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Der Sommer der Frauen

Der Sommer der Frauen

Titel: Der Sommer der Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia March
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eine Familie gründen werdet.
Das wünschte sie sich um Marleys Willen, und für sich selbst. Ein Happy End musste keine Phantasievorstellung bleiben, und dafür konnte Marley der Beweis sein.
    Keine fünf Minuten später kam Marley weinend aus dem Haus gelaufen. «Fahr!», schrie sie. «Bring mich weg von hier.»
    Junes Neid wich der Furcht.
    *****
    Beim Frühstück in der Pension, das Isabel ihnen netterweise in der Küche servierte, erzählte Marley June von der Antwort, die sie sich von Kip erträumt hatte, einem Heiratsantrag, und seiner echten Antwort, die nur aus einem einzigen Wort bestanden hatte. «Was?», hatte er ständig wiederholt, als könnte aus einem geplatzten Kondom doch niemals eine Schwangerschaft werden. Er war völlig geschockt und sagte, er müsse nachdenken, und das sei verdammt noch mal unmöglich, solange sie dastand und ihn so ansah. Also war sie hinausgerannt.
    Himmel. June zog sich der Magen zusammen bei der Vorstellung, dass John ähnlich reagiert hätte. Damals oder heute.
    Als der verschlafene Charlie in seinem Spiderman-Schlafanzug und mit verstrubbelten Haaren in die Küche kam und sich June auf den Schoß warf, um sich in die Arme nehmen zu lassen, veränderte sich in Marleys Gesichtsausdruck etwas Grundlegendes.
    «O mein Gott!», sagte sie mit glänzenden Augen.
    «Ja», flüsterte June. «Was auch immer passiert, das kommt dabei heraus.»
    Marley biss sich auf die Lippe und legte sanft die Hand auf ihren Bauch, und June wusste, dass ihre neue Freundin es schaffen würde.
    *****
    Der Typ, der im Gang mit den Maine-Büchern stand und in
Abseits der ausgetretenen Pfade: Die Küste von Maine
blätterte, sah John Smith derart ähnlich, dass June bei seinem Anblick die Luft wegblieb. Erst eine Sekunde, einen Herzschlag später, merkte sie, dass er es nicht war. Er war groß und schlaksig, hatte dunkle, glatte Haare und helle Haut – und er war höchstens einundzwanzig. Plötzlich wurde June sich bewusst, wie sehr sie in der Vergangenheit lebte. Eine hübsche junge Frau trat neben den Jungen, zwei Neuerscheinungen in der Hand, und June verspürte einen so heftigen Stich im Herzen, dass sie sich auf ihren Stuhl hinter der Kasse setzen und Luft holen musste.
    Sie vermisste die Liebe. Sie vermisste Arme, die sie hielten. Sie vermisste Sex. Sie musste akzeptieren, dass John Smith nie bei Books Brothers durch die Tür spazieren würde, nie auf dem Kiesweg zum Three Captains’ Inn auftauchen würde, sie jetzt, nach sieben Jahren, nicht plötzlich suchen und finden würde, um ihr zu sagen, er hätte nie aufgehört, an sie zu denken.
    Er hatte damit aufgehört. Nach zwei Nächten. Sie musste ihn endlich loslassen, auch wenn sie um Charlies Willen die Suche nach ihm nicht aufgeben durfte. Das war der entscheidende Punkt. Sie musste ihn für Charlie suchen, nicht für sich. Das hatte ihr Marleys Erlebnis von heute Morgen klargemacht, mehr als alles andere. Diese Wunschträume, mit denen sie in den letzten Wochen eingeschlafen war, diese Phantasien von etwas, das nicht passieren würde, spielten ihr üble Streiche und konnten nur zu einer Enttäuschung führen, die sie völlig zermürben würde, und dafür fehlte June die Kraft. Vor allen Dingen hatte sie nicht die Kraft, sich von ihrer eigenen Dummheit zermürben zu lassen.
    Lass ihn los
, sagte sie sich zum ungefähr siebzigsten Mal.
    Sie warf einen Blick auf die Piratenuhr in der Kinderbuchabteilung: Viertel vor zehn. Noch fünfzehn Minuten. Während des langen Wochenendes hatte die Buchhandlung verlängerte Öffnungszeiten, von acht Uhr morgens bis zehn Uhr abends, um sowohl die Frühaufsteher auf dem Weg an den Strand mitzunehmen als auch denjenigen eine Chance zu geben, ein oder zwei oder auch vier Bücher zu kaufen, die nach dem Abendessen oder auf dem Rückweg von den Ausflugsbooten noch hereingeschlendert kamen. Sie hatte gestern bis spätabends mit Marley geredet und war heute Morgen schon in aller Frühe auf ihrer Mission für Marley unterwegs gewesen, doch June fühlte sich unglaublich energiegeladen. Marleys offenbarender Gesichtsausdruck bei Charlies Anblick hatte ihr wieder klargemacht, wie dankbar sie sein konnte. Für Charlie.
    Sie hatte den ganzen Tag kaum Zeit gehabt, an irgendetwas anderes außer an den Laden zu denken. Bücher empfehlen, Kunden helfen, kassieren, aufräumen, Auslagen arrangieren. In der Buchhandlung hatte das ganze Wochenende über Hochbetrieb geherrscht. Dieser Montagabend bildete traditionell das

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