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Der Sommer, als ich schön wurde

Der Sommer, als ich schön wurde

Titel: Der Sommer, als ich schön wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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angefangen.«
    »Warte mal, seid ihr etwa auch Geschwister?«, fragte die Blondine.
    »Lass dir bloß nicht einfallen, mit dem Typen da zu verschwinden«, sagte Conrad.
    »Jetzt reg dich ab, Con«, sagte Jeremiah. »Sie geht überhaupt nicht. Stimmt’s, Belly?«
    Er sah mich an, ich machte einen Schmollmund und nickte. Dann sah ich Conrad bitterböse an, und als ich weit genug weg war, dass sie mich nicht mehr an den Haaren ziehen konnte, bekam das Mädchen auch noch einen bösen Blick ab. Ich bemühte mich um einen aufrechten Gang auf meinem Weg zurück zum Feuer, aber innerlich fühlte ich mich wie ein kleines Mädchen, das auf seiner eigenen Geburtstagsfeier angebrüllt wird. Sie behandelten mich wie ein Kind, dabei war ich das gar nicht mehr. Das war einfach nicht fair. Ich hätte wetten können, die Blondine und ich waren gleich alt.
    »Was war denn jetzt los?«, fragte Cam.
    Ich schluckte die Tränen runter und sagte: »Komm, gehen wir.«
    Er zögerte und warf einen Blick zu Conrad hinüber. »Ich glaube, das ist keine gute Idee, Flavia. Aber ich kann noch eine Weile bleiben. Die Wale können warten.«
    Am liebsten hätte ich ihn in dem Moment geküsst. Ich wollte einfach vergessen, dass ich Conrad je gekannt hatte, wollte einfach da sein, in der Luftblase dieses Moments. Die erste Rakete ging los, schoss über unseren Köpfen hoch hinauf und pfiff dabei wie ein stolzer, lauter Teekessel. Dann gab es einen goldenen Funkenregen, als rieselte millionenfach Konfetti auf uns herab.
    Wir setzten uns ans Feuer, er erzählte mir von seinen Walen und ich ihm von irgendwelchen völlig uninteressanten Sachen – dass ich Sprecherin unserer Französisch-AG sei und am liebsten Sandwiches mit hauchdünnem Schweinefleisch esse. Er sagte, er sei Vegetarier. Wir haben bestimmt eine Stunde dagesessen, und die ganze Zeit über hat Conrad uns im Auge behalten. Wie gern hätte ich ihm den Mittelfinger gezeigt – es machte mich wütend, wenn er gewann.
    Als es langsam kühl wurde und ich mir die Arme warm zu rubbeln versuchte, zog Cam seinen Kapuzenpulli aus und gab ihn mir. Davon hatte ich immer geträumt – dass mir kalt würde und ein Junge da wäre, der mir tatsächlich seinen Pullover gab, statt groß herumzutönen, wie schlau es von ihm gewesen sei, sich einen mitzubringen.
    Auf dem T-Shirt, das er darunter trug, war eine Rasierklinge zu sehen, darüber stand »Straight Edge«. »Was heißt das?«, fragte ich, während ich den Reißverschluss von seinem Kapuzenpulli hochzog. Es war warm und roch nach Junge, aber auf gute Art.
    »Das heißt, dass ich Straight Edger bin«, sagte er. »Das heißt, ich trinke nicht und nehme auch keine Drogen. Früher gehörte ich sogar zum ganz harten Kern, der auch Medizin aus der Apotheke und Koffein ablehnt. Aber davon bin ich wieder weg.«
    »Wieso?«
    »Wieso ich zum harten Kern gehört habe, oder wieso ich davon weg bin?«
    »Beides.«
    »Ich halte nichts davon, seinen Körper mit unnatürlichem Zeug zu verschmutzen«, sagte er. »Und aufgehört habe ich, weil es meine Mom zum Wahnsinn trieb. Außerdem habe ich Dr. Pepper wirklich vermisst.«
    Dr. Pepper Cola mochte ich auch gern. Ich war froh, dass ich mir kein Bier geholt hatte, schließlich sollte er nicht schlecht von mir denken. Er sollte mich cool finden, mich für ein Mädchen halten, dem es egal ist, was andere denken, so wie es bei ihm anscheinend war. Ich wollte, dass wir Freunde wurden. Und ich wollte, dass er mich küsste.
    Cam ging, als wir gingen. Sobald er sah, dass Jeremiah herüberkam, um mich zu holen, stand er auf. »Mach’s gut, Flavia«, sagte er.
    Ich wollte den Reißverschluss von seinem Pulli aufziehen, aber er sagte: »Schon gut, den kannst du mir später wiedergeben.«
    »Warte, ich geb dir meine Nummer«, sagte ich und streckte die Hand nach seinem Handy aus. Noch nie hatte ich einem Jungen meine Nummer gegeben. Als ich sie eingab, war ich richtig stolz auf mich, weil ich daran gedacht hatte.
    Schon im Gehen, als er sich das Handy in die Hosentasche schob, sagte er: »Ich hätte dich auch so ausfindig gemacht, ohne die Nummer. Ich bin doch schlau, schon vergessen? Erster Preis in freier Rede.«
    Ich versuchte, nicht zu lächeln. »So schlau auch wieder nicht«, rief ich ihm hinterher. Es kam mir vor wie Schicksal, dass wir uns begegnet waren. Wie das Romantischste, das ich je erlebt hatte, und das war es auch.
    Ich sah zu, wie Conrad sich von dem Red-Sox-Mädchen verabschiedete. Sie umarmte ihn, er umarmte

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