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Der Sommer auf Usedom

Der Sommer auf Usedom

Titel: Der Sommer auf Usedom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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befreite.
    »Wir laufen nach Swinemünde.«
    »Wie viele Kilometer sind das?«
    »Keine Ahnung. So vier oder fünf, nehme ich an.«
    »Eine Strecke?«
    »Ja. Ist das ein Problem? Ah, verstehe, die Schuhe sind hübsch, aber Sie können nicht darin laufen, richtig?«
    »Doch, die sind total bequem«, schwindelte sie. »Aber es sind eben keine Wanderschuhe. Ich konnte ja nicht ahnen, dass Sie mich über die Landesgrenze scheuchen wollen.«
    »Meinen Sie, eine Strecke geht in den Dingern?« Er deutete auf ihre Sandalen. »Dann laufen wir hin und fahren zurück. Einverstanden?«
    »Ja, hört sich gut an.« Sie sah auf. Er streckte ihr die Hand hin. Jasmin schlüpfte in den zweiten Schuh, nahm seine Hand und stand auf. Er blieb dicht vor ihr stehen und behielt ihre Hand in seiner.
    »Ich habe eine Bitte. Heute keine Fragen, okay? Kein: Wie heißen Sie? Kein: Wo wohnen Sie? In Ordnung?« Sie war mehr als irritiert. Bevor sie etwas dazu sagen konnte, sprach er weiter: »Und fragen Sie jetzt nicht, warum! Ich habe meine Gründe, warum ich das von Ihnen verlange.« Er sah ihr tief in die Augen. »Bitte!«, wiederholte er eindringlich.
    »Na gut«, gab sie zögernd zurück. »Das ist zwar etwas eigenartig, gelinde gesagt, aber wenn es Ihnen so viel bedeutet …«
    »Eigenartig, aber auch reizvoll, finden Sie nicht?« Sie spürte seine Nähe, roch sein Aftershave. Er trug keine Sonnenbrille, so dass sie ihm direkt in die schönen braunen Augen sehen konnte.
    »Das wird sich zeigen«, sagte sie ausweichend.
    Er wollte etwas entgegnen, öffnete den Mund und atmete ein, da kam eine Fliege mit ziemlichem Schwung summend auf ihn zu. Jasmin wollte etwas sagen, ihn warnen, aber es war schon zu spät. Das Insekt verschwand zwischen seinen Lippen und nahm wahrscheinlich geradewegs den Weg in seinen Rachen. Auf der Stelle fing er an zu husten.
    »Warum muss immer mir so etwas passieren?«, brachte er mühsam hervor, hustete und röchelte noch immer, als wolle er die Fliege loswerden, die er vermutlich längst verschluckt hatte. Angewidert verzog er das Gesicht.
    »Stimmt«, sagte sie lachend. »Sie sind eigentlich gar nicht der Typ dafür. Ich meine, einen Tollpatsch, dem ständig Missgeschicke passieren, stellt man sich doch anders vor.« Sie spazierten zur Dünenstraße und bogen links ab. Zwischen Grünanlagen auf der einen und Jugendstilvillen auf der anderen Seite machten sie sich auf den Weg.
    »Ach ja? Wie zum Beispiel?« Ab und zu räusperte er sich noch, doch er hatte sich von dem Schreck der lebendigen Zwischenmahlzeit anscheinend wieder erholt.
    »Ich weiß nicht genau. Jedenfalls nicht männlich-attraktiv. Sie wirken eher souverän, als ob Ihnen so etwas nie passiert.«
    »Sie finden mich also männlich und attraktiv? Und sonst noch? Reden Sie gerne weiter! Ich höre Ihnen zu.« Er grinste verschmitzt.
    »Das ist nicht fair. Ich darf Ihnen keine Frage stellen, aber Sie fragen mich schon wieder aus.«
    »Überzeugt«, sagte er nach einer kurzen Pause. »Sie dürfen mich auch etwas fragen. Zum Beispiel, wie Sie auf mich wirken.«
    »Besser nicht!« Sie winkte ab. »Momentan bin ich etwas aus der Form geraten, vorsichtig ausgedrückt. Wahrscheinlich würden Sie mich höflich als vollschlank oder Wuchtbrumme beschreiben. Nein danke!« Sie schnaufte. Schnell setzte sie hinzu: »Ich war früher nicht so moppelig. Hatte in letzter Zeit viel Stress, dann futtere ich immer, als gäbe es kein morgen.«
    »Moppelig?« Er blieb stehen. »Was soll das denn heißen? Sie finden sich doch nicht etwa zu dick?« Er rollte mit den Augen und sah aus, als gehe ihm dieses Thema gewaltig auf die Nerven. »Bitte, sagen Sie mir, dass Sie nicht zu den Frauen mit Wahrnehmungsstörung gehören, die ständig an sich herummäkeln, obwohl sie einen perfekten Körper haben.« Jasmin setzte zum Widerspruch an, aber er ließ sie nicht zu Wort kommen. »Sie haben weibliche, attraktive Rundungen an den genau richtigen Stellen, würde ich sagen.« Ohne Vorwarnung machte er sich wieder auf den Weg. Jasmin musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten. »Wahrscheinlich glauben Sie auch noch, dass Ihre Haare schlecht sitzen, oder?« Woher wusste er das? »Ich habe eine Schwester, ich kenne das gesamte Programm«, entgegnete er, als habe er ihre Gedanken gelesen. Er schüttelte den Kopf. »Frauen!«, stieß er resigniert aus.
    »Jetzt übertreiben Sie aber. Ich meine, ich bin ja gar nicht dauernd unzufrieden. Hab nur ein bisschen zugelegt. Wenn ich wieder zu

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