Der Sohn des Verräters - 21
Gebäudekomplexes ganz zum Erliegen bringen können. Er wusste, dass Donal Alar, sein junger Friedensmann und Neffe, vor der Tür des Arbeitszimmers stand, um ihm Ungestörtheit zu garantieren, obwohl der arme Donal sicherlich zum Umfallen müde war. Es war Margueridas Idee gewesen, den jungen Mann in Pflege zu nehmen, und er war inzwischen froh darüber. Donal und seine Schwester Alanna dem ängstlichen Griff von Ariel Lanart-Alar zu entreißen, war nicht leicht gewesen, aber Mikhail war überzeugt, dass es die beiden sehr wahrscheinlich vor dem Verrücktwerden bewahrte. Ariel war seit Alannas Geburt nicht mehr die Gleiche, was Mikhail zutiefst betrübte.
Irgendwo wusste er, dass Marguerida ihr Bestes tat, um alle Vorkehrungen zu treffen, die nun nötig waren. Es würde eine Begräbnisfeier geben müssen, aber erst, wenn alle Oberhäupter der einzelnen Domänen eingetroffen waren, und das würde wenigstens einige Tage dauern. Seine Eltern weilten noch in Armida, obwohl ihm klar war, dass er Javanne sofort hätte benachrichtigen sollen, als Regis erkrankte. Aber Lady Linnea, sonst die Sanftmütigkeit in Person, war diesmal unnachgiebig geblieben. „Ich kann es gerade ertragen, ihn in diesem Zustand zu sehen, Mikhail. Aber ich werde diese Frau nicht auf Burg Comyn dulden, solange es nicht sein muss.“ Unter den gegebenen Umständen hatte er sich ihren Wünschen gebeugt.
Und mit einem leichten Schuldgefühl hatte er Linnea Recht gegeben. Seine Mutter war zu keiner Zeit einfach, und es wäre unerträglich gewesen, sie jetzt um sich zu haben.
Seine Gedanken wanderten zu Marguerida. Er wusste, sie war ebenso müde wie er selbst, und dennoch nahm sie die Mühen der Begräbnisvorbereitungen auf sich. Ein solches Ereignis hatte es seit Jahrzehnten nicht gegeben, und auch wenn ihr der Coridon von Burg Comyn sicher nach besten Kräften helfen würde, so war der Mann doch sehr alt und wahrscheinlich derart gramgebeugt, dass man ihn kaum gebrauchen konnte. Mikhail hätte es vorgezogen, Marguerida läge mit einem warmen Ziegel an den Füßen im Bett, aber wahrscheinlich lief sie herum und erledigte die Dinge, die er selbst hätte tun sollen. Er überlegte, um welche Aufgaben es sich handeln könnte, aber immer wieder überkamen ihn Kummer und Verzweiflung. Er war nicht bereit! Draußen war es dunkel, und sein Magen knurrte. Wie lange hatte er nichts gegessen? Mikhail erinnerte sich nicht, und obwohl sein Körper Nahrung brauchte, verspürte er keinen Appetit. Seine Augen waren geschwollen vom Weinen und Mangel an Schlaf, und die Schultermuskeln waren hart vor Anspannung. Die Kerzen brannten nicht, und er brachte nicht die Energie auf, sich zu erheben und sie anzuzünden.
Das Licht vom Flur warf einen hellen Streifen auf den Boden, als die Tür des Arbeitszimmers aufging und Lew Alton eintrat. Mikhail starrte seinen Schwiegervater sprachlos an, verärgert über die Störung und einen Moment lang wütend, weil Donal jemandem den Zutritt zu seinem Heiligtum gestattet hatte, auch wenn es sich um jemand Besonderen handelte.
Doch dann kam ihm zu Bewusstsein, dass dieses Zimmer mit dem ramponierten Schreibtisch und dem abgetretenen Teppich nicht sein Privatbereich war, sondern der von Regis. Der Raum war noch so erfüllt von der Gegenwart seines Onkels, dass es wehtat. Es schien ihm, als wäre das alles, was ihm von Regis geblieben war, und er war noch nicht bereit, es mit einem anderen zu teilen. Donal folgte Lew ins Zimmer, weil er selbst diesen höchst vertrauenswürdigen Ratgeber nicht mit seinem Herrn allein lassen wollte, und schloss die Tür. Dann lehnte er sich an den Türpfosten, verschränkte die Arme und bemühte sich, unsichtbar zu werden.
Lew sagte nichts, sondern nahm einen Feueranzünder und kniete sich vor den kalten Kamin. Es blitzte kurz auf, dann flackerte das Zündmaterial, das darin lag. Mikhail beobachtete, wie die Flammen an den Scheiten züngelten, sie umschlangen und mit Licht und Farbe auffraßen. Er sah, wie Lew einen brennenden Span aus dem Feuer nahm und die Kerzen anzuzünden begann. Der tröstliche Duft von heißem Wachs und brennendem Holz erfüllte den Raum.
Lew goss sich einen Becher Wein ein und nahm gegenüber von Mikhail am Schreibtisch Platz. Sein Haar war vollständig ergraut, Und die Narben in seinem Gesicht waren kaum zu sehen, weil sie völlig in den Falten und Furchen verschwanden.
Er war ein wettergegerbter Mann mit rauer, trockener Haut, und an diesem Abend sah er so alt aus, wie er
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