Der Sommer der lachenden Kühe
obendrein noch gemein zu ihm. Der Arzt sei ein fieser Kerl, der nicht das Geringste von den Lei den erwachsener Männer verstehe, und die Schwestern wuschen seinen Hintern so nachlässig, dass er das Gefühl nicht los wurde, Schaben in der Hose zu haben. Als er hörte, dass Sorjonen auf der Fähre Rymättylä ein Lager aufgebaut hatte und für Rytkönen außerdem ein provisorisches Lazarett errichten wollte, verlangte er, dass man ihn dort ebenfalls hinbrachte, damit er sein verletztes Bein auskurieren konnte. Zunächst erschien Sorjonen der Gedanke abwegig, doch als Mäkitalo nicht lockerließ, sprach er mit dem Arzt, um ihn zu beruhi gen. An eine solche Verlegung sei doch sicher nicht zu denken, der Patient müsste schließlich mitsamt Kran kenbett und allen Gerätschaften transportiert werden?
»Aber gern, es wäre für uns eine große Erleichterung. Mäkitalo hat uns den ganzen Sommer über dermaßen drangsaliert, dass ich schon manchmal Lust hatte, ihm eine Euthanasiespritze zu setzen. Der Mann raucht, flucht und krakeelt Tag und Nacht herum. Ein schlim mer Fall!« So sprach der Arzt. Er wirkte müde und ent nervt, doch in seinen Augen glomm ein Hoffnungs schimmer, als er Sorjonen ansah. Er versprach, Sorjo nen die notwendigen Medikamente und den Krankenbe richt mitzugeben. Mäkitalo könnte auch Bettwäsche und alle weiteren notwendigen Dinge mitbekommen.
Sorjonen erklärte, dass er kein Arzt sei, sondern nur Sanitäter. Er konnte doch schlecht die Verantwortung für den Patienten übernehmen.
»Sie brauchen nur aufzupassen, dass der Alte nicht mitsamt seinem Gips in den See fällt. Unter uns gesagt, da gehört er eigentlich hin. Im Grunde genommen braucht er keine Behandlung. Der Oberschenkelkno chen ist wieder relativ gut zusammengewachsen, hier sind die Röntgenaufnahmen. Achten Sie auf Sauberkeit, hier bei uns ist es fast unmöglich, ihn zu waschen, weil er sich gegen alles sträubt.«
Sorjonen versprach, das Angebot zu überdenken. Si cherlich wäre es schön für Mäkitalo, an heißen Sommer tagen unter einem Schatten spendenden Zeltdach zu liegen, auf den See zu blicken und sein Bein auszuku rieren. Bei genauerem Nachdenken erschien es durch aus nicht unmöglich, besonders, wenn im selben Laza rett sein guter Freund liegen würde, sein Kriegskame rad, mit dem er gemeinsam viele Prüfungen bestanden hatte.
Sorjonen besorgte im Supermarkt von Lestijärvi diver se Gewürze und andere Lebensmittel: fünfzig Kilo Salz, fünf Knoblauchzöpfe, etwa ein Kilo schwarzen Pfeffer, kleinere Mengen weißen Pfeffer, Paprika, Thymian, Rosmarin, Oregano, Nelken, Basilikum, Ingwer, Soja, außerdem zehn Flaschen Speiseöl. Natürlich kaufte er auch Knäckebrot und Butter. In der Eisenwarenabtei lung erwarb er einen Waschkessel. Er dachte auch an Getränke: einen ordentlichen Vorrat schweren Rotweins sowie eine angemessene Menge klaren Schnaps.
Er kaufte außerdem zwölf Meter Lakenstoff für das Mückenzelt, einen stabilen Fleischwolf und zwei leichte, zum Camping geeignete Grillgeräte sowie Angeln und Angelhaken. An Irmeli schickte er ein Telegramm: »Zwei Rinder getötet, acht noch übrig, alles in Ordnung. Wie geht es dem Bein? Dein lieber Seppo.«
Nachdem er seine Einkäufe ins Auto geladen hatte, rief er in Kälviä an und fragte, ob Anna mit Traktor und Anhänger kommen könnte, um ihren Mann aus dem Gesundheitszentrum von Lestijärvi an den künstlichen See des Venetjoki zu verlegen. Für den Transport sei ein Traktor nötig, weil Heikki mit Bett und allem Drum und Dran dorthin geschafft werden müsste. Es wäre gut, wenn Anna vorn am Traktor auch noch den Schaufella der befestigen könnte, denn damit ließe sich das Bett vom Anhänger direkt ins Boot heben.
Am Nachmittag ratterte Anna mit dem alten Deutz auf den Hof des Gesundheitszentrums. Eifrig half das Stati onspersonal, Heikki Mäkitalo aus dem Krankenzimmer auf den Anhänger des Traktors zu laden. Da schien das Krankenbett aus glänzendem Chromgestell nicht schwer zu sein, selbst wenn der fluchende Heikki Mäkitalo darin lag. Sorjonen bekam eine Kopie von Mäkitalos Krankenbericht sowie eine Epikrise, eine Zusammenfas sung des Krankheitsverlaufs, ausgehändigt. Der Arzt bedankte sich ordentlich mit Handschlag bei ihm.
»Als Kollege und Vertreter der Schulmedizin weiß ich Ihr aufopferungsvolles Bemühen durchaus zu schätzen. Es gibt viele Patienten, für die volkstümliche Heilmetho den am besten geeignet
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