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Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman

Titel: Der Sommer, als der Regen ausblieb - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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zwischen Fahnenflucht und Wehrdienstvermeidung. Sie vergisst manchmal, dass er gerade mit dem Jurastudium hatte anfangen wollen, als der Einberufungsbescheid kam. Studenten wurden neuerdings zwar nicht mehr automatisch zurückgestellt, doch ein Widerspruch gegen die Einberufung war nach wie vor möglich. Aber genau das machte Gabe nicht. Nein, er wollte nicht anders behandelt werden als der »gemeine Mann auf der Straße«, und deshalb musste er jetzt untertauchen. Nur so könne er sich später noch im Spiegel ansehen, sagte er. Aoife hingegen fragt sich, ob er seinen Entschluss nicht langsam bereut. So, wie Gabe reden konnte, wäre er locker um einen Einsatz in Vietnam herumgekommen. Gabe redete sich überhaupt aus den meisten Sachen heraus.
    Aoife macht den linken Küchenschrank auf, wo sie ihre Lebensmittel aufbewahrt, doch darin befinden sich nur chinesische Essstäbchen und eine Schachtel mit halb heruntergebrannten Kerzen. Sie öffnet den rechten und stößt auf eine verloren geglaubte Halskette und einen versteinerten Kanten Brot. Sie nimmt die Halskette in die eine, das Brot in die andere Hand und sieht beides versonnen an.
    »Komm zurück ins Bett«, sagt Gabe und streckt die Hand aus. »Ich verspreche, ich höre auch auf zu reden.«
    Lächelnd hält ihm Aoife das Brot und die Halskette hin. »Hast du Hunger?«
    Er hebt eine Braue. »Wenn das alles ist, was du zu bieten hast: Nein! Aber wenn wir zum Asiaten auf der anderen Straßenseite gehen, dann schon eher. Vorher muss ich dich aber etwas fragen.«
    Sie rührt sich nicht vom Fleck. »Was denn fragen?«
    »Na ja, mein Vorschlag von neulich. Hast du darüber nachgedacht?«
    Aoifes Lächeln vergeht. Vor seiner Abreise nach Chicago hat er sie gefragt, ob sie zusammenziehen sollen. Er saß auf dem Bett, knöpfte sich das Hemd zu und sah sie dabei an, und in seiner Miene lag ein Maß an Vertrauen, dass sie, Aoife, zeitweise glaubte, sie sei tatsächlich der Mensch, den er in ihr sah und nicht die ewige Lügnerin, die falsche Katze, die der ganzen Welt etwas vormachte. In diesem Moment war sie gespalten. Einerseits spürte sie zum ersten Mal, dass sie ihn liebte, trotz seiner etwas undurchsichtigen Existenz, trotz seiner hirnrissigen Prinzipien, sogar trotz seiner nicht zueinanderpassenden Schnürsenkel. Andererseits wusste sie aber ganz genau, dass sie keine Wohnung mit ihm teilen konnte, denn dann wären alle ihre Probleme ans Licht gekommen. Wie konnte sie ein Geheimnis vor ihm verbergen, wenn er ständig da war. Nicht lange und ihm wäre aufgefallen, dass sie kaum eine Rechnung lesen konnte. Er würde sie dabei ertappen, wenn sie eine Nachbarin bat, ihr das Etikett einer Konservendose vorzulesen, würde mitkriegen, wenn sie vorgab, ihre Brille vergessen zu haben. Aber du brauchst doch gar keine Brille, würde er sagen. Nein, es war unmöglich. Und so war sie jetzt in der misslichen Lage, Nein zu sagen und gleichzeitig Ja. Nein zur gemeinsamen Wohnung, aber Ja zu ihm. Wie stellt man so etwas an?
    Erst einmal geht sie einen Schritt auf ihn zu, doch da wird sie von einem Geräusch unterbrochen. Einen Moment lang kann sie es nicht einmal zuordnen. Es ist ein lautes Geräusch, eines, bei dem sie jedes Mal zusammenzuckt. Erst dann merkt sie, es ist das Telefon.
    »Lass es doch klingeln«, sagt Gabe sofort.
    »Das kann ich nicht.«
    »Wieso nicht?« Er will sie aufhalten, aber sie weicht ihm aus. »Es ist sowieso nur Evelyn, die dich wieder mit irgendwelchen Lichtproblemen nervt. Oder nicht weiß, welches Fotopapier sie nehmen soll. Die Frau ist komplett irre.«
    »Gabe, das ist gemein.«
    »Ich weiß, aber so bin ich eben. Komm her.« Er zieht an ihrem Kleid, gerade als sie den Hörer abnimmt.
    »Hallo?«, sagt sie.
    Die Leitung ist extrem verrauscht, doch jemand spricht zu ihr. Worte wie aus dem Auge eines akustischen Tornados. Währenddessen reißt Gabe immer mehr Kleid an sich. Wogegen sie nichts machen kann, denn sie hält noch immer das Brot und die Kette in der anderen Hand.
    »Hallo? Wer ist da? Ich kann Sie nicht hören.« Frustriert schüttelt sie den Hörer. »Hallo? Gabe, lass los, verdammt«, zischt sie und haut Gabe mit dem Brot auf den Kopf. Er flucht, und sie muss lachen.
    »… mit dem Auto …«, hört sie aus dem Telefon.
    »Was? Ich kann Sie nicht verstehen.«
    Sie versucht sich Gabes Zugriff zu entziehen. Aus der Leitung kommt nur fiepend überlagertes Geknister, das Sprache sein soll. Ein Insekt hinter Glas.
    »Wollen Sie es noch einmal

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