Der Sohn des Verräters - 21
dass es dir gefallen würde, mir hat es nie gefallen.“ Gisela runzelte die Stirn und schürzte die Lippen. „Ich bin dort, weil Regis Hastur irgendwie garantiert haben wollte, dass sich mein Vater anständig benimmt, nicht, weil man mich dort haben will oder braucht. Mein einziger Zweck ist der einer Schachfigur, und mehr war ich wohl nie – und das macht mich sehr wütend.“ „Darüber würde ich mich auch ärgern, Gisela, aber ich verstehe es noch immer nicht ganz.“ „Was verstehst du nicht?“ Gisela richtete sich auf der Bank auf und verzog das Gesicht zu einer Miene, die Hoffnung und Argwohn zugleich ausdrückte.
Kate fragte sich, was diese offenkundig intelligente Frau wohl so misstrauisch gemacht hatte. „Na ja, warum du glaubst, keinen anderen Zweck als den einer bloßen Schachfigur zu haben, würde ich sagen.“ „Ich bin nicht wie du, Katherine, oder wie Marguerida. Ich habe nichts, was mir so viel bedeutet wie dir die Kunst oder Marguerida die Musik. Als ich gesehen habe, wie du mit Meister Gilhooly geredet hast, wie du aufgeblüht bist, das hat mir … einen Stich versetzt.“ Sie errötete beschämt und seufzte leise. „Ich bin nicht zu solchen Dingen erzogen worden. Niemand hat mich je dazu ermutigt, mir eine Beschäftigung zu suchen – etwas, das mein Leben mit Leidenschaft und Bedeutung füllen könnte. Mein Vater hat mich sehr verhätschelt, ich glaubte immer, ich könnte alles haben, was ich wollte. Erst Später habe ich begriffen, dass ich nur bekam, was er wollte, Und das auch nur, wenn ich Glück hatte. Ich bin nur eine Frau, und das zählt auf Darkover nicht viel.“
„Inwiefern hattest du dann kein Glück?“ Gisela betrachtete sie einen Augenblick. „Interessiert dich das wirklich?“ „Natürlich. Warum sollte ich nur so tun?“ „Das würdest du wohl kaum, glaube ich. Du bist eine sehr merkwürdige Frau, Kate. Mir fällt niemand ein, der so ist wie du. Ich weiß einfach nicht, was ich von dir halten soll.“ „Das ist im Grunde ganz einfach. Du musst nur wissen, dass ich auf Renney zur Welt gekommen bin, wo die Frauen die Zügel der Macht in der Hand halten, und ich habe enorme Schwierigkeiten, Darkover zu verstehen. was du mir auf der Fahrt zur Malergilde erzählt hast, hat mich einigermaßen beunruhigt, und wenn Herm glaubt, ich verwandle mich in eine Art unterwürfige Hausfrau, die ihm ohne zu fragen alle Wünsche erfüllt, dann soll er es lieber gleich sagen, damit ich ihm ein paar anständige Ohrfeigen verpassen kann. Er wirkt jetzt schon so verändert.“ „Frauen halten die Zügel der Macht in der Hand … was für eine sonderbare Vorstellung. Hmm. Aber sie gefällt mir. Es klingt sehr verlockend.“ Gisela hielt einen Moment inne und schaute nachdenklich. „Ich wette, Herm erzählt dir so manches nicht, wovon du findest, du solltest es wissen. Hab ich Recht?“ „Die Dinge, die mir Herm im Laufe unserer Ehe nicht erzählt hat, sind bereits jetzt sehr zahlreich, und ich bin ziemlich wütend auf ihn.“ Sie unterbrach sich, bevor sie noch mehr ausplauderte, selbst überrascht von ihrer Offenheit. Sie kannte Gisela nicht sehr gut und hatte bereits erfahren, dass die Frau sehr bösartig sein konnte und bestenfalls eine unsichere Verbündete war. Aber sie musste mit jemandem reden, und bisher hatte sie außer ihrer neuen Schwägerin niemanden gefunden.
„Wir haben bis jetzt eine glückliche Ehe geführt, doch nun fühle ich mich … betrogen.“ „Arme Katherine.“ In den Worten schien echte Anteilnahme zu liegen. „Herm ist ein guter Mann, aber er war immer recht heimlichtuerisch, schon als Kind. Ich glaube, das war seine Art, mit unserem Vater zurechtzukommen, der selbst zu seinen besten Zeiten ein schwieriger Mensch ist.“ Sie lachte freudlos. „Und auf Burg Aldaran gibt es keine guten Zeiten! Schon lange vor meiner Geburt haben die anderen Domänen unserer Familie misstraut und sie ausgestoßen. Das hat meinen Vater zur Weißglut getrieben. Dann beschloss Regis Hastur, man dürfe die Aldarans nicht für Dinge bestrafen, die längst Vergangenheit sind, und seine erste versöhnliche Geste war die Berufung von Hermes in die Abgeordnetenkammer.
Das war nur eine Kleinigkeit und hat meinen Vater nicht zufrieden gestellt, der ein Machtfaktor sein wollte, mit dem man auf Darkover zu rechnen hatte, anstatt wie ein Falke oben in den Hellers zu sitzen. Er hat wohl erwartet, dass Herms Berufung augenblicklich zu Ergebnissen führt, aber das war natürlich nicht der
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