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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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besten Stücke für die erste Mahlzeit zurecht: Er spießte die blutigen Würfel auf lange, geschnitzte Weidenstäbe und grillte sie über dem Feuer. Er bestrich die Würfel mit Öl und drehte sie fachkundig über den Flammen, wobei er aufpasste, dass das Fleisch nicht verkohlte oder durch zu große Hitze austrocknete. Sorjonen stellte die Papp­ teller zurecht, Skutarin garte in der Glut Zwiebeln und Paprika, Rytkönen förderte aus dem Depot unter der Plane eine Flasche Schnaps zutage. Zum Verdünnen wurde ein Krug klaren, kalten Wassers aus der Quelle geholt, die man in der Nähe entdeckt hatte.
    Um Mitternacht war alles fertig, die Mahlzeit konnte beginnen. Das scharf gewürzte saftige Fleisch duftete lecker. Ein Schluck von dem klaren Schnaps stimmte den Magen auf das köstlichste Fleisch der Welt ein. Das Schaschlik auf Balkanart, hergestellt aus finnischem Zuchtbullen, schmeckte unglaublich gut.
    Taavetti Rytkönen stimmte Lobeshymnen auf das köstliche Mahl an und auf diejenigen, die es zubereitet hatten. Er dankte Gott dafür, dass ihm das Glück be­ schieden war, solche Meisterköche zu treffen. Er ver­ sprach, die gesamte Bullenjagd in Österbotten zu finan­ zieren. Falls Gewürze fehlten, so sollten sie auf seine Rechnung im Dorf eingekauft werden. Man brauchte keinesfalls zu knausern! Rytkönen hatte Geld, und er hatte Hunger.
    Hunger hatte auch Seppo Sorjonen, doch am gierigs­ ten schlugen die Männer vom Balkan ihre Zähne in das saftige Fleisch. Tränen stiegen ihnen in die Augen vor lauter Glück, und sie priesen nun ihrerseits ihre finni­ schen Freunde, dieses ruhige Flachland, die Fähre Rymättylä , ja ganz Finnland, dieses herrliche Paradies, das kennen zu lernen ihnen vergönnt war.
    Der Überfluss an Fleisch und Schnaps brachte die Jäger einander näher, Kameradschaft, aufrichtige Freundschaft, eine Menge edler Gefühle erfüllten die Herzen der Männer. Die Gäste vom Balkan brachten immer wieder Toasts aus, und in den dunkelsten Stun-den der Nacht begannen sie im Schein des knisternden Lagerfeuers zu tanzen: Sie schlangen sich gegenseitig die Arme um die Schultern, sprangen und stampften in temperamentvollen Tänzen der Bergvölker rund um das Feuer. Das war so ansteckend, dass auch Vermessungs­ rat Taavetti Rytkönen aufsprang und »Doktor« Seppo Sorjonen zu einer feurigen Polka mit sich riss, nur gut, dass dabei niemand über Bord ging.
    Auf dem See rief sehnsüchtig ein Kranich. Kühler nächtlicher Nebel hing über den feiernden Fährbewoh­ nern. Der Bosnier Jugrazar kam derart in Fahrt, dass er einen Auftritt als Feuerschlucker lieferte: Er nahm einen tüchtigen Schluck Zündflüssigkeit in den Mund, spie sie in einer Fontäne aus und zündete sie gleichzeitig an. Es sah aus wie ein flammender Fuchsschweif in der stillen Einödnacht.
    Diese ekstatischen Szenen wurden von zwölf französi­ schen Frauen beobachtet. Sie hatten nicht schlafen können und sich schwankend vor Hunger ans Seeufer geschleppt, um nachzuschauen, woher der nächtliche Spektakel, die dröhnenden Tanzschritte und die schau-rig-schönen, betäubenden Düfte gebratenen Schaschliks kamen. Und so entdeckten sie die Fähre, darauf zwei Zelte und vier ums Feuer tanzende Barbaren, von denen einer hin und wieder auf die Reling kletterte und ein­ drucksvolle Feuerfontänen in den nebligen Himmel spie. Mit wässrigen Mündern beobachteten sie dieses ausge­ lassene Treiben, ihre Mägen knurrten, ihre ausgetrock­ neten Därme wanden sich und verlangten nach Essen, Verpflegung, Fleisch! Aber noch war der Glaube dieser ausgedörrten Gruppe stark. Lautlos und verbittert zogen sich die zwölf Überlebenskünstlerinnen vom Seeufer zurück, schlichen gequält über den mit Bullenblut bespritzten Pfad in ihr Lager zurück, das vom nächtli­ chen Nebel feucht und kalt, aber von Fleisch frei und sauber von Blut war.
    25
    Wie lange reicht schon ein Bulle für vier ausgewachsene Kerle? Nach ein paar Tagen wurde das zweite Tier erlegt. Taavetti Rytkönen übernahm das wieder in seiner ge­ wohnten, mörderischen Manier. Er war nicht ohne Grund im Krieg Sturmschütze gewesen.
    »Mit dem Schießen ist das so: Erst muss man die gro­ be Richtung haben, dann durchs Visier zielen und ab­ drücken. Mehr ist nicht nötig. Und jedes Mal geht dabei ein feindlicher Panzer in Flammen auf.«
    Rytkönen handhabte das Elchgewehr ein bisschen so wie die Kanone eines Sturmgeschützes und drehte sich dabei selbst wie ein Sturmgeschütz, an

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