Der Sommer der lachenden Kühe
werden. Nur ein paar Teller und Löffel fanden Gnade.
Mäkitalo erklärte, wenn er erst einmal auf seinem Hof den lokalen Weltuntergang inszeniert hätte, würde er sich kaum mehr nach irdischen Gütern sehnen. Den alten Traktor mit Allrad-Antrieb würde er am Schluss in
der Stadt verkaufen, auf ihm fände das bisschen Klein kram Platz, das zwei alte Menschen brauchten: ein paar Fotos, Löffel und Kaffeetassen, diese Gegenstände dürfe man ins Altersheim mitnehmen. Vielleicht würden sie auch zur Schwester seiner Frau nach Kälviä ziehen. Sie hätten diese Pläne während des Winters geschmiedet, denn seine Frau habe das Leben hier in der Einöde ebenso satt wie er selbst.
»Ich zerstöre diese gottverlassene Klitsche so gründ lich, dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt. Vierzig Jahre lang habe ich diese Sümpfe beackert und stehe nun vor dem Nichts. So sieht das Ergebnis aus: ein dem Untergang geweihter Hof und dazu Land, das man in seinen letzten Lebensjahren nicht mal mehr bebauen darf. Dann eben nicht! Machen wir die ganze Chose platt.«
Taavetti Rytkönen fand Gefallen an dem Gedanken. Er wollte beim Niederbrennen und Zerstören des Hofes und seines Inventars mitmachen. Das würde ein großar tiges Schauspiel geben, genau wie damals im Krieg, als sie mit Panzern Ostkarelien gestürmt und ganze Dörfer in Brand geschossen hatten. Hier bot sich die Gelegen heit, mehr als hundert Hektar fest gefügtes Vaterland plattzuwalzen, und dabei brauchte man noch nicht einmal die Abwehrartillerie des Feindes zu fürchten. Bei dieser Zerstörungsaktion würde er seinem alten Freund gern helfen.
Einige Bedenken hatte er allerdings wegen der rechtli chen Seite der Angelegenheit.
Heikki Mäkitalo winkte ärgerlich ab. Er betrachtete es als sein Recht, mit seinem Eigentum zu machen, was er wollte. Er war fertig mit der finnischen Gesellschaft. Er hatte dieses Land unter Einsatz seines Lebens verteidigt,
hatte es mit aufgebaut, und was hatte er dafür geerntet? Nur Verachtung. Die Gesellschaft hatte ihm nichts zu geben und bald auch nichts mehr zu nehmen.
»Das ist meine letzte Tat. Alles wird plattgemacht. Ich rechne mit dem finnischen Staat ab.«
Grimmig fügte Mäkitalo noch hinzu, wenn die Ameri kaner das Recht gehabt hätten, den ganzen Persischen Golf zu zerstören, so könne ihn auch nichts aufhalten. Außerdem verzichte er zumindest darauf, zur Legitima
tion seiner Taten UN-Resolutionen einzufordern. Rytkönen wies auf die Möglichkeit hin, dass verbisse
ne Umweltschützer auftauchen könnten, gerade wenn alles in vollem Gange wäre. Sie würden womöglich die Polizei holen, damit diese einschreite, oder sie würden sich am Traktor festketten. Und vielleicht kämen Fern sehteams und Journalisten. Das wäre unter Umständen ein bisschen unangenehm.
Doch Heikki Mäkitalo war auf alles vorbereitet. Er hatte einen fertigen Brandrodungsplan für ein bestimm tes Abholzungsgebiet. Es war im vergangenen Herbst weitgehend kahl geschlagen und in Abstimmung mit der Forstverwaltung zum Abbrennen vorbereitet worden. Die rauchenden Flächen würden also kein Aufsehen erre gen, wenn er rechtzeitig bekannt geben würde, dass es sich um einen ganz alltäglichen Vorgang, nämlich die Erneuerung eines Waldgebietes durch Brandrodung handle. Außerdem werde er vor Beginn der Aktion die Zufahrtsstraße sprengen. Er habe einen detaillierten Schlachtplan ausgearbeitet und alle Eventualitäten berücksichtigt.
Rytkönen erkundigte sich, wie lange die Zerstörung des ganzen Bauernhofes dauern würde. Der Aufbau war immerhin über vierzig Jahre gegangen, wie viel Zeit würde man wohl für die Zerstörung benötigen?
Mäkitalo schätzte, die ganze Aktion sei nach einer Woche vorbei. Wenn alles nach Plan liefe, könne man es vielleicht sogar in fünf Tagen schaffen, besonders, wenn Rytkönen mithelfen würde.
»Den Doktor Sorjonen müssen wir wohl wegschicken, ehe wir anfangen«, gab Taavetti Rytkönen zu bedenken.
Auch Mäkitalo fand, dass man Ärzte bei einem Zerstö rungswerk nicht gebrauchen konnte, sie taugten nicht für solche Arbeit.
»Und das Vieh? Du hast zehn Rinder im Stall. Die kann man ja nicht alle vorher schlachten, wo sollten wir mit dem Fleisch hin? Ganz zu schweigen von dem vielen Blut!«
Heikki Mäkitalo kletterte auf den Dachboden und kam mit einem breiten Lederriemen zurück, an dem mit Klebeband ein Plastikgehäuse in der Größe einer Ziga rettenschachtel befestigt
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