Der Sohn des Wolfs
graumeliertes Haar erzählte, daß er seine besten Tage hinter sich hatte. Sowohl Weatherbee wie Cuthferts frische junge Muskeln konnte sich zehnmal mit den seinen messen, und doch wanderte er sie bei den Tagesmärschen in Grund und Boden. Und den ganzen Tag hatte er seine kräftigeren Kameraden gereizt, sich auf die tausend Meilen weite, unsagbare Leiden bietende Reise zu wagen. Er verkörperte die Rastlosigkeit seiner Rasse, und die uralte teutonische Hartnäckigkeit mit einem Zusatz von der schnellen Entschlossenheit und Tatkraft des Yankees machten seinen Körper zu einem gehorsamen Werkzeug seines Geistes.
»Wer dafür stimmt, daß wir mit den Hunden weiterziehen, sobald das Eis sich setzt, sagt ja.«
»Ja!« ertönte es von acht Stimmen – Stimmen, die dazu bestimmt waren, während der vielen hundert Meilen ununterbrochener Leiden unzählige Flüche auszustoßen.
»Und dagegen?«
»Nein!« Zum erstenmal waren die beiden Unfähigen einig, ohne genau ihre persönlichen Vorteile abgewogen zu haben.
»Und was werdet ihr nun tun?« fragte Weatherbee kriegerisch.
»Die Majorität bestimmt! Die Majorität bestimmt!« riefen die andern.
»Ich weiß ja, daß die Expedition Gefahr läuft, unterzugehen, wenn ihr nicht mitkommt«, sagte Sloper sanft, »aber ich denke, wenn wir uns riesig anstrengen, werden wir euch entbehren können. Was meint ihr, Jungens?« Seine Worte wurden mit einstimmigem Beifall begrüßt.
»Aber sagt«, fragte Cuthfert ängstlich, »was wird dann aus mir?«
»Kommst du nicht mit?«
»Nei – ein.«
»Dann tue, was du willst. Was geht es uns an!«
»Berate dich lieber mit deinem Herzensfreund«, schlug ein schwerfälliger Mann aus Dakota vor und zeigte auf Weatherbee. »Er wird dir schon sagen, wie du es machen mußt, wenn du * Essen kochen und Holz sammeln willst.«
»Dann ist es also erledigt«, stellte Sloper fest.
»Morgen ziehen wir los und kampieren fünf Meilen von hier, nur um alles in Ordnung zu bringen und zu sehen, ob wir etwas vergessen haben.«
Die Schlitten ächzten auf ihren stahlbeschlagenen Kufen, und die Hunde lagen flach im Geschirr, in dem sie zu sterben bestimmt waren. Jacques Baptiste stand neben Sloper und warf einen letzten Blick auf die Hütte. Der Rauch quoll traurig zum Schornstein heraus. Die beiden Unfähigen standen in der Tür und sahen ihnen nach.
Sloper legte dem andern die Hand auf die Schulter. »Jacques Baptiste, hast du je von den Kilkenny-Katzen gehört?«
Der Mischling schüttelte den Kopf.
»Ja, mein Freund und guter Kamerad, die Kilkenny-Katzen schlugen sich, bis weder Haut noch Haar oder Geheul übrig war. Du verstehst? – Bis nichts übrig war. Ausgezeichnet. Diese beiden Männer mögen nicht arbeiten. Sie wollen nicht arbeiten.
Das wissen wir. Sie werden den ganzen Winter allein in der Hütte bleiben – einen mächtig langen, dunklen Winter. Kilkenny-Katzen, wie?«
Der Franzose in Baptiste zuckte die Achseln, aber der Indianer schwieg. Immerhin war es ein sehr beredtes, prophetisches Achselzucken.
Anfangs ging es ausgezeichnet in der kleinen Hütte. Die rauhen Scherze ihrer Kameraden hatten Weatherbee und Cuthfert die gegenseitige Verantwortung, die auf ihnen ruhte, vor Augen geführt; außerdem gab es alles in allem nicht übermäßig viel Arbeit für zwei gesunde Männer. Und die Entfernung der andern, oder mit andern Worten, des schimpfenden Mischlings, wirkten angenehm erleichternd. Am Anfang wetteiferten sie miteinander und erfüllten ihre Pflichten mit einer Bereitwilligkeit, daß ihre Kameraden, die jetzt Seele und Körper auf den weiten Wegen zusetzten, vor Verwunderung die Augen aufgerissen hätten.
Alle Vorsorge war in Acht und Bann erklärt. Der Wald, der sie von drei Seiten umgab, war ein unerschöpflicher Holzspeicher. Wenige Schritt vor ihrer Tür schlummerte der Porcupine, und ein Loch in seinem Wintermantel ergab einen sprudelnden Springbrunnen mit kristallklarem, eisigem Wasser. Bald aber wurde ihnen auch das zuviel. Das Loch fror immer wieder zu, und das verschaffte ihnen eine scheußliche Stunde Arbeit.
Die unbekannten Baumeister der Hütte hatten durch Verlängerung der Seitenwände auf der Rückseite einen Vorratsraum geschaffen. Hier wurde der Hauptvorrat der Gesellschaft aufbewahrt. Es war Nahrung genug für die dreifache Zahl. Aber das meiste war von der Art, die zwar Muskeln und Sehnen bildet, aber den Gaumen nicht kitzelt.
Allerdings gab es mehr als genug Zucker für zwei wirkliche
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