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Der Sommer auf Usedom

Der Sommer auf Usedom

Titel: Der Sommer auf Usedom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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versuchte, sich auf die andere Seite zu drehen. Doch sie war in die Decke gewickelt wie eine Mumie, verhedderte sich nun anscheinend vollständig und schimpfte vor sich hin. Es war kein einziges Wort zu verstehen, ihre Stimme war ohnehin noch nicht einsatzbereit, obendrein klang sie durch das Federbett ziemlich dumpf. Nur der Tonfall verriet, dass sie mürrisch war.
    »Los, hoch mit dir«, kommandierte Jasmin ungerührt. »Du musst arbeiten. Nehme ich jedenfalls an. Außerdem ist das Frühstück fertig, die Sonne scheint, es wird ein herrlicher Tag. Ach ja, und da liegt ein Mann in deinem Wohnzimmer.«
    »Verdammt!« Gabi schoss hoch, die Decke flog zum Fußende des Bettes.
    »Keine Angst, es ist nur der Käsemann«, beruhigte Jasmin sie.
    »Natürlich der Käsemann, wer denn sonst?« Gabi schwang die Beine aus dem Bett und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. »Ich wollte unbedingt vor dir aufstehen und ihn rausschmeißen. Du hättest das gar nicht mitkriegen müssen.«
    »Du hast also etwas zu verbergen«, flötete Jasmin belustigt.
    »Ach Quatsch, es ist überhaupt nicht so, wie du denkst.«
    »Ich glaube, das ist der Satz auf der Welt, der am häufigsten nicht stimmt.«
    Gabi stöhnte. Sie schlüpfte in eine Hose, die sie sonst wahrscheinlich nur zum Yoga trug, und warf sich ein passendes sportliches Hemdchen über.
    »Siehst du, du denkst es. Genau das wollte ich verhindern. Ich kümmere mich um ihn. Sei bitte so taktvoll, uns noch eine Viertelstunde alleine zu lassen. Dann ist er weg, ich verspreche es.«
    »Du kannst ihn doch nicht brutal rausschmeißen. Warum kann er nicht in Ruhe einen Kaffee mit uns trinken?«
    »Weil seine Frau ihn dann umbringt. Ist das ein Argument?«
    »O Mist, er ist verheiratet!« Daran hatte Jasmin gar nicht mehrgedacht. Dass Gabi sich – völlig überraschend – mal wieder mit einem Mann eingelassen hatte, war wunderbar, aber musste es ausgerechnet ein Ehemann sein?
    »Problem erkannt.« Gabi war schon halb aus dem Zimmer. »Nein, das ist kein Problem, zumindest nicht meins. Ich erkläre dir alles nachher in Ruhe, jetzt sehe ich erst mal zu, dass ich ihn schnellstens wach kriege.« Weg war sie.
    Jasmin nutzte die Zeit, um Rührei mit frischen Kräutern zu machen. Das würde ihrer Freundin gut bekommen. Während sie in der Pfanne rührte, hörte sie gedämpfte Stimmen. Es dauerte keine zehn Minuten, bis Gabi in der Küchentür erschien.
    »Die Luft ist rein.« Sie schnupperte. »Apropos Luft … das duftet herrlich, da läuft mir glatt das Wasser im Mund zusammen, obwohl ich dachte, ich würde nichts runterkriegen.«
    »Dann mal los!« Jasmin füllte das Ei in eine Schüssel und trug es zum Esstisch. »Konnte er überhaupt schon wieder Auto fahren?«, fragte sie und grinste.
    »Er kann schon, ob er schon wieder darf, ist die Frage.« Gabi seufzte. »O Mann, was für eine Nacht!«
    »Ich will Details hören.«
    »Die sind nicht halb so spannend, wie du erwartest. Pierre hat mir gestanden, dass er mich mit Absicht, nein, sogar mit Vorsatz betrunken gemacht hat.«
    »Soso, Pierre …« Jasmin warf ihr einen tiefen Blick zu. »Und du sagst, es ist nicht spannend?«
    »Um mir sein Herz auszuschütten. Er hat mich und natürlich sich selbst abgefüllt, um sich einmal seinen gesamten Kummer von der Seele reden zu können. Der Alkohol sollte dafür sorgen, dass er sich das traut und dass ich mich am nächsten Morgen nicht mehr erinnere. Wie du merkst, klappt es in meinem Fall nicht.«
    »Was hat er denn so Schreckliches auf dem Herzen?«
    »Seine Frau macht ihm das Leben zur Hölle. Sie war seine absolute Traumfrau. Für sie hat er in Frankreich eine vielversprechendeKarriere hingeworfen und ist nach Usedom gekommen. Er sagt, sie habe sich nach der Hochzeit schlagartig verändert. Vorher hat sie ihn verwöhnt, sich ihm angepasst, immer darauf geachtet, dass es ihm gutgeht. Doch seit sie seinen Ring trägt, engt sie ihn ein, macht ihm Vorschriften und denkt nur noch an ihr eigenes Wohl.«
    »Wieso hat er ausgerechnet dir das erzählt? Oder anders gefragt: Kann es sein, dass er es auf dich abgesehen hat? Männer erzählen gerne das Märchen von der unglücklichen Ehe, um eine Frau rumzukriegen.«
    Gabi lachte und nahm sich die zweite Portion Rührei. »Da bist du auf dem völlig falschen Dampfer. Er hat es mir erzählt, weil er mir unbedingt sein Hin und Her wegen des Anbaus erklären wollte. Daran ist nämlich sie schuld. Sie will eine repräsentative offene Feuerstelle und ein

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