Der Sohn des Verräters - 21
Laran“ , entgegnete er freundlich und überging das Frösteln, das ihn bei der Erwähnung seiner Großmutter befiel. Eigentlich konnte sie ihm nicht wirklich etwas anhaben Marguerida kicherte. „Vielleicht ganz gut so. Kannst du dir das Chaos vorstellen, wenn wir bilokal wären?“ „Ach, ich weiß nicht. Dann könntest du ein Nickerchen machen, während du gleichzeitig an einer Sitzung des Rats teilnimmst.“ „Dafür brauche ich keine besondere Gabe. Ich habe so manches Schläfchen ge halten, wenn es zu langweilig wurde, und bin dann jedes Mal rüde geweckt worden, sobald das Geschrei anfing. Sag, mein Sohn, was hältst du von Katherine Aldaran?“ „Ich mag sie sehr. Ich glaube, sie findet Darkover schwierig, macht aber das Beste daraus.“ „Ich hatte nur einen Augenblick Zeit für sie und musste Gisela als Vertretung schicken, was sehr wahrscheinlich ein Fehler war. Aber die beiden sind Schwägerinnen, deshalb schien es mir nahe liegend. Doch nach dem Unfug mit der Kleidung beim Abendessen gestern reden sie vermutlich nicht einmal mehr miteinander – und das ist nur eines der Probleme, um die ich mich nicht auch noch kümmern kann! Gisela soll verdammt sein, weil sie so eine Unruhestifterin ist! Ich wünschte, sie würde endlich erwachsen werden und sich wie eine Frau benehmen und nicht wie eine verzogene Göre!“ „Du machst dir zu viele Sorgen, Mutter. Trink eine Tasse Tee und leg dich ein wenig hin. Domna Katherine kann sehr gut auf sich selbst aufpassen. Und Tante Gisela mag generell keine anderen Frauen, schon gar nicht, wenn sie hübsch sind. Sie kann nichts dafür.“
„Du bist sehr klug für dein Alter, Domenic. Ja, ein Nickerchen wäre in Ordnung – wenn es nur keine weiteren Aufregungen gibt.“ Als Marguerida hinausging, kam ein Diener herein und begann, die Unordnung vom Boden wegzuräumen. Domenic setzte sich, aber eine Minute später sprang er schon wieder auf und fing an, hin und her zu laufen, Das gesamte Gewicht von Burg Comyn schien auf seinen Schädel zu drücken, und er versuchte dieses unangenehme Gefühl abzuschütteln.
Was war nur los mit ihm? Er forschte nach der Ursache seiner Bedrückung, und schließlich dämmerte es ihm: Er wollte nicht an der Totenfeier für Regis Hastur teilnehmen. Er konnte den Gedanken nicht einen Augenblick ertragen. Das lag nicht nur an seinem Kummer über den Verlust eines Mannes, der immer für ihn da gewesen war. Die Trauer war echt, aber unter ihr lag eine Quelle kaum bezähmter Wut und Angst, als würden die Mauern über ihm zusammenschlagen.
Seine Gedanken wanderten zu dem rothaarigen Mädchen im Wagen des Fahrenden Volkes. Wie glücklich sie doch war, frei, ohne Aufgaben und Verpflichtungen. Wie wundervoll wäre es, könnte er jederzeit und überallhin reisen, wie es ihm beliebte.
Eine Idee begann Gestalt anzunehmen, ein verrückter und zugleich wundervoller Gedanke. Domenic schüttelte den Kopf über sich selbst. Könnte er sich tatsächlich aus der Burg schleichen und die Vorstellung am Abend ansehen? Er sollte es wirklich nicht tun, aber je mehr er sich die Sache auszureden versuchte, desto verlockender wurde der Gedanke. Natürlich könnte er mit seinem üblichen Aufgebot an Leibwächtern hingehen – das würde man sogar fast akzeptieren. Aber er wollte sich allein aufmachen, ohne Begleitung. Er wollte wenigstens ein Abenteuer erleben, bevor er für immer eingesperrt wurde.
Er lachte in sich hinein. So etwas würde Rhodri tun, aber niemals Domenic. Von wegen, er würde beweisen, dass er nicht so fad war, wie alle dachten, nicht der „brave“ Sohn. Gut möglich, dass der Wunsch seiner Mutter in Erfüllung ging und er sie doch einmal überraschte. Jetzt musste er nur noch einen Weg finden, wie er unbemerkt aus der Burg kam. Das Gefühl der Bedrückung verschwand beinahe, als er tief Luft holte und seine Flucht zu planen begann.
7
Die Kutsche ratterte über das Kopfsteinpflaster, und Katherine Aldaran betrachtete ihre Schwägerin, die träge auf der gegenüberliegenden Bank saß, eine Pelzdecke über den Beinen. Gisela stellte sich allmählich als eine recht komplizierte Frau heraus. Erst hatte sie ihr einen gemeinen Streich gespielt, und dann war sie am Morgen – offenbar als Wiedergutmachung – mit einem Arm voller Kleider erschienen und hatte angeboten, Katherine zu Meister Gilhooly, dem Vorstand der Malergilde, zu bringen. Sie hatte sich weder entschuldigt noch auf den vorherigen Abend angespielt; stattdessen schien sie nur daran
Weitere Kostenlose Bücher