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Der Sommer, der nur uns gehoerte

Titel: Der Sommer, der nur uns gehoerte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Han
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als wir vom College zurückkamen und es so gegossen hat, dass wir im Motel übernachten mussten. Erinnerst du dich?«
    Ich erinnerte mich. Natürlich.
    Â»In der Nacht damals habe ich überhaupt nicht geschlafen. Ich habe wach gelegen und überlegt, was ich tun sollte. Was wäre richtig? Ich wusste ja, dass ich dich liebte. Aber ich wusste auch, dass ich es nicht sollte. Damals hatte ich nicht das Recht, jemanden zu lieben. Ich war so voller Wut, nachdem meine Mom gestorben war. So viel Zorn steckte in mir. Ich dachte, ich müsste jeden Moment explodieren.«
    Er holte tief Luft. »Ich konnte dich nicht so lieben, wie du es verdienst. Aber ich wusste, wer es konnte. Jere. Er liebte dich. Wenn ich dich bei mir behielte, würde ich dich irgendwann verletzen, das war mir klar. Aber das durfte nicht sein. Also habe ich dich gehen lassen.«
    Inzwischen hatte ich aufgehört zu zählen. Ich konzentrierte mich nur noch auf meine Atmung. Ein, aus.
    Â»Aber dieser Sommer … O Gott, dieser Sommer! Dir wieder so nahe zu sein, mit dir zu reden, wie wir immer geredet haben. Deine Art, mich anzusehen – so wie immer.«
    Ich schloss die Augen. Er konnte jetzt sagen, was er wollte, es spielte keine Rolle mehr. Das redete ich mir ein.
    Â»Ich habe dich wiedergesehen, und alle meine Pläne waren nur noch ein Haufen Dreck. Es ist unmöglich … ich liebe Jere mehr als jeden anderen Menschen. Er ist mein Bruder, meine Familie. Ich hasse mich selbst für das, was ich hier tue. Aber wenn ich euch beide zusammen sehe, dann hasse ich auch ihn.« Seine Stimme kippte. »Heirate ihn nicht. Nimm nicht ihn. Nimm mich.«
    Seine Schultern bebten. Er weinte. Als ich ihn so sah, wie er mich anflehte, wie er seine Gefühle so offenlegte und sich so verwundbar machte, da brach es mir fast das Herz. Es gab so vieles, was ich ihm sagen wollte, aber das konnte ich nicht. Wenn ich erst einmal anfing, mit Conrad zu reden, dann gab es kein Halten mehr.
    Ich riss mich brüsk los. »Conrad –  «
    Er hielt mich fest. »Sag mir nur eins: Empfindest du noch irgendetwas für mich?«
    Ich stieß ihn weg. »Nein! Kapierst du das nicht? Nie wirst du für mich sein, was Jere für mich ist. Er ist mein bester Freund. Und er liebt mich, bedingungslos. Er nimmt mir seine Liebe nicht wieder weg, nur weil ihm gerade mal danach ist. Niemand ist je so zu mir gewesen wie er. Niemand. Und du schon gar nicht. Du und ich« – und dann stockte ich. Was ich jetzt sagte, musste absolut sitzen. Ich musste es so sagen, dass er mich für immer gehen lassen würde. »Du und ich – das hatte nie irgendeine Bedeutung.«
    Seine Miene versteinerte sich. Ich sah, wie das Licht in seinen Augen erlosch. Ich konnte ihn nicht mehr ansehen.
    Noch einmal wandte ich mich zum Gehen, und dieses Mal folgte er mir nicht. Ich schaute nicht zurück. Ich hätte es nicht gekonnt. Noch ein einziger Blick in sein Gesicht, und ich hätte vielleicht kein weiteres Mal die Kraft zu gehen.
    Halt durch, sagte ich zu mir selbst, während ich über den Strand lief, halt durch, nur ein kleines bisschen noch. Erst als ich mir ganz sicher war, dass er mich nicht sehen konnte, erst als das Haus wieder in Sichtweite war, erst da erlaubte ich mir selbst meine Tränen. Ich ließ mich in den Sand fallen und weinte, erst um Conrad, dann um mich. Ich weinte um all das, was nie sein würde.
    Man kann im Leben nicht alles haben, das weiß jeder. In meinem Herzen wusste ich, dass ich sie beide liebte, so sehr, wie es überhaupt nur möglich war, zwei Menschen zugleich zu lieben. Zwischen Conrad und mir gab es dieses Band, das immer bestehen würde. Ich konnte es nicht durchtrennen. Das wusste ich jetzt – dass Liebe nichts war, was man einfach ausradieren konnte. Egal, wie sehr man sich anstrengte.
    Ich stand auf, klopfte den Sand ab und ging ins Haus. Ich legte mich neben Jeremiah, ganz dicht. Er war völlig hinüber und schnarchte laut, so wie immer, wenn er zu viel getrunken hatte.
    Â»Ich liebe dich«, sagte ich zu seinem Rücken.

48
    Am späten Vormittag des nächsten Tages gingen Taylor und Anika in die Stadt, um ein paar Last-Minute-Erledigungen zu machen. Ich blieb zu Hause, um das Bad zu putzen, da unsere Eltern nachmittags eintreffen würden. Die Jungs schliefen alle noch, und das war gut so. Ich wusste nicht, was ich Jeremiah sagen würde und was nicht. Die Frage

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