Der Sommer, der nur uns gehoerte

über ihn lustig gemacht, weil er so geheult hat.«
    Sollte es wirklich Conrad gewesen sein? Ich war mir meiner Erinnerung so sicher.
    Drei herrliche Tage lang hatten wir Rosie bei uns gehabt, bevor diese Leute kamen und ihn abholten. Er hatte weiches sandfarbenes Fell, und wir stritten uns darum, in wessen Bett er nachts schlafen durfte. Wir beschlossen, uns abzuwechseln, und weil ich die Jüngste war, sollte ich als Letzte an die Reihe kommen – aber dazu kam es dann nicht mehr. Nie hatte ich ihn in meinem Bett.
    Gab es vielleicht noch mehr Dinge, an die ich mich nicht richtig erinnerte? Ich spielte gern dieses Spiel mit mir selbst: Weißt du noch? Immer war ich stolz darauf gewesen, wie gut ich mich an sämtliche Einzelheiten erinnerte. Jetzt machte mir der Gedanke Angst, dass meine Erinnerungen trügen könnten – selbst wenn es nur um Details ging.

44
    Als die Jungs weg waren, ging ich in mein Zimmer, um mir die Nägel zu machen und mein Make-up für die Hochzeit auszuprobieren. »Ich finde ja immer noch, du solltest dich professionell schminken lassen«, meinte Taylor von meinem Bett aus. Sie lackierte sich gerade die Nägel in einem matten, bleichen Pink.
    Â»Ich will nicht noch mehr von Mr. Fishers Geld ausgeben. Es ist auch so schon alles ziemlich teuer geworden«, sagte ich. »Außerdem mag ich es nicht, so stark geschminkt zu sein. Dann sehe ich nicht mehr nach mir selbst aus.«
    Â»Aber diese Leute sind Profis, die verstehen ihr Geschäft.«
    Â»Als du mich damals zum Stand von MAC mitgenommen hast, da sah ich hinterher wie eine Drag Queen aus.«
    Â»Das ist nun mal deren Stil«, sagte Taylor. »Dann lass mich dir wenigstens falsche Wimpern ankleben. Ich trag auch welche und Anika auch.«
    Ich sah zu Anika hinüber, die mit einer Gurkenmaske auf dem Fußboden lag. »Du hast doch so lange Wimpern«, sagte ich.
    Â»Sie zwingt mich«, sagte Anika zwischen den Zähnen hindurch, damit ihre angetrocknete Maske keine Risse bekam.
    Â»Also, ich will keine«, sagte ich. »Jere kennt mich schließlich mit meinen echten Wimpern, und für ihn sind sie okay. Außerdem jucken mir die Augen von den Dingern. Weißt du noch, Taylor? Du hast mir mal für Halloween welche angeklebt, und sobald du dich einmal umgedreht hattest, hab ich sie mir wieder abgemacht.«
    Â»Fünfzehn Dollar vergeudet«, sagte sie naserümpfend. Dann rutschte sie vom Bett und setzte sich neben mich auf den Boden. Ich probierte gerade die verschiedenen Lippenstifte aus, die sie mir mitgebracht hatte. Im Moment schwankte ich zwischen einem Lipgloss in rosigem Pink und einem apricotfarbenen Lippenstift.
    Â»Welchen findest du besser?«, fragte ich. Ich hatte den Gloss auf der Ober- und den Lippenstift auf der Unterlippe.
    Â»Den Lippenstift«, sagte Taylor. »Der kommt auf den Fotos besser zur Geltung.«
    Erst hatten wir gedacht, Josh sollte die Fotos machen – er hatte am College Fotokurse belegt und war bei allen Verbindungpartys der Hoffotograf. Aber dann hatten Mr. Fisher und Denise Coletti sich eingeschaltet, und so hatten wir einen richtigen Fotografen bestellt, einen, den Denise kannte.
    Â»Vielleicht geh ich doch noch zum Friseur«, überlegte Taylor laut.
    Â»Mach doch«, sagte ich.
    Wir zogen alle unsere Pyjamas an, und Taylor und Anika überreichten mir ihr Hochzeitsgeschenk – einen Babydoll aus weißer Spitze mit passendem Höschen.
    Â»Für die Hochzeitsnacht«, sagte Taylor bedeutungsvoll.
    Â»Schon kapiert«, sagte ich und hielt die Teile hoch. Ich hoffte bloß, dass ich nicht allzu rot wurde. »Danke, ihr beiden.«
    Â»Gibt es vielleicht irgendwas, was du uns fragen möchtest?«, sagte Taylor und hockte sich auf mein Bett.
    Â»Also wirklich, Taylor! Ich lebe ja nicht auf dem Mond! Völlig unbedarft bin ich auch nicht.«
    Â»Ich meine ja nur …« Sie zögerte. »Die ersten Male findest du vermutlich nicht so toll. Also, ich bin ja nun wirklich klein, und bei mir ist auch da unten alles ganz eng, deswegen tat es ziemlich weh. Aber kann ja sein, dass es bei dir nicht so schlimm wird. Sag du doch auch mal was, Anika.«
    Anika verdrehte die Augen. »Bei mir hat’s überhaupt nicht wehgetan, Isy.«
    Â»Dann ist deine Vagina wahrscheinlich schon ausgeleiert«, sagte Taylor.
    Anika haute ihr mit dem Kissen auf den Kopf, und wir mussten alle kichern und konnten gar nicht