Der Sohn des Verräters - 21
Geschichte zu erfinden?“ „Du dumme …“ „Nur gut, dass Regis mich entwaffnet hat, Francisco“, knurrte Dyan Ardais, „sonst wäre dein Leben bereits verwirkt.“ Dani Hastur räusperte sich. „Ich weiß, es war mein Vater, und ich wüsste gern mehr über dieses Komplott. Ich sehe, dass alle sehr schockiert und verängstigt sind – tut bloß nicht so, als wärst du es nicht, Francisco! Aber wenn wir uns jetzt gegenseitig umzubringen drohen, können wir Darkover genauso gut gleich an die Föderation ausliefern, und die Sache ist erledigt.“ „Endlich ein vernünftiges Wort“, meldete sich Robert Aldaran. „Habt ihr denn alle den Verstand verloren? Wie Lady Marilla schon sagte, welchem Zweck sollte es dienen, von einem Komplott zu sprechen, wenn es keines gibt?“ „Das kann ich dir sagen.“ „Ich bin überzeugt, dir fällt eine plausible Erklärung ein, Francisco, weil du selbst nichts als Komplotte und Intrigen im Kopf hast.“ „Und das von einem dreckigen Aldaran!“ „Warum entehrt Ihr Euch selbst so, Dom Francisco?“, fragte Marguerida ruhig und drohend zugleich. „Ihr wisst in Eurem Herzen, dass Mikhail nur die Sicherheit Darkovers im Sinn hat, und doch fahrt Ihr in Eurem unvernünftigen Benehmen fort.“ „Ich weiß nichts dergleichen, du Hexe!“ „Ich habe Euch nie etwas zuleide getan, und trotzdem hasst Ihr mich – was soll das, Dom Francisco?“ „Es wäre besser gewesen, du wärst vor Jahren gestorben“, gab er fauchend zurück. Schweiß stand nun auf seiner Stirn, und seine Hände zitterten vor Wut und einer anderen, weniger gut erkennbaren Regung.
Javanne, die in eine Art Betäubung versunken war, raffte sich mühsam auf: „Ich glaube zwar nicht an eine Verschwörung, aber ich will trotzdem etwas darüber wissen.“ Die Worte kamen ihr nur widerwillig über die Lippen. Sie wirkte innerlich zerrissen. Ihr Gesichtsausdruck wurde noch gequälter und sie schluckte heftig. Ich habe meinem eigenen Kind Unrecht getan, und jetzt endlich weiß ich es.
Mikhail fing ihren ungeschützten Gedanken auf und empfand ein so starkes Mitgefühl mit seiner Mutter wie seit Jahren nicht mehr. Er wusste, was es sie gekostet haben musste, diese Worte auch nur zu denken. Doch dann wurde ihm mit einem Anflug von Trauer klar, dass sie es vorziehen würde, sich nicht daran zu erinnern. Er selbst jedoch konnte sie nun ein Leben lang in Ehren halten, und das wollte er auch tun.
Er sah zu Lew und bedeutete ihm mit einem Kopfnicken, mit der Geschichte zu beginnen. „Vor ein paar Tagen“, ergriff Lew ernst das Wort, „schlich Domenic abends aus der Burg, weil ihm ein bisschen nach Dummheiten zu Mute war.“ „Hätte ich’s mir doch denken können, dass der kleine Bastard dahinter steckt“, spie Javanne. Ihr Augenblick der Einsicht war vorbei, und alle Raserei von früher kehrte zurück.
„Jetzt weiß ich Bescheid!“ „Noch ein Wort gegen meinen Sohn und Erben, Mutter, und du wirst es für den Rest deines Lebens bereuen.“ Sie starrte Mikhail zornig an, dann sah sie auf den Ring an seinem Finger und klammerte sich hartnäckig an ihre Wut und ihre Furcht vor ihm. „Du bist nicht länger mein Sohn!“ „Danke – ich bin sehr froh, dass ich dir von nun an nicht mehr Respekt entgegen bringen muss als einem der Diener. Fahr bitte fort, Lew.“ Javanne hatte ihn provozieren wollen, und er bemerkte die Enttäuschung in ihrem Gesicht. Dann schienen ihre Augen glasig zu werden, als könnte sie ihre Seelenqual nicht länger ertragen, und sie lehnte sich mit einem Seufzen zurück.
„Wie gesagt, schlich sich Domenic also davon, um eine Vorstellung des Fahrenden Volks anzusehen. Er beobachtete ein paar Männer in der Lederkluft der Föderation, die zum Nordtor gingen und da er ein neugieriger Bursche ist, folgte er ihnen. Sie trafen sich mit einem Kutscher des Fahrenden Volks, der, wie sich herausstellte, als Spion für die Föderation arbeitete. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir Regis Hasturs plötzlichen Tod noch vor dem Hauptquartier geheim halten können, aber dieser Kerl – er heißt Dirck Vancof – erzählte den Männern von seinem Hinscheiden. Einer der beiden Terraner, nämlich Miles Granfell, der Stellvertreter des Stützpunktkommandeurs Lyle Belfontaine, machte einen Vorschlag: Da der gesamte Comyn den Leichnam eines toten Herrschers stets zur Rhu Fead begleitet, hielt er einen Angriff auf den Trauerzug für eine nette Idee. Dieser Granfell wirkte auf mich schon immer wie einer, der solche
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