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Der Sommer der Schmetterlinge

Der Sommer der Schmetterlinge

Titel: Der Sommer der Schmetterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adriana Lisboa
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die Messe, mal in der näher gelegenen Igreja da Glória, mal in der Igreja do Outeiro, die sich vornehm über dem Meer erhob.
    In der Nacht hatte Clarice immer noch dieselben Träume. Natürlich. Dieselben Träume über viele Jahrehinweg, die sehr langsam vergingen. Später formulierte sie diesen Gedanken um: Jahre, durch die ich sehr langsam ging – denn die Zeit steht still, aber . Sie wurde älter, feierte Geburtstage, lernte Freunde kennen, ein paar, nicht viele. Und 1966 hatte sie einen Verehrer, dem sie Tänze, Umarmungen und in begrenztem Maße auch Küsse zugestand. Er hieß Almir, und außer Großtante Berenice erfuhr niemand in der Familie etwas von seiner Existenz.
    Im ersten Jahr war sie zwei Mal auf der Fazenda und stellte ohne Überraschung fest, dass dort nicht mehr über Lina gesprochen wurde. Bei ihren Besuchen war das Haus immer voll, und regelmäßig kam Ilton Xavier vorbei, der Sohn der Gutsnachbarn.
    Als sie sich im Juli wiedersahen, fragte er: Und, erinnerst du dich?
    Sie erinnerte sich. An den Kuss, bei dem die raue Wand ihr ihre Unebenheiten in den Rücken geprägt hatte. Während Clarice und Ilton Xavier, abseits vom Lärm der Erwachsenen im Salon, auf der Veranda saßen und heiße Schokolade tranken, war der Mond nur als dünner Strich zu erkennen: ein Lächeln, ein leuchtender Ausruf am Himmel.
    Er ergriff ihre Hände und vernahm sogleich die geflüsterte Zurechtweisung: Nicht hier!
    Wo dann? In diesem Augenblick erschien der Onkel aus Jabuticabais, der einmal einen von Otacília als unpassend erachteten Witz erzählt hatte, mit seinem Fernrohr auf der Veranda – gefolgt von einer Horde Kinder, unter denen sich auch Maria Inês befand. Die heutige Nacht istbestens geeignet, um Sterne zu beobachten, sagte er. Ein Stückchen weiter, auf einer kleinen Geländeerhebung, bauten sie das Fernrohr auf, und staunend entdeckte Maria Inês, dass ein einziger mit bloßem Auge sichtbarer Stern sich zu Dutzenden anderen vervielfachen konnte. Und dass der Saturn tatsächlich Ringe hatte.
    Die gemeinsame Zeit von Clarice und Ilton Xavier war seltsam, sporadisch. Unvollständig. Doch es gab die Briefe, und die Briefe weckten den Glauben, dass die größten Lücken geschlossen, die wichtigsten Bande geknüpft wurden, dass allmählich ein Gefühl der Zusammengehörigkeit entstand und konkrete Form annahm. Die Briefe schürten Phantasien und hielten sie am Leben, und sie überdeckten die Hässlichkeit einiger Wahrheiten. Sie waren in Schönschrift verfasst, enthielten kopierte Gedichte (bisweilen ohne Quellenangabe) und andere, unreife, aber ehrliche Verse, die die Schreibenden selbst gedichtet hatten. Sie enthielten auch Parfümtropfen und getrocknete Blütenblätter, manchmal ein Foto und manchmal einen Zeitungsausschnitt.
    Sich per Post zu verlieben ist schön, meinte Großtante Berenice einmal mit leiser Melancholie in der Stimme. Dann wurde sie spöttisch und korrigierte sich: Nun ja, sich zu verlieben ist immer schön. Aber das wisst ihr jungen Leute wohl besser.
    Bei diesem Gespräch waren sie in der Küche und backten einen Pflaumenkuchen für Großtante Berenices Freundinnen, die am Abend zum Bridge kamen. Setzen Sie die Pflaumen mit reichlich Wasser auf den Herd , lasClarice, lassen Sie sie kochen und nehmen Sie sie aus dem Wasser, wenn dieses bis auf einen kleinen Rest verdampft ist . Zwei Katzen saßen abwartend vor der Küchentür und hofften, dass vielleicht jemand beschloss, statt des süßen Kuchens Sardinen oder gar Lachs zuzubereiten.
    Sich per Post verlieben. Als Clarice es begriff, waren sie und Ilton Xavier bereits offiziell zusammen. Per Post. Und wenig später sprachen sie von ihrer Verlobung. Das heißt, fast alle sprachen von ihrer Verlobung, die so naheliegend zu sein schien, der natürliche Lauf der Dinge.
    In der Zwischenzeit, während der mit dem Cousin João Miguel verbrachten Sommer, in den langen Jahren der Abwesenheit ihrer Schwester, die schmerzte und zugleich beruhigte, wuchs Maria Inês heran.
    Und mit ihr wuchsen die Bäume und Sträucher rings ums Haus und wildes Gestrüpp an den Orten, die niemand betrat. Nur das vom Vieh abgeweidete Gras blieb stets kurz wie ein ordentlich gestutzter Haarschopf. Der Mangobaum mit der aus einem Reifen und einem Stück Seil gefertigten Schaukel war ausgewachsen. In den Zweigen hing bereits Louisianamoos. Eine Bromelie hatte sich am Stamm des Ipêbaumes angesiedelt und eine einzige üppige, rote Blüte hervorgebracht. Die Bougainvilleen

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