Der Sohn des Verräters - 21
wären wir jetzt nicht hier. Aber es war sehr … beunruhigend.“ „Das glaube ich gern“, erwiderte Marguerida teilnahmsvoll.
Besser als jeder andere im Saal wusste sie, was es hieß, mitten in der Nacht ohne Erklärung aus dem Bett gerissen zu werden.
Ihre Erinnerungen an die Sharra-Rebellion waren zwar verschwommen, denn sie war damals noch ein Kind gewesen, aber auch nach so vielen Jahren hatten sie noch etwas Verstörendes.
Entschlossen schob sie diese Gedanken beiseite und konzentrierte sich darauf, Katherines Unbehagen zu zerstreuen.
„Wir müssen sofort eine Staffelei für Sie bauen lassen. Die Zimmerleute in der Burg schaffen das wahrscheinlich an einem Tag, wobei sie sich allerdings beklagen werden, dass man sie gehetzt habe und dass es keine gute Arbeit sei, weil das Holz nicht von der richtigen Sorte sei, und dann werden sie herumstehen und düster vor sich hin murmeln. Wahrscheinlich werden sie Ihnen erklären, es wäre besser gewesen, Eiche zu nehmen, sie hätten aber nur Kiefer zur Verfügung gehabt.“ Endlich lachte Katherine. „Das kenne ich. Handwerker sind immer solche Perfektionisten. Leinwände kann ich hier wohl nicht bekommen, oder?“ „Wir haben zwar Leinwand, aber nicht von der Qualität, wie man sie für Gemälde braucht, nur für Überdachungen und Zelte. Kommen Sie denn auch mit Holz zurecht? Davon gibt es genug, und unsere Maler hier arbeiten alle auf Holztafeln.“ „Vielleicht kann Meister Gilhooly welche zur Verfügung stellen“, schlug Mikhail vor. „Er ist der Vorsteher der Malergilde, zugegebenermaßen eine sehr kleine Gemeinde. Aber wahrscheinlich können sie Ihne n Holztafeln und alles andere besorgen, auch Pigmente.“ „Das wäre wunderbar. Meine Vorräte sind begrenzt, und es sieht nicht so aus, als könnte ich Nachschub besorgen, wenn sie erschöpft sind. Ich muss zugeben, ich bin sehr verwöhnt, da ich mich bisher nur an den Computer setzen und bestellen musste, und alles, was ich brauchte, wurde binnen Stunden geliefert.“ Nicht zu glauben, dass ich hier stehe und mit diesen wildfremden Leuten über Malerfarben rede, als gäbe es nichts Wichtigeres. Warum trägt Mikhail im Haus einen Handschuh – ist seine Hand vielleicht vernarbt oder so? Und Marguerida trägt auch welche, Gisela hingegen nicht. Es ist nicht kalt hier, aber vielleicht hat sie Kreislaufprobleme. Werde ich diese Leute je verstehen? Es ist alles zu verwirrend. Ich wünschte, ich wäre woanders!
„Es gibt keine Computer hier, das ist verbotene Technologie und nur den Leuten im Hauptquartier erlaubt“, erklärte Mikhail. „Und es gibt auf Darkover nichts, was einem Lager für Künstlerbedarf gleichen würde. Die Gilde mahlt und mischt sich ihre Farben selbst, und die Bürstenmacher besorgen die Werkzeuge. Ich glaube, die Holzarbeitergilde ist für die Tafeln zuständig. Und damit wäre mein Wissen über die Angelegenheit so ziemlich erschöpft.“ „Dann haben Sie die Malergilde also nie persönlich besucht?“ Katherine schien zuerst von seinem Wissen überrascht zu sein, dann von seiner Unkenntnis.
„Nein.“ Mikhail zuckte die Achseln. Wie Regis vor ihm, war er seit Jahren buchstäblich ein Gefangener auf Burg Comyn gewesen. Die einzigen Ausnahmen waren ein paar Reisen nach Arilinn gewesen und eine nach Armida vor zehn Jahren. Jetzt würde er noch mehr auf die Burg beschränkt sein, eine Aussicht, die ihn nicht gerade freute. „Ich würde überhaupt nichts wissen, wenn ich nicht ein sehr neugieriger Junge gewesen wäre und aufgeschnappt hätte, was ich nur konnte. Ich weiß, wer an der Spitze der Gilde steht, weil es zu meinen Pflichten gehört, es zu wissen, aber ich bin Meister Gilhooly nie persönlich begegnet. Ich habe seinen Vorgänger vor langer Zeit einmal kennen gelernt, als ich wegen eines Porträts von Lady Linnea bei ihm war. Ich habe ihm viele Fragen gestellt, aber die Antworten darauf sind längst aus meinem Gedächtnis gelöscht.“ Mikhail schüttelte den Kopf und lachte leise.
„Ich denke, wir sollten jetzt zu Tisch gehen, Mikhail. Führst du bitte Domna Katherine an ihren Platz?“ Und sei weiter nett zu ihr, Cario. Es funktioniert. Sie wird schon ein bisschen lockerer, was ihrer Verdauung gut tun dürfte.
Das fällt dir gewiss nicht schwer. Ich ma g sie. Du auch?
O ja. Und ich muss meine ganze Beherrschung aufbieten, um sie nicht auf der Stelle über Amedi Korniel auszufragen.
Seine offizielle Biographie ist ziemlich trocken, und wahrscheinlich ist sie ihm nie begegnet,
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