Der Sommer auf Usedom
Hause bin, mache ich wieder regelmäßig Sport, dann ist das ganz schnell erledigt.« Schön wär’s, dachte sie.
»Welche Sportart machen Sie?«
»Volleyball«, antwortete sie ohne zu zögern …
»Wirklich? Ich auch. Vielleicht können wir zusammen am Strand spielen, wenn Sie Lust haben.«
»Tolle Idee. Allerdings muss ich meiner Freundin auch etwas Zeit widmen, und ich will ja noch malen …« Außerdem ist es mindestens elf Jahre her, dass ich das letzte Mal gespielt habe, ergänzte sie im Geiste.
Die Grünanlagen zu ihrer Linken waren inzwischen von einem Kiefernstreifen abgelöst worden. Immer wieder kamen sie an Strandzugängen vorbei. Nachdem sie ein Hotel passiert hatten, das wie eine kleine Burg das Ende der strandnahen Bebauung markierte, breitete sich der Wald zu beiden Seiten der Dünenstraße aus.
»Was macht Ihre Freundin hier auf Usedom? Ich meine, beruflich.«
»Sie ist Architektin.«
»Oh, interessant.«
»Ja, finde ich auch. Sollte ich jemals zu Geld kommen, würde ich mir von ihr ein Haus bauen lassen. Sie ist wirklich gut, hat ungewöhnliche Ideen.«
»Und Sie? Was machen Sie, wenn Sie nicht im Urlaub sind? Sie leben nicht von der Malerei?«
Jasmin lachte auf. »Nein, oje, da würde ich verhungern.« Ein paar Möwen segelten über die Kiefern hinweg. Das Rauschen der Wellen war von dem dichten Grün etwas gedämpft. Sie überlegte, ob sie ihm ihren Beruf verraten sollte. Dann entschied sie sich dagegen. »Ich dachte, wir wollten uns heute nichts fragen, zumindest nicht so etwas. Fanden Sie das nicht reizvoll?«
»Irgendwie schon, ja.« Das klang nicht gerade überzeugend.
Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinanderher. »Ich dachte, in Swinemünde gibt es nur den Grenzmarkt«, sagte Jasmin in die Stille. »Sagen Sie nicht, der ist das Ziel unserer Wanderung.«
»Doch. Alle lieben den Markt. Sie etwa nicht?« Er sah sie entsetzt an.
»Ich war erst einmal da. Umgehauen hat er mich nicht, wenn ich ehrlich bin.«
Sein schockierter Gesichtsausdruck wich einem breiten Grinsen. »Wir kommen daran vorbei, aber dafür habe ich Sie nicht auf Ihren niedlichen Schuhen so weit laufen lassen. Wir haben die Grenze übrigens schon hinter uns. Haben Sie es gemerkt?«
»Nein.« Sie war überrascht, dann fiel ihr ein, dass sie einen breiten Weg überquert hatten, bevor sie Richtung Markt abgebogen waren.
»Ist das nicht toll, dass man einfach von Deutschland nach Polen spazieren kann? Als ich ein Kind war, ging das noch nicht.«
Sie nickte. »Stimmt. Ich habe mir fest vorgenommen, irgendwann mal die Küste weiter nach Osten zu reisen bis hinauf nach Danzig. Soll eine sehenswerte Stadt sein.«
»Sie waren noch nicht da?« Er sah sie prüfend an.
»Nein, irgendwie bin ich noch nicht dazu gekommen. Alleine habe ich auch nicht gerade große Lust zu einer Tour dorthin.«
»Sie haben keinen Freund?«
»Nein.« Beiläufig fügte sie hinzu: »Mein Mann würde das nicht gerne sehen.«
Er zog die Stirn kraus. »Sie sind verheiratet?«
»Trauen Sie mir das nicht zu?« Sie lachte.
»Doch, natürlich, aber Sie tragen keinen Ring. Und Sie verbringen Ihren Urlaub alleine bei einer Freundin.«
»Gut beobachtet.«
»Außerdem haben Sie mir die Chance auf ein zweites Rendezvous gegeben, nachdem ich das erste verdorben hatte. Sie sind nicht der Typ, der sich einen Ferienflirt gönnt, wenn zu Hause ein Ehemann wartet.«
»Also schön, Sie haben mich durchschaut. Ich bin nicht verheiratet.«
Er atmete auf. »Da bin ich aber froh.«
Der Markt bestand aus kleinen Buden, in denen es in erster Linie Zigaretten, Kleidung und Musik-CDs gab. Aber auch handgeflochteneKörbe in allen Größen und Formen wurden angeboten.
»Sie müssen einmal im Spätsommer oder Herbst herkommen«, riet er ihr. »Dann gibt es Beeren und Pilze, Steinpilze, Maronen und Pfifferlinge zu sehr niedrigen Preisen.«
»Kochen Sie gern?«, wollte sie wissen.
»Kommt darauf an. Wenn ich Zeit habe, koche ich schon gerne, ja. Aber ich hasse es, wenn ich vom Dienst komme und eigentlich nur noch die Füße hochlegen will.« Er stockte. Beinahe hätte er wohl verraten, was er beruflich machte. Jasmin hätte um ein Haar gefragt, doch schon fing sie einen warnenden Blick von ihm auf und ließ es lieber bleiben.
»Ganz entzückend«, sagte sie, um das Thema zu wechseln, und deutete auf eine bestickte Schürze. Gleich daneben hingen Büstenhalter an einem Metallgitter. »Lieber Himmel«, rief sie. »Was sind das denn für Körbchengrößen. Da
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