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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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abholen, zum Dank.

18   
    mit vierzehn
    Als Taylor aus der Dusche kam, kramte sie erst mal in ihrer Reisetasche. Ich lag währenddessen auf meinem Bett und sah ihr zu. Sie zog drei verschiedene Sommerkleider heraus – ein weißes mit Lochstickerei, eins mit Hawaiimuster und ein schwarzes Leinenkleid. »Welches soll ich heute Abend anziehen?«, fragte sie mich. So wie sie fragte, klang es wie eine Prüfungsaufgabe.
    Ich war es so leid, ich hatte einfach keine Lust mehr, irgendwelche Tests zu bestehen, deshalb sagte ich: »Wir essen ganz normal zu Abend, Taylor. Wir gehen nicht in irgendein schickes Restaurant.«
    Sie sah mich kopfschüttelnd an, und das Handtuch auf ihrem Kopf wackelte hin und her. »Aber hinterher gehen wir auf die Promenade, hast du das vergessen? Da müssen wir doch gut aussehen. Da sind Jungs! Pass auf, ich such dir was aus zum Anziehen, okay?«
    Wenn Taylor sonst entschied, was ich anziehen sollte, fühlte ich mich immer wie die Streberin, die beim Abschlussball auf einmal nicht mehr wiederzuerkennen ist, und das war gar nicht mal so übel. Aber heute kam ich mir vor wie ihre völlig unbedarfte Mutter, die keine Ahnung hatte, wie man sich anzieht.
    Ich hatte überhaupt keine Kleider dabei, auch früher nicht. Es wäre mir auch nicht eingefallen. Ich besaß überhaupt nur ganze zwei Kleider – eins, das meine Großmutter mir zu Ostern gekauft hatte, und eins, das ich für die Abschiedsfeier nach der achten Klasse gebraucht hatte. In letzter Zeit passte mir gar nichts richtig. Alles war entweder im Schritt zu kurz oder in der Taille zu eng. Ich hatte mir über Kleider noch nie groß Gedanken gemacht, aber als ich Taylors jetzt so ausgebreitet auf ihrem Bett liegen sah, war ich doch neidisch.
    »Ich hab nicht vor, mich für die Strandpromenade aufzubrezeln«, sagte ich.
    »Lass mich doch einfach mal gucken, was du hast«, sagte sie und ging zu meinem Schrank.
    »Taylor, ich hab Nein gesagt. Ich geh so, wie ich jetzt bin.« Ich zeigte auf meine Shorts aus abgeschnittenen Jeans und mein T-Shirt mit dem Logo von Cousins Beach.
    Taylor verzog das Gesicht, ging aber tatsächlich zu ihren drei Kleidern zurück. »Na schön. Mach, was du willst, Brummbär. Tja – welches zieh ich jetzt an?«
    Ich seufzte. »Das schwarze«, sagte ich und machte die Augen zu. »Zieh endlich was an und beeil dich.«
    Zum Essen gab es Muscheln mit Spargel. Wenn meine Mutter kochte, gab es immer Fisch oder Meeresfrüchte mit Zitrone und Olivenöl und dazu Gemüse. Immer. Susannah kochte eher selten, und abgesehen vom ersten Abend, an dem es regelmäßig Bouillabaisse gab, wusste man vorher nie, was auf den Tisch kam. Es konnte sein, dass sie den ganzen Nachmittag in der Küche werkelte und irgendwas kochte, was ich noch nie gegessen hatte, marokkanisches Hühnchen mit Feigen zum Beispiel. Oder sie holte ihr altes Junior-League-Kochbuch mit der Spiralbindung hervor, das mit den Fettflecken und Randbemerkungen, über das meine Mutter sich immer lustig machte. Oder sie machte amerikanisches Käseomelett mit Ketchup und Toast. Wir Kinder hatten eigentlich auch einmal die Woche Küchendienst, und das bedeutete normalerweise Hamburger und Tiefkühlpizza. Aber an den meisten Tagen aßen wir, wann wir Lust hatten und wo-rauf wir Lust hatten. Auch das gehörte zu den Dingen, die ich an den Ferien im Sommerhaus so liebte. Zu Hause stand täglich um Punkt halb sieben das Essen auf dem Tisch, man konnte die Uhr danach stellen. Hier war alles viel lockerer, sogar meine Mutter.
    Taylor beugte sich vor und fragte: »Laurel, was war das Verrückteste, was Susannah und du gemacht habt, als ihr so alt wart wie wir?« Taylor redete immer auf diese Art mit Leuten, so als wäre sie auf einer Übernachtungsparty. Mit jedem – mit Erwachsenen, mit Jungs oder mit der Bedienung in der Cafeteria.
    Meine Mutter und Susannah sahen einander an und grinsten. Sie dachten beide dasselbe, aber sie würden es uns nicht verraten. Meine Mutter tupfte sich den Mund mit der Serviette ab und sagte: »Einmal haben wir uns nachts auf den Golfplatz geschlichen und Gänseblümchen gepflanzt.«
    Ich wusste, dass das nicht stimmte, aber Steven und Jeremiah lachten. Mein Bruder sagte auf seine nervende, besserwisserische Art: »Mann, wart ihr lahm!«
    »Ich finde das richtig süß«, sagte Taylor und drückte sich einen Klecks Ketchup auf ihren Teller. Taylor aß alles mit Ketchup – Eier, Pizza, Pasta, einfach alles.
    Conrad, von dem ich eigentlich gedacht hatte,

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