Der Sommer der Frauen
ich dir jetzt einen Heiratsantrag gemacht habe, anstatt noch damit zu warten. Ich wollte dir Halt geben, dir das Gefühl geben, dass jemand da ist, der dir den Rücken stärkt.»
Und dafür war sie ihm ja auch dankbar. Aber – aber, aber, aber. Was steckte hinter diesem Aber? Dass sie niemanden wollte, der ihr den Rücken stärkte? Dass sie da allein durchmusste? Dass sie das Gefühl hatte, noch etwas anderes erleben zu müssen, ehe sie sich endgültig für immer und ewig hier niederließ? An diesem einen Ort? Jetzt, wo ihre Mutter – das hieß, Kat würde die Pension erben. Isabel und June würden über kurz oder lang in ihr eigenes Leben zurückkehren. Oliver und die Pension würden ihr Leben sein, so wie sie es immer schon gewesen waren.
«Kat, ich möchte für dich da sein. Ich will mein Leben mit dir verbringen. Aber falls du in einem schwachen Augenblick Ja gesagt hast und eigentlich ‹Ich weiß es nicht› gemeint hast oder Nein sagen wolltest, dann sag es mir bitte. Spiel nicht mit mir.» Seine Stimme klang brüchig.
«Ich … ich weiß es einfach im Augenblick nicht genau.»
Er fasste sie an den Schultern und drehte sie zu sich herum. «Willst du mich heiraten oder nicht, Kat Weller?»
«Ich weiß es nicht», sagte sie ehrlich. «Kannst du mir nicht ein bisschen Zeit geben, um das alles zu verarbeiten?»
«Du bedeutest mir sehr viel. Und natürlich gebe ich dir Zeit. Trotzdem glaube ich, dass man im Grunde seines Herzens weiß, was man fühlt, Kat. Ganz tief in sich drin weiß man es. Und ich glaube, du weißt es auch, und die Tatsache, dass ich nicht weiß, was du empfindest, beunruhigt mich. Sehr sogar.»
«Gib mir einfach etwas Zeit, okay?», bat Kat und sah ihm in die Augen.
Er stieg aus der Badewanne und verließ den Raum, und plötzlich war ihr kalt.
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10. Isabel
V or nicht allzu langer Zeit lebte Isabel in einem komfortablen Haus in Connecticut, wo zweimal pro Woche die Haushälterin kam. Jetzt stand sie in einem geliehenen Paar alter Jeans von Kat im Fischadlerzimmer, bewaffnet mit Schrubber, gelben Gummihandschuhen und Putzutensilien. Das Möwen- und das Muschelzimmer waren bereits erledigt, das Zimmer der Familie Dean hatte sie sich extra bis zum Schluss aufgehoben. Angesichts ihrer heimlichen Schwäche für Griffin fühlte es sich ein wenig seltsam an, in seinem Zimmer zu stehen. Als würde sie ihm nachspionieren.
Dabei war sie tatsächlich hier, um sauber zu machen. Sie war zwar erheblich aus der Übung, aber im Laufe der letzten Woche hatte sie erstaunt festgestellt, dass es ihr Freude machte, schmutziges Geschirr in die Maschine zu räumen, Oberflächen und Schränke zu wischen, die Böden mit dem nach Zitrone duftenden Wischmopp zu schrubben, den Gästen hinterherzuräumen und die Zimmer zu machen. Es gefiel ihr, die Betten frisch zu beziehen, Kissen aufzuschütteln und Tagesdecken glattzustreichen. Es verlieh ihr ein Gefühl der Produktivität, die gebrauchten Bettbezüge und Laken und Handtücher im großen Weidenkorb in die Waschküche hinter der Küche zu tragen. Ein Gefühl, das sie seit langer Zeit nicht mehr gehabt hatte. Dabei ging es natürlich nicht so sehr ums Putzen selbst als darum, sich insgesamt um die Pension zu kümmern. Diese Verantwortung machte ihr mehr Freude, als sie sich das je hätte träumen lassen.
Außerdem konnte sie sehr viel besser putzen, als sich um das Abendessen für die Familie zu kümmern. Gestern Abend wollte weder von ihrem Hühnchen nach Jägerart noch von ihrem Ceasar Salad irgendjemand eine zweite Portion. Genauso wenig wie von ihrer Lasagne am Abend zuvor, und das, obwohl Lasagne eigentlich zu Charlies Leibspeisen gehörte. Wenigstens das Knoblauchbrot war okay gewesen.
Auch wenn Isabel also eindeutig keine gute Köchin war, machte ihr das Kochen Spaß, und sie wollte ab jetzt versuchen, sich an die Anleitungen in Lollys Julia-Child-Kochbuch zu halten. Vielleicht würde sie auch einen Kochkurs besuchen. Sie hatte nicht geahnt, wie schön es war, jeden Abend für Menschen zu kochen, die ihr am Herzen lagen. Sie und Edward hatten sich abends oft einfach etwas zu essen geholt oder waren essen gegangen, ins Restaurant oder zu Einladungen von Edwards Mandanten oder Partnern. Oder aber sie hatte alleine gegessen, eine der fertig portionierten und beschrifteten Mahlzeiten aus der Tiefkühltruhe, die ihre Haushälterin für sie gekocht hatte.
Griffin war ordentlich, fiel ihr auf, als sie den Blick durch das Zimmer
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