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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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der Ferne laut krachen.
    Karin, auf deren Miene sich Bestürzung spiegelt, geht vom Gas. Vermutlich bereut sie jetzt ihr unüberlegtes Handeln, das zu dieser brenzligen Situation geführt hat. Nie und nimmer hätte sie zulassen dürfen, dass ihre ungestüme Art Oberhand gewinnt und sie beinah bei einem Unfall ums Leben kommen. Wie oft in den vergangenen Jahren hat sie sich in seine Arme geflüchtet, bitterlich geweint und sich selbst dafür gerügt, eine ‹Dummheit› begangen zu haben?
    Der Wagen poltert über die mit Schlaglöchern übersäte Piste. Links und rechts von ihnen ragen hohe Maisstauden auf. Der Nebel lichtet sich und gibt den Blick auf einen strahlend blauen Himmel frei.
    «Bizarr», meint Karin.
    «Meinst du, das hier ist auch eine Einbahnstraße?»
    «Falls ja, kann ich nur hoffen, dass wir in die richtige Richtung fahren.»
    Mac greift nach seinem iPod und wählt mit zitternden Fingern etwas Ruhiges, ein klassisches Violinkonzert, während ihr kleines Auto über diese Holperpiste, im Grunde genommen ein Feldweg, rollt und sie Gott weiß wohin bringt. Da es im Moment keiner Worte bedarf, schweigen sie. Jetzt geht es nur darum, diese Landpartie irgendwie hinter sich zu bringen.
    Kurze Zeit später fahren sie aus dem Maisfeld heraus auf eine asphaltierte Kreuzung. Auf der anderen Seite ist ein Wirtshaus mit frisch gestrichenen weißen Schindeln und einem schwarzen Schild, auf dem
The Drunken Duck Inn and Restaurant
steht. Ohne zu fragen, fährt Karin auf den Parkplatz hinter dem Gebäude.
    «Scheiß auf Tee», ruft sie.
    Sie finden einen Tisch auf der überdachten Veranda und bestellen in der Region gebrautes Bier, das in riesigen Humpen serviert wird. Der Nebel lichtet sich, und die Sonne kommt zum Vorschein, sodass sie ihre Jacken ausziehen können. Kurz darauf ordern sie noch eine Runde Bier und eine Platte mit Crackern und Ziegenkäse.
    In der ländlichen Ruhe ertönt ohne Vorwarnung Sirenengeheul, und Sekunden später rauscht ein Krankenwagen an ihnen vorbei.
     
    Hat es die grauhaarige Frau von vorhin erwischt? Ihren Mann? Oder gar beide? Werden sie gleich ins Krankenhaus gebracht?
    «Sie hat, nachdem ich mich bei ihr entschuldigt habe, zu mir gesagt:
Ach, ich habe es so satt, den halben Tag in diesem verdammten Stau zu stehen
. Und dann wollte sie wissen, was mir leidtut.
Dass wir hier festhängen? Das ist nicht Ihre Schuld, meine Liebe.
Ihr grimmiger Blick hat also nicht uns gegolten. Sie war einfach sauer, dass sie auf einer Einbahnstraße mitten auf dem platten Land festsaß. Wir haben nur ein bisschen geplaudert und gelacht. Mehr war nicht.
Ich denke, wir sollten umkehren und von hier verschwinden
, meinte ich zu ihr. Da hat sie dem Mann auf dem Fahrersitz, der stur nach vorn schaute und die Hände nicht vom Lenker nahm, einen Blick von der Seite zugeworfen. Er muss ihr Mann gewesen sein, denn sie trugen die gleichen Eheringe.
Wir werden vermutlich hierbleiben
, erwiderte sie leicht angesäuert. Herrje, ich hätte sie nach ihrem Namen fragen sollen.»
    «Vielleicht ist sie ja gar nicht in den Unfall verwickelt», gibt Mac zu bedenken, der ebenso ratlos ist wie ich. Und ehe das Sirenengeheul verstummt, kommt der glänzende weiße Audi langsam aus dem Maisfeld, bleibt kurz stehen, biegt nach links ab und fährt davon. Als sie an uns vorbeifahren, kriege ich gerade noch mit, wie die Frau sich ihrem Mann zuwendet und er wortlos nickt.
    «Wer hat vor ihnen gestanden?», frage ich Mac.
    «Keine Ahnung.»
    «Ich auch nicht.»
    Er nimmt einen tiefen Zug aus dem Humpen. Ein kleiner Bierschaumstreifen ziert seine Oberlippe.
    «Gott, das war echt knapp. Tut mir leid, Mac.»
    Er fährt mit der Zunge über die Oberlippe, streckt die Hand aus. «Die Schlüssel.»
    «Du kannst auch nicht mehr fahren. Wir sind beide angeschickert.»
    «Auf dem Schild steht
Zimmer frei
. Falls nötig, können wir hier übernachten.»
    «Wir haben ein Zimmer in Penrith reserviert.»
    «Ist doch egal.»
    «Leider schwimmen wir nicht im Geld.»
    «Was kümmert es mich?»
    «Und wie soll Mary uns dann erreichen?»
    «Mary ist in Italien. Und sie hat unsere Handynummern und wird uns schon noch anrufen.»
    «Dein Wort in Gottes Ohr.»
    «Das Essen hier sieht ziemlich gut aus.» Schatten fällt auf sein Gesicht. Hinter den Feldern auf der anderen Straßenseite geht langsam die Sonne unter, und dieser Nachmittag neigt sich dem Ende zu.
     
    In dunkler Nacht fahren sie gemächlich von Ambleside nach Penrith. Die größtenteils

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