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Der Sommer auf Usedom

Der Sommer auf Usedom

Titel: Der Sommer auf Usedom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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kriegt man ja Angst!« Ein Paar in ihrer Nähe drehte sich zu ihr um und lachte. Von allen Seiten erntete sie amüsierte Blicke. »Hier verstehen wohl alle Deutsch, was?«, flüsterte sie ihm zu.
    »Klar. Die meisten Polen im Grenzgebiet sprechen unsere Sprache, aber hier auf dem Markt laufen sowieso überwiegend Deutsche herum.«
    Sie kamen an einen Stand mit Holzschnitzereien und schweren gewebten Wandbehängen. Die Stücke entsprachen nicht im Geringsten Jasmins Geschmack, waren aber handwerklich hervorragend gearbeitet. Sie trat einen Schritt näher heran.
    »Guter Preis«, tönte es augenblicklich aus einer Ecke der kleinen Verkaufshütte. Jasmin hatte den Mann gar nicht gesehen, der auf einem Hocker zwischen einer geschnitzten Madonna und einem hölzernen Leuchtturm gesessen hatte. »Ist diese Geschäft viele billiker als andere billike Geschäfte«, verkündete er.
    »Oh, da kann ich kaum widerstehen.« Sie lächelte freundlich. »Blöderweise sind wir zu Fuß hier. Ich kann unmöglich eines dieser Kunstwerke bis nach Heringsdorf schleppen.«
    »No hast du Mann mit. Kann derr schleppen. Sonst ich kann auch besorrgen Transporrt. Ist kein Problem.«
    »Das ist wirklich nett. Vielleicht beim nächsten Mal.« Jasmin nickte dem Verkäufer zu und ging rasch weiter. Auf keinen Fall würde sie sich noch irgendetwas hier aus der Nähe ansehen und damit womöglich ein Kaufinteresse signalisieren, beschloss sie.
    »Sie können gut lügen«, meinte der namenlose Dieter, den sie heute nicht so nennen mochte, nachdem er sie gebeten hatte, nicht von seinem Namen und seiner Herkunft zu sprechen. »Von wegen Heringsdorf.«
    »Danke, dass Sie mich nicht verraten haben.«
    »Gern geschehen. Danke, dass Sie mich nicht schleppen lassen.«
    »Ebenfalls gern geschehen. Wir sind quitt.«
    Sie liefen zwischen den Buden entlang, das Angebot wiederholte sich. Jasmin taten die Füße weh. Blasenpflaster gab es hier wohl nicht. Wie konnte sie ihm klarmachen, ohne ihn zu kränken, dass sie von seinem Ausflugsprogramm schon die Nase voll hatte?
    »Sammeln Sie eigentlich auch Kunstgegenstände?«, fragte er da unvermittelt. Er sah sie an. »Ich meine, das ist doch naheliegend, wenn man so viel davon versteht. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man auch ein paar kostbare Stücke besitzen möchte. Einzelstücke meine ich, um die einen jeder andere Kenner beneidet.« Er ließ sie nicht aus den Augen. Wollte er ihr etwas zwischen den Zeilen sagen? Man konnte wirklich den Eindruck gewinnen.
    »Keine Ahnung, was Sie meinen. Jeder hat doch wohl das eine oder andere Bild zu Hause.«
    »Natürlich, aber davon rede ich nicht. Ich rede von Raritäten, auf die man besonders stolz ist, weil sie schwer zu beschaffen und eben einzigartig sind. Wenn man sich sehr viel mit solchen Objekten beschäftigt, taucht der Wunsch, einige davon zu Hause zu haben, von ganz allein auf, stelle ich mir vor.«
    »Na, Sie scheinen eine Menge Fantasie zu haben. Was Siesich so vorstellen. Ich kaufe jedenfalls nichts, wenn Sie darauf hinauswollen«, gab sie schroffer als beabsichtigt zurück. »Ich sorge lieber selbst dafür, dass es in meiner Wohnung ein paar Objekte gibt, auf die ich stolz bin.« Seine Antwort war ein kaum erkennbares Nicken. Im nächsten Moment hellte sich seine ernste Miene auf. Er zeigte auf einen Stand mit Unterwäsche in wiederum beeindruckender Größe. »Wollen Sie etwas kaufen, oder gehen wir weiter zur Promenade?«
    »Promenade!«
    Die Häuser auf dem Weg zum Strand waren überwiegend grau und trostlos. Geschmacklose Klötze, von denen Putz und Farbe abbröckelten. Ganz anders sah es an der Promenade aus. Dort erwarteten sie Villen im Stil der Bäderarchitektur. Nicht alle waren gut in Schuss, viele jedoch strahlten die Eleganz einer vergangenen Epoche aus.
    »Swinemünde muss einmal wunderschön gewesen sein«, erzählte Dieter. »Leider existieren viele Bauwerke nicht mehr. Die Seebrücke zum Beispiel. Sie soll noch hübscher gewesen sein als die von Ahlbeck. Es gab auch einen Pavillon mit zwei hohen Türmen als Portal. Davon ist nichts mehr übrig.« Er zuckte mit den Schultern. »Wussten Sie, dass der Vater von Theodor Fontane hier Apotheker war?«, fragte er nach einer Weile.
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Lesen Sie Fontanes Kinderjahre , dann werden Sie viel über Usedom, Wollin und speziell über Swinemünde erfahren.«
    »Haben Sie es gelesen?«
    »Nein.« Er verzog ertappt das Gesicht. »Ein guter Freund von mir ist Fremdenführer,

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