letzten Nacht verspürte Domenic den unmittelbaren Impuls, Illona zu beschützen, und dem war er gefolgt.
    „Das ist … nett von dir. Es hätte mir wirklich Angst gemacht. Ich habe eine Menge über letzte Nacht nachgedacht, über das, was du gesagt hast und alles. Und ich glaube, dass ich eigentlich überhaupt nicht in einen Turm gehen muss, und dass du nur … Was soll ein Mädchen wie ich an einem solchen Ort? Ich glaube, ich schließe mich stattdessen lieber den Entsagenden an. Das Leben bei denen kann auch nicht härter sein als beim Fahrenden Volk.“ Sie blickte ihn aufmerksam an und beobachtete seine Reaktion mit der argwöhnischen Wachsamkeit einer halbwilden Katze.
    Domenic musterte sie durchdringend. „Wie kommst du darauf, dass die Entsagenden eine wilde Telepathin in ihren Reihen haben wollen?“ „Bis du immer so unfreundlich? Oder nur am Morgen?“ „Nein. Normalerweise bin ich ein sehr netter Mensch, höflich zu Leuten, die älter sind als ich, und übertrieben liebenswürdig. Ich bringe es sogar fertig, zu meiner Großmutter freundlich zu sein, obwohl sie mich hasst und mir nur Böses wünscht. Aber wenn sich jemand absichtlich dumm stellt, Illona, dann sage ich frei heraus, was ich denke.“ „Du glaubst also, dass ich das tue?“ „Dein Laran wird nicht einfach wieder verschwinden, wie sehr du es dir auch wünschen magst. Genauso wenig, wie dein Haar je weich und leicht frisierbar werden wird.“ Illona grinste. „Samantha hat es zu richten versucht, und ich glaube, sie hat gute Arbeit geleistet. Woher weißt du, dass mein Haar so ein Problem für mich ist? Ich hasse es!.“ „Ich hab’s nicht gewusst. Ich finde es sehr anziehend – und du wechselst das Thema.“ „Ich habe nicht von meinen Haaren angefangen.“ „Stimmt.“ Domenic sah wieder auf seinen Brief und fragte sich, ob er ihn vielleicht umschreiben sollte, ob er ehrlicher sein konnte, ohne jemanden zu verletzen. „Du und ich, meine Liebe, sind uns ähnlicher, als du glaubst.“ „Was? Ich bin nicht im Geringsten wie du!“ „Doch, das bist du. Wir haben beide Gaben am Hals, mit denen wir

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