Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

herumzureden wie um den berühmten heißen Brei. Und sie würden sich nicht länger an die Grenzen halten, die irgendwelche Regeln ihnen vorschrieben.
    Weil er es nicht mehr zulassen würde.
    Lauf nur davon , dachte er und ein verschmitztes Grinsen lag um seinen Mund. Lauf davon und versuch noch einmal, mir eine Woche lang aus dem Weg zu gehen, Jane. Es wird dir nicht gelingen!
    Ein seltsames Gefühl ergriff Byrne. Er empfand Wärme und Leichtigkeit und fühlte sich … fröhlich. Es war Freude.
    Und er wäre verflucht, wenn er es zuließe, dass ihre Unsicherheit und ihre Furcht diese Freude wieder vertrieben.

17
    In dieser Nacht konnte Jane nicht schlafen.
    Ständig wälzte sie sich von einer Seite auf die andere und befreite sich aus den dünnen Laken, in denen ihre Beine sich verfangen hatten. Natürlich hätte sie dem Wetter die Schuld geben können; die Hitze war unerträglich geworden. Für den Fall, dass es so weiterging, würde sogar der Merrymere anfangen, zu kochen und zu verdampfen. Für das Hitze-Phänomen interessierten sich mittlerweile auch Menschen, die nicht in der Gegend wohnten. Beim Abendessen hatte Mr Hale erzählt, dass er einen Mann von der Wissenschaftlichen Gesellschaft in London getroffen habe, der in den Norden gereist war, um die Hitzewelle vor Ort studieren zu können.
    Das war ja alles schön und gut, nur konnte die Wissenschaft leider nichts ausrichten, was die gegebene Lage ins rechte Lot brachte – nämlich dass Jane nicht schlafen konnte. Der Hitze jedenfalls konnte sie nicht die Schuld zuschieben. Vielleicht eher ihrem Bruder; das hätte auch ihrer Gewohnheit entsprochen. Schließlich hatte er Charles und Nevill zum unpassendsten Zeitpunkt ins Haus gebracht. Und die beiden schienen der gleichen Meinung zu sein, nutzten sie doch jede Gelegenheit, um sich darüber zu beklagen, dass man sie in diese abgelegene Wildnis gelockt hatte.
    »Hier gibt es nichts zu tun!«, jammerte Charles beim Essen.
    »Jase, gibt es denn im ganzen Ort wirklich keine Frau für uns?«, erkundigte sich Nevill, während Charles mit der Gabel in ein Stückchen Lammfleisch stach.
    »In Reston lebt eine Reihe äußerst wohlgebildeter Ladys«, fing Jane an, wurde aber von Charles unterbrochen, der laut loslachte – was ihr einen freizügigen Blick auf das halb gekaute Lamm in seinem Mund bescherte.
    »Lady Jane, wir unterhalten uns gerade nicht über wohlgebildete Ladys. Wir unterhalten uns über …«
    Aber glücklicherweise wurde Charles von Jason unterbrochen, der sich bemerkenswert laut räusperte.
    »Jane«, sagte er mit glühend rotem Gesicht, »äh, wenn du der Köchin bitte ein Lob ausrichten könntest, das Lamm ist, äh … sehr frisch.«
    »Das muss es wohl sein.« Jane warf ihrem Bruder einen vernichtenden Blick zu. »Schließlich ist es erst kürzlich geschlachtet worden.« Was dir auch demnächst widerfahren wird .
    Man musste Jason zugutehalten, dass er ausreichend beschämt aussah.
    »Jase, was meinst du«, fing Nevill wieder an, »wie stehen die Chancen, ein oder zwei berühmten Dichtern über den Weg zu laufen, so lange wir hier sind?«
    »Dichter?« Jason warf seiner Schwester einen Blick zu. Jane zuckte die Schultern. »Ich glaube nicht, dass Wordsworth oder Coleridge sich zurzeit hier aufhalten.«
    »Verdammt! Ich wollte diesen Kerlen mal den Marsch blasen. All diese ermüdenden Stunden, die sie damit verschwenden, ihre Worte für die Nachwelt festzuhalten, und das nur, um die Frauen auf dem Kontinent damit zu beeindrucken – von denen einige doch sowieso kein Wort verstehen, das wir reden!« Nevill bellte förmlich vor Lachen. »Sag mal ehrlich, hast du The Excursion gelesen? Noch nie im Leben habe ich mich so gelangweilt.«
    Und so weiter und so fort. Nevill und Charles wurden nicht müde, das Dorf und die Gegend herabzusetzen, in der sie zu Gast waren. Jasons Gesicht färbte sich weiterhin rot, und Jane sah weiterhin rot. Ihr war bewusst, dass sie diese Reise an den See angetreten hatte, ohne für das Dorf, die Gegend oder das Cottage freundliche Gefühle gehegt zu haben – aber trotzdem waren es ihr Dorf, ihre Gegend und ihr Cottage! Die geringschätzigen Bemerkungen der beiden brachten sie über alle Maßen in Zorn.
    Dankenswerterweise benahmen sich Hale und Thorndike würdevoll und nachsichtig, sodass Jane sich darauf verlassen konnte, sich mit ihnen vernünftig unterhalten zu können. Aber Charles und Nevill … Jason saß genau zwischen den beiden Männergruppen; seine