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Der Sommer deines Todes

Der Sommer deines Todes

Titel: Der Sommer deines Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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seine Eltern denken und wird ein bisschen melancholisch.
    «Was darf’s denn sein?»
    «Scotch auf Eis und ein Glas Wein, einen Pinot Grigio, wenn’s keine Umstände macht.»
    «Gerne.»
    Mit einem leisen Grinsen dreht Mac sich zu McLaughlin um und meint: «Eigentlich bin ich gar kein richtiger Yankee. Ist noch gar nicht lange her, dass meine Familie in die Staaten ausgewandert ist. Seamus MacLeary, Amerikaner in der ersten Generation.» Er streckt die Hand aus, die McLaughlin beherzt schüttelt.
    «Dann sind Sie also einer von uns, hm?»
    «Meine Eltern sind in Dublin aufgewachsen.» Der Mann hinter Mac verlässt die Bar. Mac nutzt die Gelegenheit und setzt sich auf den frei gewordenen Hocker. «In gewisser Weise fehlte ihnen die Heimat, aber sie haben ihren Schritt nie bereut. Wo stammen Sie her?»
    «Wartet sie nicht auf ihren Wein?», fragt McLaughlin.
    Mac späht zu dem leeren Tisch hinüber, an dem Karin gerade eben noch gesessen hat. «Sieht aus, als wäre meine Frau sich kurz frisch machen.»
    «Ach ja? Na, wo Sie schon fragen … ich bin auch ein Sohn Dublins. Und wo leben Sie?»
    «New York City.»
    «The Rotten Apple.»
    «The Big Apple», korrigiert Mac ihn.
    «Ja, schon klar.» McLaughlin lacht. Seine Zähne müssen richtig teuer gewesen sein. «Ich war letztes Jahr für eine Woche in New York und war hinterher ziemlich desillusioniert.»
    «Was ist passiert?»
    «Nichts Besonderes. Ich wurde in der U-Bahn überfallen.»
    «Tut mir leid, das zu hören. Wo denn?»
    «Irgendwo in East New York. Das ist alles, woran ich mich erinnere.»
    «Ein weißer Mann im Anzug in East New York? Keine gute Idee.»
    «Wir haben einen Nachtklub in Williamsburg gesucht, der im
Time Out
angepriesen wurde. Zwei Typen haben mir meine Brieftasche abgenommen und mir zum Abschied noch ein blaues Auge verpasst.»
    «Dass Williamsburg in East New York liegt, ist mir neu.»
    «Tja, so ein kulturloser Typ wie ich sollte seinen Schreibtisch wohl besser gar nicht erst verlassen.»
    «Haben die Typen Ihre Frau auch belästigt?» Mit einem Blick auf McLaughlins Ehering dreht er – ganz solidarisch – an seinem.
    «Ich war beruflich dort. Sie war glücklicherweise nicht dabei.»
    «Und womit verdienen Sie Ihr Geld?»
    McLaughlin grinst verkniffen. «Den Amerikanern sagt man ja nach, dass sie kein Blatt vor den Mund nehmen. In Europa gilt diese Direktheit als unhöflich.»
    «Sorry.»
    «So ist es schon besser.»
    «Also … womit verdienen Sie Ihr Geld?»
    Die beiden Männer brechen in schallendes Gelächter aus und McLaughlin bedeutet dem Barkeeper mit einem Nicken, ihnen nachzuschenken.
    «Erschießen Sie mich bitte nicht: Ich bin Banker.»
    «Ich bin nicht bewaffnet», entgegnet Mac leichthin. Dass er bei einer Ermittlung gelegentlich eine Waffe trägt, kann McLaughlin ja nicht wissen.
    «Und Sie?»
    Während Mac einen Schluck von seinem Drink nimmt, denkt er sich eine Biographie aus. «Professor.» Hätten der Polizeidienst und die Möglichkeit, Gutes zu tun, nicht eine so große Faszination auf ihn ausgeübt, wäre er vielleicht tatsächlich an der Uni gelandet.
    «Welches Fach?»
    «Literatur. Lesen Sie?»
    «Bis auf die Tageszeitung eher weniger.»
    «Mein Schwerpunkt ist die russische Literatur des neunzehnten Jahrhunderts», fährt Mac fort, wohl wissend, dass McLaughlin sich auf diesem Feld nicht auskennt und ihm keine heiklen Fragen stellen wird. «Tolstoi, Dostojewski, Tschechow und so weiter.»
    «Klingt interessant.» McLaughlin wirft einen Blick auf seine Uhr.
    Mac beugt sich vor und sagt: «Um ehrlich zu sein, ich könnte einen Finanztipp gebrauchen.»
    «Verfügen Sie über eine Milliarde Pfund?»
    «Nicht in bar.»
    «Dann bin ich leider nicht Ihr Mann.» McLaughlin lächelt höflich. «Sorry. Ich wollte damit sagen, dass ich nur sehr vermögende Kunden betreue.»
    «Wow», meint Mac mit gespielter Ehrfurcht. «Ich verstehe. Solange jemand nicht auf der
Forbes
-Liste steht, rühren Sie also keinen Finger?»
    «So in etwa. Sie haben
Forbes
und wir allerdings die
Sunday Times

    «Und … wie ist das? Muss doch irgendwie hart sein, mit so unglaublich viel Geld zu arbeiten und gleichzeitig zu wissen, dass man selbst ein armer Schlucker ist.»
    «Auf der Uni habe ich
Krieg und Frieden
gelesen, und ich kann Ihnen versichern, dass Versuchung, Schuld und Sühne in meiner Gefühlswelt keinen Platz haben. Das Bankwesen ist eine Wissenschaft, die einen kühlen Kopf erfordert. Es ist nur ein Job, nicht mehr und nicht

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